Bauers DepeschenMontag, 03. August 2009, 361. DepescheBETR.: FLANEURSALON, PELZ Heute ist der 3. August, ich muss trotzdem schon jetzt die Reklame für den Flaneursalon am 22. Oktober im Theaterhaus starten. Veranstaltungen stehen heutzutage früh im Netz, manche Oktober-Termine sind schon ausverkauft, und ich habe auch schon vier (4) Karten veräußert. Es ist ermutigend, wenn nur 396 weitere Tickets im Jackpot liegen. An die Depeschen-Leser zwecks Kartenkauf zu appellieren gilt als uncool. Fast alle Depeschen-Leser besuchen meine Seite anonym, oder sie heißen Mirjam mit jott. Die nicht Anonymen wohnen in Hessen oder Bayern. Aber die werden diesmal kommen, das weiß ich. Der Oktober-Flaneursalon dient auch der Präsentation meines neuen Kolumnen- und Geschichten-Bands "Schwaben, Schwafler, Ehrenmänner - Spazieren und vor die Hunde gehen in Stuttgart". Herr Klaus Bittermann bringt ihn in seiner Edition Tiamat, Berlin, heraus. Zur Buch-Premiere wird er anreisen und mit Anzug und Krawatte am Verkaufstisch stehen. Wir haben ein großes Musikanten-Aufgebot im Flaneursalon, das stand aber bereits fest, bevor die Sache mit dem Buch überhaupt geplant war. Die Theaterhaus-Künstler Eric Gauthier (Gauthier Dance) und Roland Baisch ("Männerabend"), beide schon in der Vergangenheit mehrfach im Flaneursalon zu Gast, wollten mal zusammen in meiner Lieder- und Geschichtenshow auftreten. Und dann machen wir das eben mit großer Freude. Herr Baisch bringt die kompletten Countryboys mit. Eric (begleitet von Jens-Peter Abele an der Gitarre) wird singen, nicht tanzen, aber so genau weiß man das nicht. Herr Gaedt wird als Conférencier im feinsten Zwirn die Musikanten durchs Programm jagen, damit es keine Überlänge gibt, und die amerikanische Sängerin Dacia Bridges auf eher ungwohnte Weise in die Show eingreifen. Das könnte eine feine Sache werden. Bevor Sie jetzt Karten bestellen (www.theaterhaus.com - T: 0711 / 4 02 07 20), gönne ich Ihnen unten auf dieser Seite noch eine kleine Geschichte, die garantiert nicht im Buch steht, weil sie aus qualitativten Gründen darin nichts zu suchen hätte. Und wenn ich schon beim brotlosen Gewerbe bin: Für die Show "Hurra, wir kicken noch!", die wir am kommenden Samstag, 8. August, im Theaterhaus gagenfrei den armen Fans der Stuttgarter Kickers widmen, gibt es immer noch 30 Karten. Ein Ticket kostet lausige 9 Euro, dafür treten auf: Die Große Rockschau mit Gaedt & Schulig & Band & Tänzerinnen, Nu Sports, Timo Brunke, Ralf Schübel, der Moderator Stefan Kiss (SWR-Fernsehen) und meine Wenigkeit. Und dann habe ich den zweiten Teil von Steven Soderberghs Guevara-Verfilmung ("Che - Guerilla") gesehen: Er erzählt die Geschichte dermaßen präzise und karg, hart an der Realität und so extrem vereinnahmend, dass es einen fertig macht. Grandiose Kinokunst über die letzten Tage des Revolutionärs mit einem großartigen Benicio del Toro als Che Guevara (die Augen!). Als ich ziemlich angeschlagen aus dem Kino kam, hatte ich die Parade zum Christopher Street Day, die ich zuvor 90 Minuten lang verfolgt hatte, vergessen. Einmal sagt Guevara im Dschungel von Bolivien: "Wir haben hier die Chance, Männer zu werden, im reinsten Sinne." Hier die kleine Geschichte, die