Bauers DepeschenSamstag, 11. Januar 2014, 1230. Depesche-------------------------------------------------------------------------------------------------- BEITRÄGE schreiben im LESERSALON (anklicken!) Achtung, die Hälfte der Karten ist weg: DIE FAMILIENSAGA: FLANEURSALON IN DER ROSENAU Mittwoch, 19. Februar 2014, ROSENAU: Der FLANEURSALON versammelt immmer mehrere Generationen auf der Bühne, und nach unserem Familienbande-Gastspiel im Theater Rampe 2103 treten wir auf vielfachen Wunsch noch einmal in dieser Besetzung an. Mit Zam Helga & Tochter Ella Estrella Tischa, mit Roland Baisch & Sohn Sam sowie Toba Borke & Pheel. Andere Geschichten, andere Songs. 20 Uhr. Telefon: 01805 700 733. Der Klick zum LIED DES TAGES Die aktuelle StN-Kolumne: IM SCHLACHTHOF Von 1902 bis 1992 hat man in der Nähe des Gaisburger Gaskessels im großen Stil Tiere getötet, zerlegt, verarbeitet. Als der Stuttgarter Schlachthof noch in Betrieb war, habe ich ihn bestenfalls als blutige Bühnenkulisse wahrgenommen. Der Theaterhaus-Chef Werner Schretzmeier inszenierte dort kurz vor dem Abriss der Hallen das Schauspiel „Vermummte“; die Besucher saßen unter Fleischerhaken. Der Regisseur arbeitete damals nicht zum ersten Mal an diesem Ort. Zuvor hatte er ihn für seinen TV-Film „P 3“ zur Bebilderung eines Songs von Humble Pie über die Dekadenz gewählt; in der Band spielten die britischen Rockstars Steve Marriott und Peter Frampton. Der Schlachthof ist ein kulturhistorischer Mythos. Dem amerikanischen Automobil-Giganten Henry Ford dienten Anfang des 20. Jahrhunderts die mörderischen Arbeitsbedingungen an den Demontagebändern der Schlachthöfe von Chicago als Vorbild für seine Fließbänder. Und wer Bertolt Brechts Drama „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ mit seinen Chicago-Motiven nicht kannte, begegnete dem Thema spätestens Ende der Siebziger im Kino. In dem Hollywood-Film „Rocky“ arbeitet der Boxer Rocky Balboa alias Sylvester Stallone im Schlachthof und trainiert seine Schlagkraft an aufgehängten Schweinehälften, bis er seinen Job verliert. Der Stuttgarter Schriftsteller Wolfgang Schorlau und unsereins fahren am Mittag mit der Linie neun Richtung Hedelfingen zur Haltestelle Schlachthof im Osten der Stadt. Den größten Teil der einst sechzig Hallen hat man vor mehr als zwanzig Jahren abgerissen. Das Verwaltungsgebäude, das Pförtnerhäuschen und die Polizeiwache blieben aus Denkmalschutzgründen stehen. Schorlau isst schon seit einiger Zeit kein Fleisch mehr, nur in Notfällen, etwa um ahnungslose Gastgeber nicht in Verlegenheit zu bringen. Von seinem 22-jährigen Sohn hat er gelernt, dass inzwischen fünfzehn Prozent der Studenten an der Freien Universität Berlin Veganer sind, Menschen, die keinerlei Tierprodukte essen oder als Kleidungsstücke verwenden. Dazu kommen noch viel mehr Vegetarier. Das Fleisch, das wir essen, ist guter Krimistoff und Schorlau Spezialist für abgründige Branchen mit mafiösen Strukturen. Seine Detektivfigur Dengler hat sich zuvor um Gangster-Geschäfte mit Wasser und Pharmaprodukten gekümmert. Der Schnüffler ist ein politischer Mensch. „Es gibt Branchen, die verbindet man automatisch mit Kriminalität“, sagt Schorlau, 62, „das gilt beispielsweise für die Bauwirtschaft oder die Chemie.