Bauers DepeschenFreitag, 10. Juni 2016, 1636. Depesche![]() ![]() ![]() FLANEURSALON IM GALERIENHAUS ![]() Am Donnerstag, 14. Juli, ist der Flaneursalon im Galerienhaus Stuttgart, Breitscheidstraße 48. Beginn: 19.30 Uhr. - Es machen mit: Vater & Tochter, nämlich die Musiker Zam Helga und Ella Estrella Tischa, sowie - erstmals - der Dichter und Bühnenkünstler Timo Brunke. Karten gibt es ab kommenden Dienstag, 14. Juni, direkt im Galerienhaus - dienstags bis freitags von 14 Uhr bis 19 Uhr und samstags von 11 Uhr bis 16 Uhr. Galerienhaus: 0711/65 67 70 68. Tickets diesmal 10 € - Jubiläumspreis zum Elfjährigen des Hauses. ![]() ![]() Der Klick zum ![]() LIED DES TAGES ![]() ![]() Die aktuelle StN-Kolumne: ![]() ![]() ALLES IM FLUSS ![]() Weil ich Bewegung suche, schaue ich den Neckarwellen zu. Ich sitze auf der Terrasse im Gasthaus Keefertal, wo man vergnügt in den Fluss spucken und die wunderschöne Golden-Gate-Brücke beim Max-Eyth-See sehen kann. Ich esse ein paar Spargel und plaudere mit Herrn Zachmann, dem Wirt. Mir scheint, er hat es nicht leicht da draußen mit seinem Haus am Wasser. Es sind nicht der Neckar und das launische Wetter, die ihn ärgern, sondern die Bürokraten mit ihren Verkehrs- und Veranstaltungsauflagen für sein entlegenes, dennoch leicht erreichbares Uferlokal (Straßenbahnlinie 14, Haltestelle Wagrainäcker). Warum bloß hegt und pflegt man einen so schönen und seltenen Stuttgarter Neckarort nicht, wo es nur geht. Davon aber ein andermal. ![]() Es war Zufall, dass ich im Keefertal vorbeikam – benannt nach dem Fischermeister Emil Keefer, der nach dem Zweiten Weltkrieg am Fluss eine Holzhütte baute. ![]() Als Spaziergänger kann ich alle Touren dem Zufall überlassen. Es ist unmöglich, in unserer kleinen Gemeinde verloren zu gehen – springt man nicht in Gedanken an den Umgang mit der Stadt in den Neckar. ![]() Weniger zufällig war ich diese Woche bei einer Mieterversammlung von Menschen, die in der Keltersiedlung von Zuffenhausen wohnen. Seit Jahrzehnten leben sie in diesem schön begrünten Arbeiterquartier aus den dreißiger Jahren. Demnächst sollen sie ausziehen, weil die städtische Immobilienfirma SWSG die Häuser abreißen, mehr als hundert günstige Wohnungen vernichten und durch wesentlich teurere Neubauwohnungen ersetzen will. Die Leute sammeln inzwischen Unterschriften – und haben eine Petition ins Internet gestellt: „Abrissplan stoppen!“ Neben der Keltersiedlung sollen noch viel mehr bezahlbare städtische Wohnungen in Zuffenhausen plattgemacht werden (und nicht nur dort). ![]() Die sehr lebhafte Versammlung fand in der Samariterstiftung statt, einem Altersheim; es ist nicht leicht, einen kostenlosen Raum zu finden, wenn der Bürger seine demokratischen Bürgerechte verteidigen will – etwa sein Grundrecht auf Wohnen. ![]() Damit sind wir bei der Immobilienpolitik: Selbstverständlich ist es reiner Zufall, dass die Deutsche Bahn ihre läppischen, weil ohnehin geschönten Kollapsmeldungen zu Stuttgart 21 kurz vor der Fußball-EM unter das Volk streut. Beim ersten deutschen Tor ist womöglich vieles wieder vergessen: S 21 wird erheblich teurer, der Bau dauert wesentlich länger als geplant – da riecht man schon beim