Bauers DepeschenMontag, 07. November 2016, 1694. DepescheFLANEURSALON IN DER ROSENAU MIT CHRISTINE PRAYON Sonntag, 11. Dezember: Flaneursalon in der Rosenau. Durch den Abend führt die famose Kabarettistin Christine Prayon. Musik machen der Gitarrist Steve Bimamisa und - erstmals - die südafrikanische Sängerin Thabilé sowie der Rapper Toba Borke & und der Beatboxer Pheel. Beginn: 19 Uhr! Der Klick zum LIED DES TAGES Die aktuelle StN-Bundesligakolumne: IN DER SUPPE Das sehr ernst zu nehmende, weil stets humorvolle Magazin „11 Freunde“ zeigt auf seinem November-Cover eine Apostelgestalt in Jesuslatschen: Der Typ steht neben einem berittenen Polizisten vor der Münchner Arena und hält ein Schild hoch: „Das Ende ist nah!“. Es geht um den Untergang des Fußballs (und was danach kommt): Uns droht die Schere zwischen den Europa- und Weltligen auf den TV-Kanälen der Tycoons und den proletarischen Resten der Fußballmenschheit in der Provinz. Dieses apokalyptische Zukunftsgemälde erscheint mir durchaus reizvoll und keineswegs als Szenario des Schreckens: Bekanntlich ist für den Fußballliebhaber der eigene Platz, egal wie glamourös oder gemein, immer der Nabel der Welt. Unsereins war am frühen Samstagnachmittag auf dem Kickersplatz in Degerloch. Es regnete, und nach einer Stunde hüllten dichte Nebelschwaden den Rasen unseres kleines Stadions ein, wie es nicht einmal die besten Bengalo-Shows aus den Fanblocks schaffen würden. Als sich das nur noch schwach gebündelte Licht der Scheinwerfer durch die graue Suppe quälte, sah es aus, als wollte die Sonne für immer aus unserem Leben verschwinden. Dazu muss man wissen, dass unsere komplette Gegengerade wegen eines Dachschadens gesperrt ist und deshalb in der Landschaft herumsteht wie das Gespenstergehege entlaufener Hühner. Der Nebel auf der Waldau war, ohne Witz, so stark, dass er an den „Fußballspruch des Jahres“ erinnerte, für den man neulich Kölns Trainer Stöger bei einer Gala in Nürnberg ausgezeichnet hat: „Ich habe dem Linienrichter meine Brille angeboten, aber auch das hat er nicht gesehen.“ Das Kickers-Spiel gegen Hoffenheim Zwo war nicht so schlecht, als dass man der Verschleierungstaktik der Natur dankbar gewesen wäre. Im Gegenteil. Wir erlebten zwar keinen Treffer (den wir wetterbedingt womöglich sowieso nicht gesehen hätten), doch sahen wir manche herzerwärmende Kombination der Blauen und gute, wenn auch vergebene Chancen. Jämmerliche Strafraumnummern aber führten am selben Tag auch die Stars des Weltkonzerns FC Bayern vor, was weniger am Wetter als am Platzwart gelegen haben dürfte: „Mir klebt die Scheiße am Schuh“, beschwerte sich der Stürmer Müller. Würde diesen Satz ein Spieler des Bayern-Gegners Hoffenheim sagen, müsste sich keiner wundern, der schon mal durchs erdige Hoffenheim gestiefelt ist. Ja, wir lieben Vorurteile. Bei Nebel denkst du sofort an Hamburg. Das ist nicht fair. Für mich gehört diese Stadt zu den schönsten Deutschlands. Verstehe wer will, warum die Nordlichter im Fußball nichts hinkriegen. HSV am Schwanz der ersten, St. Pauli im Keller der zweiten Liga. Hamburg war mal die Patenstadt der Paternoster. Diese Aufzüge symbolisierten ungebremsten Waren- und Geldstrom. Und nun stehen beide HH-Clubs im Fahrstuhl zum Bankrott. Dagegen scheint sich der VfL Wolfsburg zu erholen: Die Automobil-Söldner liefen ja wochenlang auf den Plätzen herum, als seien sie von den manipulierten VW-Abgasen ihres Arbeitgebers völlig benebelt. Etwas ärgerlich, dass sich diese Gifte des Grauens aus Wolfsburg ausgerechnet in Freiburg in so scharfen Stoff verwandelten, dass sogar Gomez wieder ins Tor traf. Der geplagte Fußballfreund lüftet ja leider so gut wie nie die Geheimnisse des Spiels. „Seltsam, im Nebel zuwandern!“, hat Hermann Hesse einst im November gedichtet. „Einsam ist jeder Busch und Stein, / Kein Baum sieht den anderen, / Jeder ist allein.“ In diese Stimmung verfällst du beim Nullnull in den Schwaden der Waldau. Du versinkst in der Suppe, das Ende scheint nah, doch dann siehst du ein blaues Licht am nicht vorhandenen Horizont und weißt genau: Wo wir sind, ist der Nebel der Welt. Und wer das glaubt, wird selig. |
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