Bauers Depeschen


Montag, 25. November 2013, 1205. Depesche



MORGEN KLEINER FLANEURSALON

Dienstag, 26. November: Kleiner Flaneursalon in der Buchhandlung Ebert, Leinfelden-Echterdingen, Hauptstraße 60/62. Mit Anja Binder & Jens-Peter Abele. 19.30 Uhr. Karten: 07 11/45 96 82-50.



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LIED DES TAGES



Das Montagsinterview in den Stuttgarter Nachrichten:



"DER SATIRIKER SCHÖPFT

AUS DEM BÖSEN" 



Der Kabarettist Rolf Miller, 46, ist Beirat der Stuttgarter Patientenstiftung für Menschen mit Behinderungen. Zu ­gunsten dieser Einrichtung präsentiert er an diesem Mittwoch (20 Uhr) im Theaterhaus eine große Benefizshow.

Von Joe Bauer

STUTTGART - Für viele Patienten wird es ­immer schwieriger, Ärzte zu finden. Ehrenamtliche Beratung finden sie in der Olga­straße 50 (Telefon 07 11 / 2 36 09 09). Für dieses Projekt engagiert sich Rolf Miller mit dem Abend „Miller and Friends“. Es treten auf: Annamateur & Außensaiter, Zärtlichkeiten mit Freunden, ­Michael Hatzius (Die Echse), Matthias Egersdörfer – und der Initiator. ­Karten per Telefon (07 11 / 4 02 07 20) und an der Abendkasse im Theaterhaus.

Frage (F): Rolf Miller, Sie machen, zumindest äußerlich, einen putzmunteren Eindruck. Sie sind Beirat der Patientenstiftung. Wie kam es dazu?

Rolf MIller (RM): Vor zehn Jahren hatte ich das Tinnitus-Syndrom, das Klingen in den Ohren. Keiner der Ärzte, die ich aufsuchte, konnte mir helfen, und die Sache war ernst. Eine Weile konnte ich nicht mehr auftreten, weil mit dem ­Tinnitus auch Schlafstörungen verbunden waren. Ich habe dann privat recherchiert und habe die ­Patientenstiftung entdeckt. F: Tinnitus ist in Künstlerkreisen verbreitet, allerdings vermutet man die Krankheit eher bei Musikern der etwas lauteren Gangart.

RM: Ja, klar. Ich hatte früher eine ­Nummer mit einem Song der Rockband AC/DC im Programm. Aber im Ernst: Tinnitus ist oft eine Stresserscheinung mit Symptomen, die man heute als Burn-out kennt. In meinem Fall war die Sache einfacher, ich hatte ein ­sogenanntes Knalltrauma, weil ich bei einer Silvesterparty zu nahe an den Boxen stand.

F: Ein Knalltrauma, Verzeihung, klingt nach landläufiger Meinung als Diagnose bei einem ­Komiker nicht ungewöhnlich . . .

RM: . . .  so kann man das durchaus sehen. Der ­Humorist an sich hat sicher einen Knall, so wie die meisten Menschen, im Unterschied zu denen stellt er ihn halt auf der Bühne zur Schau. Aber zurück zu meiner Geschichte: Ich habe mich zunächst nicht richtig getraut, mit meinem Tinnitusproblem per E-Mail bei der ­Patientenstiftung herauszurücken und habe denen anonym geschrieben, so im lustigen Ton: „Ich laufe schwanger mit Tinnitus.“ Dennoch bekam ich schnell eine ­Antwort, man hat mich für voll genommen, und das hat mich gleich überzeugt.

F: Wurden Sie auch gleich geheilt?

RM: Mal langsam. Ich wurde von Frau Bang-Gottwald, das ist die Vorsitzende der Stiftung, gut beraten, zu einem Arzt vermittelt und fast ein halbes Jahr lang behandelt. In dieser Zeit musste ich lernen, wie man die Geräusche im Ohr selbst ausblenden kann, man nennt das die Tinnitus Retraining ­Therapie. Danach habe ich beschlossen, die Patientenstiftung zu unterstützen.

F: Wohltätigkeitsarbeit ist in Deutschland nicht einfach. Es gibt Leute, die sagen: Man darf doch nicht mit Komikern, mit Humor und Lachen auf ein so ernsthaftes Thema wie Krankheiten aufmerksam machen.

RM: Dieses Argument kenne ich. Bei uns hat man ein Problem, Humor als ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Leben zu ­sehen. Es herrscht die Meinung, wo es Leid gibt, ist Humor oder gar Lachen nicht erlaubt. Dahinter steckt ein grundsätzlicher Denkfehler. Anfang der Neunziger, als ich angefangen habe, Kabarett zu machen, wurde mein erster Auftritt abgesagt. Man hatte ihn versehentlich auf einen Karfreitag gelegt.

F: Das deutsche Humorproblem hat mit unserer Geschichte zu tun. In der Nazi-Diktatur wurden die guten Künstler vertrieben oder ermordet, nach dem Krieg schien es unmöglich, dem großen Leid mit Humor zu begegnen.

