Bauers Depeschen


Donnerstag, 17. November 2016, 1700. Depesche



 



ES GIBT NOCH KARTEN

FÜR DIE ROSENAU

Liebe Gäste, "Die Nacht der Lieder" am 7./8. Dezember und die beiden Flaneursalon-Shows an Silvester im Theaterhaus sind - fast - ausverkauft. Karten gibt es noch für Sonntag, 11. Dezember: Da ist Joe Bauers Flaneursalon in der Rosenau. Die Stuttgarter Lieder- und Geschichtenshow. Durch den Abend führt die famose Kabarettistin Christine Prayon. Musik machen der Gitarrist Steve Bimamisa und - erstmals - die südafrikanische Sängerin Thabilé sowie der Rapper Toba Borke & und der Beatboxer Pheel. Beginn: 19 Uhr! Karten im Vorverkauf gibt es hier: RESERVIX - oder Telefon: 01806/700733



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LIED DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne:



KNIESCHUSS

Die vergangenen Novembertage mit ihrem schmutzigen Regen waren nicht die Tage des Spaziergängers. Vielleicht hätte die Stadt nachts besser für mich ausgesehen, aber da hing mir der Mond entschieden zu tief. Ein guter Basketballspieler hätte ihm eine Backpfeife verpassen können, auch wenn la luna nichts dafür kann, wenn die Leute gleich vom „Supermond“ sprechen, nur weil er mal richtig voll ist.

Schlaflos im Westen hab ich das Fenster geöffnet und in die Nacht hinausgesungen: „Supermond, du gehst so knülle ...“

Sofort war es stockdunkel.

Meine Lichter gehen immer aus, sobald ich blöde Kalauer höre, Wortspiele, die irgendwelche Buchstabensuppenkasper für Humor halten. Es gibt allerdings auch intelligente Kalauer. Dafür braucht es in der Regel einen Dichter wie Robert Gernhardt, der mal auf das Wort „Minister“ reimte: „Aus welchem Mund dringt dies Geplärr / ,Min is ter Rachen’, spricht der Herr.“

Dass bei uns ein seltsames Verhältnis zum Humor herrscht, zeigt ja nicht nur der Erfolg des superdeutschen Witzestrullers und RTL-Schnüfflers Mario Barth, sondern auch der alltägliche Umgang mit der Komik. Nehmen wir den Clown. Am 8. Dezember beginnt auf dem Cannstatter Wasen wieder der Weltweihnachtscircus, und auch diesmal ist auf dem Plakat ein ganz Großer dieses ehrbaren Berufsstands zu sehen: David Larible, der 1957 geborene Zirkusstar aus einer traditionsreichen italienischen Artistenfamilie. Das Management kündigt ihn als „besten Clown der Welt“ an. Superlative gehören zur Manege wie der Mond zu Alabama. Auch als neulich der russische Artist Oleg Popow – schon in den Fünfzigern wurde er in Stuttgart gefeiert – mit 86 Jahren starb, betrauerten viele Nachrufe den „besten Clown der Welt“.

Als weltberühmtester Clown wiederum gilt zurzeit ein Amerikaner namens Donald Trump: „Vom Clown zum Präsidenten“, schrieb neulich „Le Figaro“. Und da inzwischen selbst Witzbolde aus dem Schuhcreme-Genre wie der Ditzinger Privatjetsetter Günther Oettinger als „Clown“ tituliert werden, ist es Zeit für eine Ehrenrettung: Es darf nicht sein, dass jeder ausrastende Politiker mit denkwürdiger Frisur dieser schützenswerten Gattung der Zirkuskunst zugerechnet wird.

Selbst als sogenannte Horror-Clowns zollt man den Trumps und Oettingers noch viel zu viel Respekt: In Wirklichkeit handelt es sich ja auch bei den gegenwärtigen Gruselfiguren der Straße nicht um Clowns, sondern um Idioten mit Killerclownsmasken – Accessoires, die Trump oder Oettinger gar nicht brauchen, um Angst und Schrecken zu verbreiten.

