Bauers DepeschenSamstag, 25. August 2007, 59. DepescheDie Nummer 59, Samstagabend, Bundesliga beendet. Im Internet diskutieren Fans, warum eine „schwule Sau“ weniger wert ist als eine „schwarze Sau“. Der Dortmunder Torhüter Weidenfeller hat den Schalker Stürmer Asamoah beleidigt, erst hieß es, er habe ihn „schwarze Sau“ genannt, später lautete der Vorwurf „schwule Sau“. Als man sich auf „schwule Sau" geeinigt hatte, wurde Weidenfellers Strafe (Sperre, Kleingeld) vom DFB reduziert. Begründung: die „schwule Sau“ habe keinen rassistischen Hintergrund. Wenn Weidenfeller demnächst in einer dunklen Kohlenpott-Straße überfallen wird, hat das keinen rassistischen und keinen schwulen Hintergrund. Es macht einfach nur Spaß, eine dumme Sau zu verdreschen.Ich habe mal einen Polizisten als Dingsbums beleidigt. Meine Wortwahl wäre laut Strafkatalog sehr teuer gekommen. Wir haben uns im Nachhinein gütlich auf „Scheißbulle“ geeinigt, diese Beschimpfung war für 500 D-Mark im Angebot, gewissermaßen die reduzierte „Schwule Sau“-Version. Nach zweiwöchiger Pause habe ich friedlich und unter reger Nichtteilnahme weiter Kreise der Bevölkerung auf der Waldau das Torwarttraining wieder aufgenommen. Coach Peter Schwemmle ist aus dem Urlaub zurück, das Wetter gut im Schatten und die Entzündung in meiner Schulter abgekühlt. Es geht nichts über ein paar Spritzen, man fühlt sich so gut in Form wie jede andere dumme Sau. Morgen früh kommt Eddy, der serbische Partisan, und holt mich zum Waldlauf ab. Der Arzt hat gesagt, ich solle mir eine Schuheinlage verpassen lassen. Ich hätte, sagte der Arzt, „statische Probleme“. Zu deutsch: ich bin schlecht zu Fuß, der ganze Kerl ein Haltungsschaden. Im ersten Training gut gehalten. Herr Doktor, werde ich sagen, wenn ihm der nasse Ball durch die Hosenträger rutscht, Herr Doktor, Sie haben statische Probleme, Sie sehen vielleicht aus. Sind Sie heterosexuell? Traditionsgemäß habe ich, flankiert von zwei befreundeten Kunsthistorikerinnen, die Kassler documenta besucht. Die Räume der Ausstellung sind sehr dunkel gehalten, dunkler ist nur das Geheimnis des Kurators, was er uns mit seiner Inszenierung sagen will. Am Abend haben die Damen und ich im Hotel Deutscher Hof das Länderspiel zwischen England und Deutschland angeschaut. Wenn du mit Kunsthistorikerinnen unterwegs bist, wird dir nicht nur die Kunst nicht erklärt, sondern auch die Frage nicht beantwortet, warum die Engländer nicht mit Torwart spielen. Kunst muss man sich erarbeiten, heißt es im Katalog. Das versteht, wer regelmäßig hinter der Tribüne des Gazi-Stadions trainiert. Wenn die heißen Nähte des Balls mit den feuchten Grashalmen korrespondieren, wenn wir entdecken, dass sich das Prinzip der Beliebigkeit in den Farben eines blauen Flecks am linken Knie spiegelt. Wenn sich ein Loch am Daumen des rechten Handschuhs der Firma Uhlsport auftut wie die göttliche Tiefe der Unendlichkeit drei Bilder weiter. Größe kennt keine Form. Sagen Sie es ruhig: der hat nichts begriffen, diese blöde Sau. Es kostet nichts. Außerdem habe ich vergessen, bei Mirjam mit j bereit liegendes Liedgut abzuholen. Das könnte mich mental in den Ruin treiben. „Kontakt“ |
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