Bauers DepeschenSamstag, 10. Juli 2010, 537. Depesche(Bitte TERMINE beachten) DES TEUFELS HAUFEN Eine kurze Fußballgeschichte Soundtrack des Tages Die Stadt war gut abgekühlt am Morgen nach dem Spiel. Wenn es kühl ist an einem Sommermorgen und die Läden noch geschlossen sind, ist die Innenstadt erträglich. Da stinkt sie noch nicht nach Imbissfett. Ich war allein unterwegs, aber offenbar nicht der Erste, der in die Stadt geritten war. In der Schlossstraße lag ein Haufen frischer Pferdeäpfel. Beinahe hätte ich den Haufen übersehen. Die Pferde hatten ihren Haufen auf den Gehweg vor der Börse gesetzt. Polizeipferde. Die berittene Polizei ist eine Attraktion. In New York kommen bis heute Touristen zu den Stallungen der Mounted Unit. Die reitenden Cops sind nicht ganz so berühmt wie die Feuerwehrmänner, aber einige berittene Polizistinnen so gern gesehen wie der Naked Cowboy, der textilarme Stadtmusikant von New York. Bei der Stuttgarter Polizei gibt es heute mehr Reiterinnen als Reiter. Frauen können besser mit Gäulen und Ochsen umgehen als Männer. Es war der Morgen nach dem Spiel der Portugiesen. Portugal tat, was es immer tut. Es trauerte. Die Portugiesen haben eine landeseigene Wehmut erfunden, die Saudade, und sie haben eine eigene Trauermusik, den Fado. Die meisten Länder haben eine eigene Wehmutsmusik. Die Amerikaner den Blues, die Griechen den Rembetiko, die Franzosen das Chanson, die Argentinier den Tango, die Österreicher Hansi Hinterseer. Nur die Deutschen haben nichts. Die Deutschen haben Marsch und Techno. Marsch- und Technomusik sind eng miteinander verwandt. Dreivierteltakt und Rumsdada. Deutsche Fans im Wirtshaus sehen immer aus, als bliesen sie sich gerade selbst den Marsch. An einem deutschen Biertisch könnte Fußball nie in der Trauer des Fado, des Blues oder des Rembetiko enden. Wenn der Deutsche trauert, beleidigt er Polizeipferde. Ein beleidigtes Polizeipferd erkennt man an dem Haufen vor der Börse. Musikalisch angeglichen hat sich der Deutsche nur beim Hupen. Da kann er inzwischen mit den Türken und den Böblingern mithalten. Schwer zu begreifen, warum es die Autohupe zu einer so großen Popularität gebracht hat. Viele Huper beginnen heute zu hupen, bevor das Fußballspiel angepfiffen ist. Das Hupkonzert ist der Swingerclub der Eierlosen. Die Waiblinger, die Böblinger und die Türken sitzen am Stuttgarter Stadtrand in ihren Autos und warten, bis das Spiel aus ist. Sie sehen das Spiel nicht, und wenn es aus ist, rasen sie mit ihren Autos los und hupen. Manche Nationen haben eine eigene Hupmusik hervorgebracht. Die Amerikaner Honky Tonk, die Schweizer Hupp Schwiiz, die Stuttgarter Hip-Hup von Max Herre. Das deutsche Polizeipferd hupt nicht. Das Polizeipferd tänzelt, von Frauenstiefeln angespornt, durch den Korso hupender Idioten. Und hupt das Polizeipferd doch einmal, dampft ein Haufen Scheiße vor der Stuttgarter Börse. Das Pferd sagt: Geld stinkt so oder so nicht. (Der Text wurde mittlerweile übernommen von GLANZ & ELEND) KOMMENTARE SCHREIBEN DIE STN-KOLUMNEN AMTLICHES Im LESERSALON sind noch Zimmer frei E-Mail- „Kontakt“ FRIENDLY FIRE: www.kessel.tv www.edition-tiamat.de (Hier gibt es mein aktuelles Buch "Schwaben, Schwafler Ehrenmänner - Spazieren und vor die Hunde gehen in Stuttgart") www.bittermann.edition-tiamat.de (mit der Fußball-Kolumne "Blutgrätsche") www.unsere-stadt.org GLANZ & ELEND |
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