Bauers DepeschenMontag, 07. Januar 2008, 101. DepescheAm 29. März 2007, gerade aus dem Krankenhaus entlassen, habe ich mich zum ersten Mal mit einer Depesche im Netz gemeldet. Damals wäre ich nicht in der Lage gewesen, so wie am vergangenen Sonntagmorgen mit Eddy, dem serbischen Partisan, durch den Wald zu laufen. Zwei Wochen vor dem Krankenhaus hatte Ralf Schübel die Homepage für meine Leseshow „Joe Bauers Flaneursalon“ eingerichtet. Eigentlich hatte ich keine Lust, eine Website zu unterhalten. Dann hat im Flaneursalon, damals im Theater Rampe, der Sänger Eric Gauthier mit seinem Gitarristen Jens Abele gespielt. „Im Netz habe ich nichts über einen Flaneursalon gefunden“, hat Jens gesagt, „meine Freunde auch nicht.“![]() Dieser Satz bedeutete so viel wie: Eine Veranstaltungsreihe, über die man nichts im Internet findet, kann nur Scheiße sein. Okay, dachte ich, es gibt auch Veranstaltungen, die im Internet stehen und trotzdem Scheiße sind. Ich sagte: „Jens, du hast in Berklee/Boston Musik studiert, du kennst dich aus.“ ![]() Dann habe ich Ralf Schübel angerufen. Der hat nicht Musik studiert, sondern Klavierstimmer gelernt und als Keyboarder vor hundert Jahren den Sound von Peter Schillings Welthit „Major Tom (Völlig losgelöst)“ geprägt. Er betreibt in Stuttgart die Medienfirma Ad 1, wir kennen uns seit 1980. Also hat mir Ralf eine Internetseite gebastelt. Die findet man unter www.flaneursalon.de. Zur Not auch unter www.joebauer.de. ![]() Falls Sie mich jetzt für blöd halten: Noch bin ich nicht vollends weggetreten, den Grund für die heutige obskure Depesche erfahren Sie später. ![]() Geben Sie nicht einfach Joe Bauer bei Google ein, wenn Sie auf die Original-Flaneursalon-Seite wollen, sonst erwischen Sie den Schlagzeuger der ehemaligen amerikanischen Folkrockband Youngbloods. Der ist dreizehn Jahre älter als ich. Der Stuttgarter Plattenhändler Ratzer, Paulinenstraße, hat mir erst vergangenen Samstag eine Youngblood-LP aus Vinyl entgegengestreckt. Auf dem Cover steht: „Joe Bauer – drums“. Das ist nicht lustig. Ich habe diese Platte nicht gekauft. Hab’s nämlich auch mal mit Trommeln versucht. Da war ich sechzehn. Mein Lehrer hätte Selbstmord mit seinen Hängetoms begangen, wenn ich nicht aufgehört hätte. ![]() Als dann die Website oder Webseite (wie’s beim „Spiegel“ heißt) halbwegs fertig war, übrigens mit Fotos, die zufälligerweise gerade Sylvie Brucklacher für ein Porträt-Buch mit lauter Stuttgarter Köpfen vor rotem Hintergrund gemacht hatte, stand eine Seite mehr gelangweilt im Netz herum. Ein paar Flaneursalon-Termine sind nicht abendfüllend, dachte ich, da muss noch eine Extrawurst drauf (nächster Flaneursalon-Termin: 19. Februar mit Los Gigantes und Michael Gaedt in der Rosenau). ![]() Ralf richtete mir eine Seite für Fingerübungen und Notizen ein, und ich nannte sie „Bauers Depeschen“. Damals wusste ich nicht genau, was ein Blog ist, ich weiß auch heute noch nicht, ob es „der Blog“ oder „das Blog“ heißt. In meinem Fall spielt das keine Rolle. Meine Blogs heißen seit jeher Depeschen. Depesche ist ein ehrbares Wort, es gilt als veraltet und bedeutet eigentlich nichts anderes als Telegramm. Depesche bedeutet auch kurzer Text, ich habe mich nicht immer daran gehalten. Eine Depesche, sage ich, darf auf keinen Fall mehr als eine Stunde Schreibzeit in Anspruch nehmen. Man darf sie nicht mit den Kolumnen in den Stuttgarter Nachrichten verwechseln, es sei denn, ich habe nachträglich eine längst vergessene reingeschmuggelt. ![]() Warum erzähle ich Ihnen das, womöglich schon zum zweiten Mal? Weil von heute an Depeschen aus dem Flaneursalon oder Auszüge daraus auch offiziell in den Blogs der Stuttgarter Nachrichten auftauchen: blog.stuttgarter-nachrichten.de. Verlinken kann ich diese Adresse nicht, das muss Ralf, der Chef, machen. Ich kann nur reintippen. ![]() Auf meiner Flaneursalon-Originalseite sind bereits 100 Depeschen erschienen, dies hier ist die einhunderterste. Die Original-Depeschen, an denen sich in Zukunft nichts, aber überhaupt nichts ändern wird, bestehen entweder aus Tagesnotizen oder aus fertigen kleinen Geschichten. Manchmal nehme ich ältere Texte, die schon mal erschienen sind oder für den Flaneursalon geschrieben wurden, oder weil sie mir gefallen und zeitlos sind. ![]() Das ist jetzt eine verdammt lange Depesche geworden. Ich schließe deshalb mit einem Witz, den ich so ähnlich auf einem Bild des US-Künstlers Richard Prince gelesen habe: „Ich sagte zu meiner Schwiegermutter: ,Betrachte meine Homepage als deine Homepage.‘ Am nächsten Tag hat sie meine Homepage verkauft.“ ![]() Mit dem Stuttgarter „Shopping-Festival“ befasst sich morgen meine reguläre StN-Kolumne „Joe Bauer in der Stadt“. ![]() Ich hoffe, jetzt ist alles klar und wahr. ![]() |
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