Tragisch ist für den wahren Clown, dass er ständig mit billigen Spaßmachern gleichgesetzt wird. Manfred Manns Sechziger-Jahre-Hit „Ha! Ha! Said The Clown“ beispielsweise handelt wohl kaum von einem echten Clown: Im Song stolpert ein Typ in irgendeine Comedy-Show und baggert eine Frau an. Vermutlich geht es um den Auftritt eines Alleinunterhalters, eines Witzereißers. Mit einer Stolperzeile wie „Ha! Ha! Said The Comedian“ allerdings, das weiß nicht nur der Musiker und Songschreiber Manfred Mann, findet kein Mensch ein Publikum. Außer Mario Barth.

In Stuttgart waren einst große Clowns zu Gast; der Spanier Charlie Rivel ("Akrobat schööön") etwa und der Schweizer Grock – beide übrigens Lieblinge Hitlers. Nach dem Machtantritt der Nazis traten sie weiter bei den Deutschen auf. In Grocks Villa im italienischen Oneglia hingen 1936 Fotos mit Widmungen von Goebbels und Hitler. Sein berühmter Ausruf „Waruuuuum?“, gefolgt von „Nit möööööglich!“, bekam eine bittere Pointe, nachdem er gesagt hatte: „Hitler ist zwar ein Schreihals, aber einen Krieg wird er nicht anfangen.“ Erst kurz vor Kriegsbeginn zieht sich der steinreiche „König der Clowns“ in seine Villa zurück und nimmt die Fotos von der Wand. Später wirkt er in den „Kraft durch Freude“-Programmen der Nazis mit, ehe er im August 1944 in die Schweiz flüchtet und noch im selben Herbst wieder auf die Bühne geht.

Mehr als 70 Jahre später erfreut uns der Clown David Larible auf dem Plakat des Weltweihnachtscircus als durch und durch menschelnder Zeitgenosse: Mit fein kariertem Jackett und ebensolcher Schiebermütze, aufgestützten Ellbogen, den Kopf mit wachen Augen auf die Fäuste gebettet, wirkt er in diesen Zeiten wie ein Seelentröster. Nur die rote Nasenspitze verrät seinen Beruf.

Schmerzende schwäbische Nasallaute sind hingegen das Markenzeichen des Spaßbeutels Oettinger, der sich laut „Spiegel“ mit seinen „Schlitzaugen“- und „Schuhcreme“-Witzen über die Chinesen einen „Knieschuss“ gesetzt hat. Ohne zu wissen, wie Oettingers Knie mit dem Hirn verbunden ist, muss ich mit Blick auf die Disziplinen großer Unterhaltungskunst auch in diesem Fall aufs Schärfste protestieren. Rein wissenschaftlich handelt es sich beim „Knieschuss“ nicht etwa um eine aus Dummheit oder Fahrlässigkeit abgefeuerte Kugel ins eigene Bein – er taugt auch nicht als Metapher für geistige Selbstverstümmlung.

„Der Knieschuss“, hat uns der Dichter Karl May gelehrt, „ist der schwierigste Schuss, den es gibt.“ Bei diesem zirkusreifen Exekutionstrick geht es darum, einen feindlichen Späher im Gebüsch zwischen die Augen zu treffen – ohne dass das Opfer zuvor bemerkt hat, dass überhaupt auf jemanden gezielt wurde. „Dies geschieht beim Knieschuss“, schreibt Karl May in „Winnetou I“. „Ich krümme nämlich das rechte Bein derart, dass sich das Knie erhebt und mein Oberschenkel eine Linie bildet, deren Verlängerung die beiden Augen, welche ich sehe, treffen würde. Dann greife ich, scheinbar gedankenlos, wie spielend, nichts beabsichtigend, zum Gewehr, nehme den Lauf an meinen Oberschenkel, so dass er genau in die Verlängerung desselben zu liegen kommt, und drücke ab.“

Zum Schluss ein Tipp von mir, dem Mann aus dem Westen: Am sichersten funktioniert der Knieschuss bei Supermond.



 

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