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Donnerstag, 07. April 2016, 1612. Depesche



DAS BASIS-FEST

Freunde der Stuttgarter Altstadt und DGB-Leute veranstalten am Samstag, 16. April, das 1. BASIS-Fest. Das Basis ist ein kleines Beratungszentrum des DGB in den ehemaligen Räumen des legendären Café Schmälzle im Leonhardsviertel, Hauptstätter Straße 41. Das Fest ist als Tag der Begegnung und als kleine Hommage an die Altstadt gedacht. Es gibt gutes Essen, Getränke - und ein Programm. Michael Dikizeyeko & Steve Bimamisa spielen afrikanische Songs. Mitglieder des Vesperkirchen-Chors rahmenlos & frei singen ihre schönsten Lieder. DGB-Mitarbeiter stellen das Basis vor, unsereins liest Texte über die Altstadt vor. Der Fotograf Jim Zimmermann stellt Bilder aus. Alle sind herzlich willkommen. Das Basis-Fest beginnt um 16 Uhr. Eintritt frei. 



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LIED DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne:



IN OPAS SCHOSS

Der Dichter und Kabarettist Fritz Eckenga lernte Stuttgart vor Jahren aus der Höhenlage kennen. Die erste Adresse in der Stadt für gestandene Satiriker ist nicht selten Vincent Klinks Restaurant Wielandshöhe, wo mit gewissem Witz gekocht und mit entsprechender Fallhöhe das Hirn gebraucht wird. Anfangs wähnte sich Herr Eckenga in einer superreichen Stadt, in der die Leute in der Mercedes-Liga leben. Dann spazierte er auf der Suche nach der Weinstube Fröhlich durchs Leonhardsviertel, sah die braven Huren auf der Straße und fand Stuttgart „eigentlich ganz niedlich“.

Der Künstler ist die Niedlichkeiten des Alltags gewohnt: 1955 in Bochum geboren, in Dortmund zu Hause und im Ruhrgebiet weltberühmt. Dekoriert mit vielen Auszeichnungen, unter anderem mit dem Literaturpreis Ruhr (2011). Zurzeit ist er mit seiner Soloshow „Frisch von der Halde“ auf Tour, an diesem Samstag (20 Uhr) gastiert er in der Rosenau, Rotebühlstraße.

Bis dahin hat er womöglich den schlimmsten Schmerz überwunden, der ihm in seiner Karriere als Humor-Reisender mit Hang zu pointierter Lyrik zugefügt wurde: Ausgerechnet am Abend, wenn die Dortmunder Borussia gegen den FC Liverpool ihres Ex-Trainer Jürgen Klopp im Europapokal antritt, steht Fritz Eckenga auf der Bühne, irgendwo in Baden, Freiburg. Wie jeder Dortmunder ist er unheilbarer BVB-Fan. Fußball im Ruhrgebiet, sagt er, sei „nicht so langweilig wie ein Hobby“. Fußball in seiner Heimat gehört zu den Stoffen, die er „Lebensmittel“ nennt. Unverzichtbar, wenn du bei lebendigem Leib am Leben bleiben willst, auch auf der Bühne, die er einst mit dem Pott-Ensemble N8schicht eroberte.

„Frisch von der Halde“ spielt nicht nur auf den alten Kohlenpott an. Es geht um Eckengas Privathalde, wo die Bestände eines Künstlerlebens lagern. Es sei schwierig, sagt er, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie in diesen Tagen ein Unterhaltungsprogramm auszusehen habe. „Du kannst die Leute eigentlich nicht auch noch von der Bühne aus pausenlos mit den Dingen belästigen, die sie sich jeden Tagen ohnehin stundenlang anhören müssen. Aber du kannst sie auch nicht weglassen.“ Über das Thema Flüchtlinge müsse man reden – bloß wie, ohne zu sagen, was nicht längst gesagt ist über Pegida, Rassisten, Nazis.

Fritz, den ich schon ein paar Tage kenne, benutzt gern das Wort „Heimat“, einen Mythos, den er ironisch „im Schoß meines Opas“, einem Bergmann, verortet. In seinem Gedicht „Außer Haus“ heißt es: „Gern fahr ich aus freien Stücken / fort von mir, und zwar geschwind. / Manchmal pfeift in meinem Rücken / leise etwas Heimatwind.“ Er erzählt von einem seiner Lieblingsbücher: „Deutschland, Deutschland über alles“ mit den Texten von Kurt Tucholsky und den Bildmontagen von John Heartfield. 1929, vier Jahr vor Hitlers Ermächtigung erschienen, ist es heute so aktuell wie eh und je. Der Satiriker Tucholsky beschreibt in sehr ernsthaftem Ton, warum er sein Land liebt und warum es die Künstler, die die Sprache dieses Landes und dessen Kultur am besten kennen, nicht den „nationalen Eseln“ überlassen dürfen. Tucholsky kritisiert den deutschen Militarismus, gegen die soziale Ungerechtigkeit und die Klassenjustiz. Dieser Text spielt eine Rolle in Eckengas Programm, einer Werkschau seines Schaffens, für die er als Stilmittel auch die freie Rede wählt. Reden kann er: Für seine Radio-Arbeit beim NDR wurde er mit dem angesehen „Salzburger Stier“ ausgezeichnet.

Die Arbeit der Satiriker hat selten so viel Aufmerksamkeit gefunden wie in diesen Tagen, da sich der türkische Staatschef Erdogan und die deutsche Kanzlerin berufen fühlen, das Fach Humor zu bewerten, ohne auch nur die einfachsten Regeln zu begreifen. Anlass waren ein Video mit dem lustigen Erdogan-Song „Erdowie“ in der NDR-Sendung „extra drei“ und ein Beitrag des Entertainers Jan Böhmermann im „Neo Magazin Royale“, der den Unterschied zwischen einer hierzulande – juristisch – erlaubten Satire und einer – juristisch – verbotenen „Schmähkritik“ aufzeigte. Kurz darauf saß, frei nach Tucholsky, halb Deutschland wieder mal auf dem Sofa und nahm übel. Unlängst, sagt Fritz, habe er erstmals das Bedürfnis gespürt, die Kanzlerin in Schutz zu nehmen, gegen die Flüchtlingshetzer. Inzwischen hielte er es für besser, Merkel würde Erdogan nicht auch im läppischen Satire-Streit „so demütig begegnen“. Eine treffendere Formulierung aus dem Munde Herrn Eckengas für die Unterwürfigkeit blende ich an dieser Stelle mit Rücksicht auf die Proktologen aus.

Erstaunlich, wie viel Satire, gute und schlechte, Abend für Abend dem Publikum in der Stadt präsentiert wird. Nicht nur in der Rotebühlstraße, wo die Firma Bleyle einst die Matrosenanzüge fertigte, die der Dichter und Kabarettist Joachim Ringelnatz bei seinen Stuttgarter Auftritten in den Zwanzigern auf der Bühne trug – ehe die Nazis seine Bücher verbrannten. Humor-Shows gibt es fast täglich auch anderswo, im Renitenztheater oder im Theaterhaus. Abend für Abend gehen Komiker an die Arbeit, ohne dass es ihrer Zunft den vergangenen hundert Jahren gelungen wäre, Politik, Justiz und den Gestrigen klarzumachen, was Humor in Wahrheit bedeutet. Fritz Eckenga sagt, man müsse eigentlich nur das tun, was Rechte und Rassisten in ihrer Propaganda behaupten, nämlich „die westlichen Werte verteidigen“. Zu den westlichen Werten gehört die Freiheit der Satire.



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