man auch erst morgen und an jedem anderen Tag im Sommer nicht lesen muss: NACKT IM PELZ In der Nähe der Rathauspassage, wo ich nichts zu suchen habe, blieb ich am helllichten Tag vor einem Schaufenster stehen. Die Auslage irritierte mich. Das Schaufenster hing voller Pelze. Ich hatte keine Ahnung, was man mitten Im Sommer, bei dieser Schwüle, mit Pelzen anfangen könnte. Vor Jahren war ich mal in einer Bar am East River River in New York gewesen, dort saßen mitten im Hochsommer lauter Pelze. Das leuchtete mir damals ein. Die Damen unter ihren Pelzen waren mit einem Reichtum gesegnet, der nicht - wie etwa im Baugeschäft - von Jahreszeiten abhängig ist. Die Damen konnten beweisen, dass sie auch sommers liquide sind. In die Verlegenheit zu schwitzen kamen sie nicht. Die Klimaanlage der Bar war extra auf die Durchschnittstemperatur von Alaska gestellt. Diese Begegnung mit dem Reichtum fiel mir ein, als ich die Pelze in Rathausnähe sah, den Seidenkaninschal und den Persianer mit Leder. Ich erinnerte mich, dass uns Karl May in seinen Romanen gelehrt hat, wie Pelz- und Lederkleidung in heißen Gegenden den Westmännern als Klimaanlage dient. Fallensteller tragen in der prallen Sonne Pelzmützen. Das sieht saublöd aus, und die Mützen stinken wie tote Pumas. Trotzdem muss der Dress-Code im Lagerfeuergewerbe zu etwas taugen. Pelze dienen nicht nur der Erotik, auch wenn mein Freund M., der Musiker, mir neulich am Telefon zu den Klängen einer Lagerfeuergitarre eines seiner Lieder vorgesungen hat. Es heißt "Nackt im Pelz" und handelt von den guten alten Zeiten im Backstagebereich. Ich weiß noch, dass die Damen in der Bar am East River nicht nackt im Pelz beim Dinner saßen. Sie trugen darunter viele Klunker. Keine Ahnung, wie mein Freund M., der Musiker, der mich in die Bar begleitet hatte, auf seinen Refrain gekommen ist. Das Backstage-Geschäft ist längst vorbei. Vermutlich besucht er heute Bars, von denen ich nichts wissen darf, oder seine Fantastie profitiert von der klebrigen Schwüle des deutschen Sommers. Im Schaufenster des Pelzladens beim Rathaus, vor dem ich nichts zu suchen hatte, stand ein Schild mit der Aufschrift: "Pelze brauchen Platz, Luft und die richtige Temperatur, damit Haar und Leder elastisch bleiben". Platz, Luft und die richtige Temperatur, dachte ich, brauche auch ich, damit ich elastisch bleibe, auch wenn mein Haar und mein Pelz dünn geworden sind. In dem Pelzladen war noch ein Schild: "Wohin mit dem Pelz im Sommer?" Gute Frage. Ich hatte mir nie darüber Gedanken gemacht. Ein Freund,erarbeitet als Bauingenieur, brachte mir mal aus Russland eine Pelzmütze mit. Die war für meinen Kopf zu klein, der Riemen zum Festbinden zu kurz, und die Mütze haarte schon im ersten Sommer, als hätte sie die Motten. Wohin also mit dem Pelz im Sommer? Na ja, dachte ich, bürste ihn gut aus, ziehe ihn an und gehe zu den alten Damen in die Bar am East River. Dort ist es kühl und die Luft gut, weil Rauchwaren erwünscht und Rauchen verboten. Und einen Platz kriegst du dort auf jeden Fall, wenn du im Pelzbereich elastisch bist. Kolumnen in den Stuttgarter Nachrichten: www.stuttgarter-nachrichten.de/joebauer „Kontakt“ |
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