“ Am kommenden Dienstag, 14. Januar (20 Uhr), stellt der Schriftsteller im Mozartsaal der Liederhalle seinen neuen Krimi, „Am zwölften Tag“, vor. Nach einem biografischen Roman über die Apo-Zeit („Rebellen“) ist es seine siebte Geschichte mit dem privaten Ermittler Dengler, einem Ex-Bullen, der an den psychischen Folgen seiner BKA-Vergangenheit leidet. Für das neue Buch gab es 50 000 Vorbestellungen; als wir zum früheren Schlachthof fahren, rangiert es auf Platz 13 der „Spiegel“-Bestsellerliste. Denglers siebter Fall führt ins Milieu der Fleischindustrie, der Mästerei-Betriebe. Es geht um Massentierhaltung und die Ausbeutung osteuropäischer Arbeiter. Schorlau ist kein Fundamentalist, keiner, der missioniert. Es hätte sonst wenig Sinn, mit einem Fleischfresser wie mir zum Plaudern den ehemaligen Schlachthof aufzusuchen. Vor einigen Jahren haben private Betreiber in den architektonisch schönen Überbleibseln neben einer rustikalen Gaststätte ihr Schweinemuseum eingerichtet. Eine mit provinziellem Stallgeruch behaftete Kultstätte zur Glorifizierung und Romantisierung der Sau. Die Räume sind zugestellt mit unzähligen Ringelschwanz-Exemplaren, eine Mono-Schau voller seltsamer Einfälle. In einer Ecke der Dauerausstellung steht ein mit Stofffetzen sparsam bekleideter Frauenkörper mit Rüssel neben zwei Spielautomaten. Das Glücksschwein. Schorlau erzählt, nach der Lektüre seines neuen Buchs hätten ihm Krankenschwestern und Ärzte geschrieben: Sie fragen ihre Patienten vor jeder Operation inzwischen routinemäßig, ob sie mit der Landwirtschaft zu tun haben. Wenn ja, droht die Gefahr, dass in ihren Körpern Antibiotika nicht mehr wirken; mit Medikamenten verseuchtes Tierfleisch macht die Menschen immun. Das alles sind keine neuen Erkenntnisse, für die es heute – wie zur Aufdeckung anderer politischer Skandale – die Recherchen und die Fantasie des Kriminalschriftstellers bräuchte. Darum geht es nicht. „Bei fast allem, was du machst, hast du so gut wie keine Ahnung, was dahintersteckt“, sagt Schorlau. „Krimis zu schreiben macht Spaß, weil man mit dem Detektiv hinter die Kulissen geht.“ Der literarische Detektiv steht heute für eine Eigenschaft, die vielen Menschen fremd geworden ist: die natürliche Neugier, die Lust, das Unbekannte im Alltäglichen zu erforschen, die Auflehnung gegen die Gleichgültigkeit. Als wir genug haben vom musealen Schweinestall, entdecken wir in einer Ecke das gerahmte Poster einer vegetarischen Initiative: „Die moderne Frau kocht ohne Sau.“ Wir fahren zurück zum Mittagessen. (Vorverkaufskarten für die Buch-Premiere gibt es über das Literaturhaus.) DIE PAPIERTIGER MIT JESS JOCHIMSEN IM CAFÉ WEISS Zum dritten Mal lade ich zu meinem Lese- und Liederabend unter dem Titel "Die Papiertiger" ins Café Weiß: Am Donnerstag, 23. Januar 2014, heißt mein Gast Jess Jochimsen. Der Freiburger Schriftsteller und Kabarettist nutzt einen freien Tour-Tag für ein außerplanmäßiges Gastspiel in der Stuttgarter Altstadt-Bar, Geißstraße 16. Musik macht wieder Roland Baisch mit seinen Freunden. Beginn 19.30 Uhr. Eintritt frei. Bitte rechtzeitig reservieren, es könnte wieder eng werden: Telefon 07 11/24 41 21 ( (Montag bis Samstag ab etwa 19 Uhr). 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