Bauers DepeschenMittwoch, 02. April 2008, 132. DepescheEs ist 20.15 Uhr, das interessiert Sie einen Scheißdreck, mich aber schon. Ich bin zu Hause, sitze auf dem Sofa, und vor einem Jahr hätte ich den Fernseher eingeschaltet. Auf Premiere MGM läuft gerade „Vier Vögel am Galgen“ mit Lee Marvin, normalerweise hätte ich mir das nicht entgehen lassen.Seit einem Jahr aber bin ich ziemlich weg vom Fernseher, ich glotze kaum noch, so wie ich nicht mehr trinke und nicht mehr rauche. Stattdessen sitze ich mit meinem Mini-Computer Eee PC auf dem Sofa und tippe eine Depesche. Entscheidend für diese Entscheidung war, dass ich vor dieser Entscheidung zum ersten Mal nach elf Wochen die kleine Plastikschiene an meinem linken Zeigefinger ablegen durfte. Die Sehne war gerissen, Berufsfußalltorwartschicksal, jetzt ist der Finger wieder halbwegs gerade. Im Übrigen wollte ich wissen, ob man auf dem Sofa mit einem kellnertaschengroßen Computerspielzeug etwas schreiben kann: With a gun in my holfter and a horse between my knees... (kurz googeln, und schon meldet sich Randy Newman). Selbstverständlich geht das Schreiben, ist aber nicht so erregend wie „Vier Vögel am Galgen“ mit Lee Marvin oder der Knieschuss von Old Shurehand. Im Fernsehen kam gerade, dass nach Lidl auch Edeka und Plus Ergebnisse privater Ermittlungen über Mitarbeiter und Kunden besitzen und in der Bundesregierung von der Industrie bezahlte Lobbyisten arbeiten, auch wenn es um die Formulierung von Gesetzen geht. Das können die Deppen doch einfacher haben: Man wählt statt SPD einfach gleich Edeka, erstens klingt das sehr ähnlich, und zweitens hat Edeka Eier. Das war ein Scheißwitz, aber es ist auch die erste Depesche auf meinen Oberschenkeln. Die kleine Kiste brummt jetzt verdächtig, ich weiß nicht, warum. Kleine Computer müssen eben brummen, sonst wären die Kleine-Computer-Hersteller ja pleite. Das war der nächste Scheißwitz, aber es ist immer noch die erste Depesche auf den Oberschenkeln. Das Brummen hört sich nicht gut an, es klingt, als höre es nie wieder auf. Außerdem ist bereits eine halbe Stunde vergangen, seit ich angefangen habe, dieses Minimonster zu bearbeiten, und ich schätze, für den Anfang reicht das. Jedes Instrument muss erst mal warmgespielt werden, sonst brummt es. So, das genügt, mehr gibt es heute nicht, denken Sie immer daran: Sie zahlen kein Geld für diese Zeilen, und würden Sie Geld bezahlen, wären Sie schön blöd. Aber: da Sie ein guter Mensch sind, wollen Sie ehrliches Eintrittsgeld bezahlen, und zwar am Dienstag, 8. April, im Stuttgarter Club Erdgeschoss, Theodor-Heuss-Straße 4. Der Flaneursalon gastiert mit Eric Gauthier & Jens Peter Abele, Michael Gaedt, Dacia Bridges & Alex Scholpp. Das sind eine Menge Vögel am Galgen dieses kleinen Ladens, gute Nacht. „Kontakt“ |
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