Bauers Depeschen


Dienstag, 19. Mai 2015, 1463. Depesche



---------------------------------------------------





ES IST SO WEIT:

Joe Bauers Flaneursalon

beim 3. Stuttgarter HAFEN-PICKNICK

Große Samstagsshow am wilden Neckarufer mit:



Ginger Redcliff - die Indie-Königin

The Tremolettes - die beste Band der Welt

Wiglaf Droste - der Poet und Entertainer

Ekkehard Rössle Duo – All that Jazz

rahmenlos & frei - der Chor der Vesperkirche

Joe Bauer - der Levitenleser



SAMSTAG, 4. JULI

Picknick-Gelände mit Grill, geöffnet ab 16 Uhr

Showbeginn: 18.45 Uhr Uhr

Neckarhafen, 70327 Stuttgart

Stahlbau Heil, Mittelkai 12 -16

Anfahrt über B 10, Ausfahrt Hedelfingen

Siehe: STAHLBAU HEIL

VORVERKAUF: MUSIC CIRCUS - Kartentelefon: 07 11 / 22 11 05

° Unser Hafen-Gelände ist überdacht °



LIED DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne "Joe Bauer in der Stadt"



IM KUGELHAGEL

Immer wieder losgehen, irgendwohin. Unterwegs etwas ins Notizbuch kritzeln. Zum Auftakt des wilden Wochenendes von der Altstadt durchs Heusteigviertel, in die Immenhofer Straße. Seit mehr als zwanzig Jahren, seit dem Umzug aus der Heusteigstraße, treffen sich im Haus Nummer 23 spanische Fußballfans in ihrem Vereinsheim Peña Real Madrid. Der Laden, ein Domizil zum Essen, zum Austausch, zum Fußballschauen, ist offiziell nur für die siebzig Clubmitglieder geöffnet, aber man drückt schon mal ein Auge zu, wenn deutsche Freunde mitkommen.

Das spanische Wort Peña bedeutet unter anderem Fanclub. Drei offizielle Real­Fanclubs gibt es in Deutschland, in München, in Stolberg bei Aachen und in Stuttgart. Als ich am frühen Abend aufkreuze, ist Manolo, Señor Presidente, nicht da. Ich habe gehört, das Vereinsheim könnte bald dichtmachen, weil die Mitglieder keine Freiwilligen mehr für die Arbeit fänden. Ich wechsle ein paar Sätze mit Andrés und Lino, zwei erfahrenen Peña-Männern. Keiner weiß Genaues, und ich denke, der letzte Rioja ist noch nicht getrunken. Undenkbar, Stuttgart ohne Real.

Wieder durchs reizvolle, am Abend leider leblose Heusteigviertel, zurück in die Altstadt. In der Leonhardstraße, für die Ahnungslosen im Rathaus bis heute die kriminelle Bedrohung schlechthin, sind die wahren Gefahren weder Huren noch Zuhälter. Tödliche Fallen auf dem Stuttgarter Straßenstrich sind die Schlaglöcher.

Am Tag nach dem Besuch bei Real großer Fußball in der Stadt. Auf der Waldau verabschieden wir die tapferen Kickers von der Saison, am kommenden Samstag werden viele Fans das Team per Sonderzug nach Kiel begleiten. Das Spiel im hohen Norden ist bedeutungslos, aber gut für eine große Geste. Das Schicksal des VfB wird am Samstag in Paderborn entschieden. Als ich am Sonntagmorgen durch den Dachswald laufe, rätsele ich, ob der Fußballverein von Paderborn SC, SV oder PC heißt, ob die Stadt in Westfalen, Schleswig-Holstein oder auf Helgoland liegt.

Ich werde das sorgfältig prüfen und lobe mir, obschon sie in der Champions League versagt haben, die Madrilenen: Der Name Real ist eine klare Sache. Wäre Real ins Finale gekommen, hätten die Leute von der Stuttgarter Peña zwanzig Eintrittskarten für das Endspiel in Berlin erhalten.

Eine kleine Stadt wie Stuttgart, mit so schillernden Brennpunkten wie Heusteigviertel, Leonhardstraße und Dachswald, könnte viel guten Wochenendstoff über das Metropolen-Leben liefern, und das nicht nur über Kiel und Paderborn: Neben dem VfB hatten wir ja einen weiteren großen Flohmarkt am Start, auf dem Schlossplatz.

Dann aber, es war Sonntag, kamen die Nazis. Mit am eindrucksvollsten das Bild, als sie wieder verschwanden: Gut beschützt von der Polizei, wurden sie unter den Pfiffen weiter Kreise der Bevölkerung in SSB­-Bussen weggekarrt. Die erste Pegida­Demonstration in Stuttgart hatte reichlich Gegendemonstranten mobilisiert, eine originelle Volksfront, wie man sie nie zuvor gesehen hat: Leute von Antifa bis CDU, Aktionsradius scharf getrennt.

Der Schauplatz Kronprinzstraße für das Pegida-Gefolge war streng abgesperrt. Wegen der lausigen Verstärkeranlage hörte ich mir die Reden aus nächster Nähe bei voller Lautstärke an. Nazi-Hetze im Goebbels-Ton: die Beschwörung des „eisernen Willens“, pathetische Phrasen („Hände, die zu Schwertern“ werden), Kriegsgeschrei über Helden, die dem „Kugelhagel von Presseschlampen und Gutmenschen“ entkommen sind. Diese Propaganda in der Hauptstadt von Baden-Württembergs „grün-linker Diktatur“ habe ich mehr als eine Stunde toleriert, nämlich im Wortsinn ertragen und erduldet. Danach war mir lange schwindlig und kotzübel.