Frühstück das faule Überraschungsei. Die S-21-Gegner haben auf dieses Desaster zu Lasten der ohnehin von Lärm und Dreck geplagten Bürger schon tausendmal mit gut recherchierten Fakten hingewiesen. Die Argumente versierter Fachleute des S-21-Protests – wie etwa des Architekten Norbert Bongartz oder des Juristen Eisenhart von Loeper – werden aber routinemäßig als „unhaltbare Spekulation“ abgetan. Längst ist es salonfähig geworden, die demonstrierenden Bürger als Ewiggestrige und Spinner zu verhöhnen. Diese Arroganz ist notwendig, um von Spinnern und ewig gestrigen Zukunfts- und Fortschrittsfetischisten in den Chefetagen der Projektbetreiber abzulenken. Es liegt in der Natur der Wachstumssucht, dass es nicht nur gut Geerdete sein können, die Größenwahnpläne auf Teufel komm raus durchsetzen wollen. Zu ihrem Rausch passt ein Plakat im Bahnhof: „Wenn ihr Projekt früher fertig werden muss“. Der Spruch wirbt für das Energiegesöff Red Bull. ![]() Ich erinnere mich an eine Rede, die ein Schweizer Gast am 15. April 2013 bei der Montagsdemo auf dem Marktplatz hielt. Er sagte, zu S 21 sei ja technisch schon alles gesagt. Deshalb mache er auf ein psychiatrisches Problem aufmerksam, eine Krankheit namens Megalomanie: Dieser Begriff bezeichnet die Phänomene zwischen Größenwahn und Selbstüberschätzung. ![]() Der Mann auf der Montagsdemo der Ewiggestrigen war Professor Dr. Benedikt Weibel: von 1993 bis 2006 Chef der ![]() Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), 2008 Bundesrats Delegierter für die Fußball-EM, danach Dozent für Praktisches Management an der Universität Bern. Auf der Demo schilderte er, wie die SBB ihr komplettes Schienennetz für eine vernünftige Summe revolutioniert und die Schweizer per Volksentscheid extrem teure Hochgeschwindigkeitsbahnen nach japanischem Vorbild verhindert haben. ![]() Von Megalomanie sprechen wir, wenn Politiker und Stadtplaner jahrzehntelang ein Milliardenprojekt durchprügeln, weil sie in ihrem Machbarkeitswahn glauben: Wo uns ein Herrenknecht-Bohrer willig ist, ist auch ein Weg. Gut, nebenbei geht es – mitten in der sich verschärfenden Wohnungsnot – um horrende Immobilienprofite und die Verteidigung der Macht um jeden Preis. Da kommen einem Tränen der Rührung, wenn die Bahnmanager Grube und Kefer ihre „explodierenden“ Kosten mit der – angeblich – zig Millionen teuren Umsiedlung von Käfern & Eidechsen begründen. ![]() Kosten „explodieren“ in Wahrheit nicht, schon gar nicht in diesem Ausmaß. Sie werden in aller Regel vorsätzlich falsch kalkuliert, um die Bürger zu täuschen – wie bei der Volksabstimmung, als es um die schon damals lächerlichen 4,5 Milliarden ging. Eine Wahl, bei der die Gegner gegen die Übermacht der Befürworter-Propaganda schon finanziell keine Chance hatten. ![]() Diese Volksabstimmung fand am 27. November 2011 statt. Die S-21Herren aus Politik und Wirtschaft können also in diesem Herbst wieder ein Jubiläum feiern: „Weitere fünf Jahre Betrug am Bürger“. ![]() Bei diesem Gedanken muss ich hinaus an den Neckar, um den Wellen auf ihrem Weg ins Nirgendwo zuzurufen: Ihr aber lasst euch nicht unterkriegen! ![]() ![]() ![]() |
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