Bauers DepeschenSamstag, 20. Oktober 2012, 997. Depesche------------------------------------------------------------------------------------------------------------ NACHTRAG: Kuhn ist Schultes. KOMMENTARE kann man nicht nur bei Facebook schreiben, sondern auch im LESERSALON HEIMPLEITE: Stuttgarter Kickers - Wacker Burghausen 1:2 Vorverkauf läuft ... nur noch vier Wochen FLANEURSALON & BUCHPREMIERE IM THEATERHAUS MIT VINCENT KLINK & CO Am Sonntag, 18. November, stelle ich im THEATERHAUS mit einem Flaneursalon mein neues Buch vor (siehe Cover rechts). Bühnengäste: Vincent Klink & Patrick Bebelaar, Los Santos (mit Stefan Hiss), Dacia Bridges, Toba Borke & Pheel, Roland Baisch. 19.30 Uhr. Kartentelefon: 07 11 / 4020 720. Stuttgartnacht: HEUTE KLEINER SALON MIT ZAM HELGA UND WIGLAF DROSTE BEI RATZER Heute, Samstag, ist die "Stuttgartnacht" - die Bus-Ralley für Event-Süchtige. Eine der Stationen ist das ehrenwerte Plattencafé Ratzer Records im Leonhardsviertel (neben dem unersetzlichen Brunnenwirt). Und weil das ein schöner Ort ist, bieten wir dort einen kleinen Flaneursalon. Überraschend ist der Berliner Satiriker Wiglaf Droste in Stuttgart gelandet - und macht mit dem Musiker Zam Helga und mir gemeinsame Sache. Lesung & Songs ab 20.30 Uhr. NACHTRAG: Der kleine Flaneurslon bei Ratzer war eine schöne Sache. Auch Zams Tochter, die talentierte Sängerin Ella stieg mit ein ... sicher nicht zum letzten Mal. SOUNDTRACK DES TAGES Die aktuelle StN-Kolumne: PFERDEBALSAM Extreme Höhen und Tiefen des Lebens gilt es zu durchschreiten, bevor ein Mann die Wahrheit findet. Die Treppen der Straßenbahnhaltestelle Pragsattel hinauf ans Licht. Gute Sicht auf monströse Straßenkreuzungen und malerische Weinberge. Neugierig vorbei am Prager Treff, dem Imbiss mit den großen Fenstern, mit drei Spielautomaten und treuen Gästen. Zu jeder Uhrzeit, scheint mir, sind Leute da, und ich würde sie gern fragen: Männer und Frauen, was gibt es noch Großes zu tun im Leben, außer zu rauchen vor dem Prager Treff Schussfahrt hinunter zum Bahnhof, fliegender Wechsel in die S-Bahn, hinauf nach Vaihingen, Ausstieg Universität. Bei sonnigem Oktoberwetter über das Gelände, vorbei an spärlich gekleideten jungen Menschen, mir die Frage verkneifend: Männer und Frauen, was wird aus euch werden, habt ihr einen Deal mit der Zukunft? Schon kommende Woche, lese ich auf Plakaten, steigt die „Campus Fusion“, die angeblich größte Studenten-Party der Stadt, mit fünftausend Teilnehmern auf der Theodor-Heuss-Straße, der Meile der Kreisstadt-Touristen. Tanz der neuen Techno-Kraten. Zurück im Kessel, im begrenzten Stück Stadt, wenig Platz für fliegende Gedanken. An der Unterführung zwischen Schwabenzentrum und Altstadt wirbt die Bar Meyer’s auf einem Stück Papier mit Getränken „für Schüler und Studenten ab 18“, jeder Cocktail „nur 4,90 Euro“. Bis 2005 war an diesem Ort die Kneipe Litfaß, die Tag- und Nachtstation des großen Türken Ali Taner, eine der letzten urbanen Treffs, Sammelbecken für Stadtläufer aller Generationen und Nationen. Wenn ein Student oder sein Professor keine Kohle mehr hatte, gab’s von Ali Raki, Brot und Schafskäse umsonst. Von der S-Bahnstation Stadtmitte auf dem Weg zur Altstadt habe ich die Königstraße überquert. Ein Mann an einem Stand verkauft Sitzkissen für strapazierte Hintern und Pferdebalsam gegen Muskelkater. Der Mann kommt mir gerade recht. Was einem Gaul nicht schadet, muss auch gut für den Spaziergänger sein. Ich leiste mir ein Töpfchen Balsam zu fünf Euro mit dem Hinweis auf temporäre Ganzkörperschmerzen, gebe zu, mir den Muskelkater nicht beim Arbeiten geholt zu haben. Der Händler hält mich für ein Sado-Maso-Exemplar, bekannt als der Mann, den sie Pferd nannten. Endlich zu Hause, salbe ich mich mit Balsam ein, vom Nacken bis zu den Waden, und während ich auf Linderung hoffe, kreist meine brandneuen Scheibe „Dirty Laundry“ auf dem Plattenteller. Für den Stadtwanderer gibt es kaum erregendere Momente, als sich nach dem Müßiggang mit Pferdebalsam einzuschmieren, während Countrysongs schwarzer Musikanten unter dem Titel „Schmutzwäsche“ erklingen. Im OB-Wahlkampf ist mehr schmutzige Wäsche in der Stadt produziert worden, als man Pferdebalsam für die Seele schmieren kann. Dieser Tage schaffte es ein Kreisliga-Funktionär der FDP in die überregionale Presse, nachdem er trillernden Protestlerinnen seine Facebook-Poesie gewidmet hatte. Ein harter Junge, der beim verregneten Stuttgart-Auftritt der Kanzlerin „alte gefrustete Weiber mit ungepflegten Haaren“ entdeckte – und es ihnen prompt hocherregt im Internet besorgte. Am Dativ scheiterte er, als er sich auch über „nach alten Schweiß stinkende Männer“ hermachte. Sein Hygiene-Akt wird als Fußschweißnote in die Geschichte des Cybersex eingehen. Der OB-Wahlkampf geht zu Ende, und wie nach jedem politischen Schnitt gilt der Satz des großen Schriftstellers Jörg Fauser: „Als alles vorbei war, ging alles weiter.“ KOMMENTARE SCHREIBEN IM LESERSALON FRIENDLY FIRE: NACHDENKSEITEN FlUEGEL TV RAILOMOTIVE EDITION TIAMAT BERLIN Bittermanns Fußball-Kolumne Blutgrätsche VINCENT KLINK KESSEL.TV GLANZ & ELEND |
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