Mitten in der braunen Propaganda-Soße tummelte sich der Stuttgarter AfD-Stadtrat ­Fiechtner, eingehüllt in eine Israel-Fahne. Ohne dass ich je zuvor ein Wort mit ihm gewechselt hätte, sprach er mich an, sagte, er wolle „nur ein wenig herumgucken“. Nach den Hetztiraden tauschte er sich mit Pegida-Führern aus und erteilte Ratschläge: „Wir“ sollten im Dienste „unserer Sache“ nicht nur den „Aggressions­modus fahren“ – stattdessen zwischendurch „ein Gedicht“ vortragen und ein „Streich-Quartett“ spielen lassen. Am Ende sang er mit seinen Pegida-Kameraden die ­Nationalhymne.

Als die Hooligans in den Reihen der Rechten den Schlachtruf „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“, anstimmten, fiel mir ein Kapitel deutscher Geschichte ein: Im Januar 1969 antwortete der SPD-Politiker Gustav Heinemann in einem „Spiegel“-Interview auf die Frage, ob er „diesen Staat“ (die Bundesrepublik) nicht liebe: „Ach was, ich liebe keine Staaten, ich liebe meine Frau; fertig!“ Zwei Monate später wurde er mit knapper Mehrheit zum Bundespräsidenten gewählt.

46 Jahre danach, kurz vor Weihnachten, hörte ich bei einer Show der Stuttgarter Punk-Band Human Abfall einen Song, der nur aus einer Zeile bestand: „Ich liebe keine Nation. Ich liebe meine Frau und meine Kinder.“

Gut zu wissen, wer wessen Lied singt in der Stadt.



BEITRÄGE schreiben im LESERSALON



FRIENDLY FIRE:

NACHDENKSEITEN

INDYMEDIA LINKS UNTEN

BLICK NACH RECHTS

INDYMEDIA

STÖRUNGSMELDER

FlUEGEL TV

RAILOMOTIVE

EDITION TIAMAT BERLIN

Bittermanns Fußball-Kolumne Blutgrätsche

VINCENT KLINK

KESSEL.TV

GLANZ & ELEND



 

Auswahl


Depeschen 2311 - 2318

Depeschen 2281 - 2310

Depeschen 2251 - 2280

Depeschen 2221 - 2250

Depeschen 2191 - 2220

Depeschen 2161 - 2190

Depeschen 2131 - 2160

Depeschen 2101 - 2130

Depeschen 2071 - 2100

Depeschen 2041 - 2070

Depeschen 2011 - 2040

Depeschen 1981 - 2010

Depeschen 1951 - 1980

Depeschen 1921 - 1950

Depeschen 1891 - 1920

Depeschen 1861 - 1890

Depeschen 1831 - 1860

Depeschen 1801 - 1830

Depeschen 1771 - 1800

Depeschen 1741 - 1770

Depeschen 1711 - 1740

Depeschen 1681 - 1710

Depeschen 1651 - 1680

Depeschen 1621 - 1650

Depeschen 1591 - 1620

Depeschen 1561 - 1590

Depeschen 1531 - 1560

Depeschen 1501 - 1530

Depeschen 1471 - 1500

Depeschen 1441 - 1470
03.06.2015

04.06.2015

01.06.2015
31.05.2015

27.05.2015

25.05.2015
23.05.2015

19.05.2015

16.05.2015
15.05.2015

12.05.2015

07.05.2015
06.05.2015

05.05.2015

04.05.2015
01.05.2015

02.05.2015

30.04.2015
28.04.2015

27.04.2015

24.04.2015
21.04.2015

20.04.2015

16.04.2015
14.04.2015

12.04.2015

09.04.2015
07.04.2015

06.04.2015

03.04.2015

Depeschen 1411 - 1440

Depeschen 1381 - 1410

Depeschen 1351 - 1380

Depeschen 1321 - 1350

Depeschen 1291 - 1320

Depeschen 1261 - 1290

Depeschen 1231 - 1260

Depeschen 1201 - 1230

Depeschen 1171 - 1200

Depeschen 1141 - 1170

Depeschen 1111 - 1140

Depeschen 1081 - 1110

Depeschen 1051 - 1080

Depeschen 1021 - 1050

Depeschen 991 - 1020

Depeschen 961 - 990

Depeschen 931 - 960

Depeschen 901 - 930

Depeschen 871 - 900

Depeschen 841 - 870

Depeschen 811 - 840

Depeschen 781 - 810

Depeschen 751 - 780

Depeschen 721 - 750

Depeschen 691 - 720

Depeschen 661 - 690

Depeschen 631 - 660

Depeschen 601 - 630

Depeschen 571 - 600

Depeschen 541 - 570

Depeschen 511 - 540

Depeschen 481 - 510

Depeschen 451 - 480

Depeschen 421 - 450

Depeschen 391 - 420

Depeschen 361 - 390

Depeschen 331 - 360

Depeschen 301 - 330

Depeschen 271 - 300

Depeschen 241 - 270

Depeschen 211 - 240

Depeschen 181 - 210

Depeschen 151 - 180

Depeschen 121 - 150

Depeschen 91 - 120

Depeschen 61 - 90

Depeschen 31 - 60

Depeschen 1 - 30




© 2007-2024 AD1 media ·