Bauers Depeschen


Donnerstag, 26. April 2012, 899. Depesche



TAGESTIPP: Der Berliner Kabarettist Arnulf Rating gastiert an diesem Freitag im Renitenztheater. 20 Uhr.



FUSSBALL ist bösartig.

STN-KOLUMNE zum nächsten Spiel.



FLANEURSALON IN OSTHEIM

Nächster Flaneursalon am Mittwoch, 9. Mai, im historischen Wirtshaussaal der Friedenau in der ehemaligen Arbeiterkolonie Stuttgart-Ostheim: mit Stefan Hiss, Roland Baisch, Anja Binder & Jens-Peter Abele. 20 Uhr. Es gibt noch Karten: 07 11 / 2 62 69 24.



FLANEURSALON bittet zum HAFEN-PICKNICK

HIER GEHT ES ZUM VORVERKAUF



NOTIZ

Aus gegebenem Anlass durchsuche ich zurzeit mein Archiv aus den vergangenen zwei Jahren. Zwischendurch tat es offenbar gut, wenn der innere Schweinehund mal nicht an den Bauzaun am Bahnhof pisste:



SOUNDTRACK DES TAGES



DER SPITZ

Da gerade die Diskussion um Leben und Sterben des Dialekts im Gange ist, will ich auch mal was sagen:

In der Straßenbahn beobachte ich eine Frau, sie ist jünger als ich und liest ein Buch. Mich interessiert, was die Leute lesen. Die Frau liest Eyke Schmidt-Rohdes literarisches Standardwerk "Der Spitz". Wollte man dem Humor-Niveau der Mundart-Sendungen im SWR-Fernsehen nacheifern, käme man zu dem Schluss: Das Buch „Der Spitz“ behandelt die Biografie des SWR-Intendanten.

Darum aber geht es nicht. Recherchen im Internet ergaben: „Der Spitz“ gibt "Ratschläge für Haltung, Pflege und Erziehung" des gleichnamigen prähistorischen Torfhundes.

Als ich das Thema vertiefte, fiel mir ein, wie ich vor nicht allzu langer Zeit einen Fußballkollegen nach dem Spiel einen "Spitz" geheißen hatte. Der Beschimpfte reagierte nicht beleidigt, nur verwundert: Dieses Wort, sagte er, habe er seit seiner Kindheit nicht mehr gehört.

Ich erinnerte mich, wie ich mich kurz davor mit einem Kollegen aus Hamburg unterhalten hatte, er kommt aus dem Schwäbischen und lebt seit Jahrzehnten in der Hansestadt. "Du sprichst inzwischen ja breiteres Schwäbisch als ich", sagte ich. "Du Schbitz", sagte er, "je älter ich werde, desto härter bricht der alte Dialekt aus mir heraus."

Allenthalben wird beklagt, selbst freilaufende Landeier aus dem Schwäbischen brächten ihren Kindern nur noch Hochdeutsch bei. Sie lehren ihrem Nachwuchs nicht etwa Schriftdeutsch oder Honoratioren-Schwäbisch, wie wir es von von den Sketchen der Komödianten Oscar Heiler und Willy Reichert kennen. Fundamentalistische Bio-Bäuerinnen ohne Feld und Acker zwingen ihren Nachwuchs zu Hochdeutsch mit offenen Lauten. Lautmalerisch hier schwer dazustellen, man denke an: Krombacher, Gott, Hombre.

Schwäbisch stirbt aus, es verschwindet in der Stadt, und es geht unter, je näher die Menschen an der Großstadt wohnen. Das liegt nicht nur am internationalen Sprachgemisch in den Straßen und U-Bahnen: Seit Jahren geht man Lidl, falls man weiß, wo sein Haus wohnt.

Der Schbitz, um zu unserem schwäbischen Allerweltsausdruck zurückzukommen, entspricht ungefähr dem Seckel, Seggel oder Seggl. Sowohl der Spitz als auch der Seggel benennen im richtigen Leben ein nicht unwichtiges Teil des Gemächts. Nichts aber wäre an meinem Big Willie so verwerflich, um ihn auf eine Stufe mit einem Trottel oder gar Halbdackel zu stellen.

Das Eigenschaftswort spitz dagegen gilt als Prädikat der Tatkraft, es bezeichnet im Hochdeutschen den Zustand sexueller Erregung. Schon etwas abgedroschen, aber in diesem Zusammenhang unvermeidlich ist die psychedelische Erfahrung des Fußballprofis Wolfram Wuttke: "Immer wenn ich breit bin, werde ich spitz."

Liest man jedoch in einem guten Roman den Satz: ",Ich weiß, was sich gehörrrt, Herrr Barrron', sagte die Fürstin spitz", dann heißt das nicht: ",Ich weiß, was sich gehörrrt', sagte die nymphomane Fürstin sexuell erregt." Spitz steht in diesem Fall nicht für scharf und schon gar nicht für geil, es bedeutet schnippisch oder borniert.

Vollkommen unverfänglich kann dagegen ein Mann behaupten: "Ich bin Spitze." Damit meint er bei Gott nicht, er verfüge über einen spitzen Spitz oder einen Spitzenspitz.

Man sollte Wortspiele nicht auf die Spitze treiben. Das führt zur Verwirrung. Der Sozenveteran Schmiedel beispielsweise hält sich für einen tollen Hund. In Wahrheit bellt er wie ein Tollhund.

Selten findet man einen Spitzenpolitiker (wie Helmut Schmidt), oft dagegen einen spitzen Politiker (wie Seehofer oder Oettinger), und im Wahlkampf begegnet man an jeder Ecke einem Granatenspitz, beispielsweise einem Grünen wie Cem Özedmir. Sie kennen Özdemir: Das ist der dummschwätzerische Designer-Anzug aus Bad Urach mit den Luden-Scharnieren im Gesicht. Im Wahlkampf knödelte er „Yes, wie Cem“, seine Wahlkampftrupps nannte er Cempions, und das hatte Gründe: Özdemir hat die Ausstrahlung eines Sacks Cement.

Historischer Fakt, unausweichliche Wahrheit ist dies: Der gute alte Spitz gilt seit 2003 offiziell als "gefährdete Haustierrasse". Deshalb (und damit beende ich meinen Spendenaufruf für das Botnanger Tierheim) verrate ich Ihnen meinen letzten Wunsch: Er lebe hoch, mein lieber Spitz!



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