Bauers DepeschenFreitag, 09. November 2007, 83. DepescheFreitagabend, 20 Uhr. Es war eine hektische Woche, kein Platz für Depeschen.Stuttgart sieht gut aus im November. Das Laub legt sich wie ein nasser Flickenteppich auf den Asphalt. Diese Beobachtung gefällt mir, ich habe sie in meiner morgigen Samstagskolumne verwendet. Die handelt nicht unbedingt vom Wetter, eher von der Propaganda der Stadt für das geplante Grubenunglück Stuttgart 21. Ich weiß nicht, warum ein Oberbürgermeister so gut beraten ist, innerhalb einer Woche mit zwei Wurfpostsendungen die Briefkästen der „lieben Mitbürgerinnen und lieben Mitbürger“ zu verstopfen. So macht man sich beliebt. Möchte wissen, wofür die Werbefuzzis und Berater der Politiker ihre Kohle bekommen. Wurscht, es ist, wie es ist. Gute Resonanz habe ich auf eine kleine Geschichte über die Stuttgarter Kickers bekommen, das freut mich. Der Text handelt davon, wie ich mit meinem Kollegen, dem Gerichtsreporter George Stavrakis, genannt George der Grieche, den Untergang der Kickers auf der Waldau verfolge. Einen „blauen Gruß“ mailt beispielsweise Markus Geiger, der Bildungsreferent der Evangelischen Tagungsstätte Löwenstein, aus Löwenstein-Reisach. Es gibt also doch einen Gott, und er ist blau. Seltsam, dass so vieles über Fußball läuft, sogar in Deutschland, wo sie gar nicht richtig Fußball spielen können. Jedenfalls läuft im Leben mehr über Fußball als über Popmusik. Ich schätze, ich habe die ganze Woche keine einzige Platte gehört, nicht mal nachts im Bett. Morgen, am Samstag, gehe ich wieder zum Torwarttraining. Coach Peter Schwemmle sagt, das Training werde erst abgesagt, wenn er mehr als zehn Zentimeter Wasser auf dem Gelände der Eintracht Stuttgart messen könne. Der meint das ernst. Mir ist es egal. Ich hab vergangenen Dienstag beim Hallenfußball im Theaterhaus wieder so viel abgekriegt, dass mir etwas kühles Novemberwasser guttun wird. Es ist nicht geklärt, ob Sport gesund ist. „Leibniz hielt Diät und trieb Sport, dennoch wurde er niemals seine Monaden los – zumindest nicht an den Schenkeln“, schreibt Woody Allen in seiner Kurzgeschichte „Also aß Zarathustra“. Fett besteht aus Monaden (ein Wort, das mein Rechtschreibprogramm nicht kennt, es kennt ja auch nicht Woody Allen). Voraussetzung für Depeschen ist, dass sie nicht viel Zeit in Anspruch nehmen. Depeschen sind keine durchdachten Texte, sondern Fingerübungen. „Ich sagte zu meiner Schwiegermutter: ,Betrachte mein Haus als dein Haus.‘ Zwei Tage später hat sie es verkauft.“ Geschriebene Witze taugen nichts. Deshalb hat sie der amerikanische Künstler Richard Prince auf seinen Bildern verewigt. Dort habe ich sie in aller Regel her, das macht die Witze nicht besser, aber: the jokes make the pictures well, das ist Englisch. Mit dem Kanadier Eric Gauthier, seinem wunderbaren Gitarristen Jens Abele sowie meinem alten Wegbegleiter Michael Gaedt und dessen Leibsängerin Anja Binder bin ich am Dienstag, 13. November, im Tübinger Club Mancuso zu Gast. Nicht weitersagen, sonst heißt mich Mirjam mit jott wieder einen Möchtegern, der nichts Besseres zu tun hat, als für sich selbst zu werben. Eigentlich machen das nur Oberbürgermeister. Schönes Wochenende. Und rauchen Sie nicht im Freien, der Wind ist schneller. „Kontakt“ |
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