RM: Ja, damit hat es zu tun. Auf anderen Kontinenten hat man zu den Verbindungen von Trauer und Schmerz, Emotion und Ausgelassenheit ein anderes Verhältnis, man sieht das bei Beerdigungsritualen in Amerika oder Asien. Eine Grunderkenntnis des ­Humorhandwerks ist die: Wir ­Satiriker schöpfen unsere Themen oft aus dem ­Negativen, aus dem Bösen, aus dem Leid. Wir arbeiten das Negative auf, so entsteht das befreiende Lachen. Die deutsche ­Geschichte hat mit dazu beigetragen, dass das ­Kabarett lange Zeit sehr moralisch war, nicht leicht daherkam. Heute trennen wir Kabarett und Comedy, das führt bei vielen Leuten dazu, dass sie das Kabarett nur moralisch bewerten und Comedy für platt halten. Ich höre oft von Kabarett-Freunden, mein Humor habe zu viel Comedy-Elemente, und die Comedy-Fans sagen, ich hätte zu viel ­Kabarett im Programm.

F: Bei uns verwechselt man Humor oft mit Witzeerzählen, man sagt: Humor muss heiter sein.

RM: Ja, das ist ein weit verbreiteter Irrtum. ­Humor ist eben nicht immer heiter. Wenn ich nach deutschem Humor gefragt werde, sage ich auch mal: Deutscher Humor ist wie ­englischer Handball – gibt’s nicht. Das ist übertrieben. Aber Witze erzählen auf der Bühne ist nicht lustig, das hat auf der Bühne nichts verloren, ist aber in den Fernsehshows nicht nur zur Faschingszeit gang und gäbe. Die Pointe ist nicht das Maß aller Dinge. Ich mit meinen nicht vollendeten Sätzen bin ja ein klassischer Witze-Verweigerer.

F: Trotzdem füllen Sie die Hallen.Meine Herangehensweise ist die: Was im normalen Alltag nicht als komisch oder als tragikomisch auffällt, erkennt man erst auf der Bühne. Im Grunde entsteht bei mir schon allein aus der Figur, die ich spiele, die Satire, nicht unbedingt aus dem, was die Figur sagt. Ich schaffe eine Alltagsfigur, die selbst gar nicht merkt, was sie darstellt, wie komisch sie ist. Und es gilt die alte Weisheit: Das ­Leben nachzuspielen ist ­komisch genug, da braucht es keine Witze.

F: Jetzt müssen Sie womöglich wieder einigen Leuten erklären, was eine Patientenberatung mit einer Komiker-Show zu tun hat.

RM:Zunächst einmal wollen wir Geld einspielen für die Patientenstiftung. Die lebt von privaten Spenden, nicht von staatlichen Subventionen. Wir wollen auch dazu bei­tragen, die Einrichtung bekannter zu ­machen. Sie hat noch Kapazitäten frei, die Leute brauchen nur anzurufen. Und dann muss doch eines klar sein: Humor ist bei vielen Krankheiten eine gute Therapie. Humor ist heilsam. Damit meine ich nicht nur den Clown im Kinderkrankenhaus.

F: Für Ihre Humor-Therapie haben Sie ein sehr spezielles Bühnenpersonal zusammengestellt.

RM: Ja klar, als typischer deutscher Komiker nenne ich es „Miller and Friends“, und ich hatte den Ehrgeiz, Kolleginnen und Kollegen einzuladen, die mir besonders gefallen, denen ich begegnet bin und die ich nie vergessen habe. Die sind nicht alle so bekannt wie Urban Priol oder Georg Schramm, aber auf ihre Art sind sie alle erstklassig, nur ­etwas abseits vom Mainstream. Nehmen wir mal das Duo Zärtlichkeiten mit Freunden: Das sind absurde, anarchistische Figuren, die mich begeistern. In diese Liga gehört auch Anna Maria Scholz als Annamateur: eine Künstlerin mit Hang zum vollendeten Chaos, ich liebe ihre Lieder. Oder Matthias Egersdörfer, ein Mann, der vieles von dem verkörpert, worüber wir gerade ­gesprochen haben. Er erzählt Geschichten, die er traurig findet – und das Publikum lacht. Dazu kommt ­Michael ­Hatzius als Die Echse: Ein Puppenspieler, der sein eigenes Ding macht, eine ­Bereicherung für die Humorszene.

F: Was macht einen guten Humoristen aus?

RM: Seine künstlerische Qualität, wir dürfen nicht immer nur auf unseren Geschmack oder gar auf den Geschmack der Mehrheit achten. Guter Humor ist selten, weil gute Qualität an sich selten ist.

F: Sie, Herr Miller, treten auch selbst auf . . .

RM: . . .  ja, ich spiele zehn Minuten . . .

F: . . . und Sie moderieren die Show . . .

RM: . . .  ja klar, überhaupt keine Frage . . .

F: Können Sie das ...?

RM: . . .  nein, deswegen mache ich es ja.



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