Bauers DepeschenDienstag, 14. August 2007, 56. DepescheDas Leben ist gar nicht so schlecht. Der Verdacht des Sportarztes, ich hätte eine langwierige Verletzung mit dem weltläufigen Namen Frozen Shoulder, hat sich als falsch erwiesen. Die Kernspinbilder zeigen eine läppische Schleimbeutelentzündung mit geschwollener Sehne - etwas Krankengymnastik mit Elektrohilfe, einmal pro Woche eine Spritze, und alles wird gut.Torwarttrainer Peter Schwemmle (Fan des von Lou Reed hoch gelobten Rocksängers Mitch Ryder) kann aus dem Urlaub zurückkommen - "Surrender" war gestern. Habe am vergangenen Samstag vergessen, auf den Artikel meines Kollegen Jürgen Holwein über Elvis Presley hinzuweisen. Herr Holwein, nicht nur ein exzellenter Kenner des klassischen Gesangs, beschäftigt sich im Querschnitt der Stuttgarter Nachrichten vom Samstag, 11. August, mit der Stimme des King. Der Autor zieht Parallelen zu Maria Callas: "Hier wie da eine Stimme, die sich von allen anderen Stimmen unterscheidet, Maria Callas und Elvis Presley benützen sie wie ein Instrument. Wenn es der Text, die Musik, die Situation oder die Gefühle verlangen, zählt der wahrhaftige Ausdruck manchmal mehr als das rein stimmlich Schöne." Holwein über Versuche, den Sänger nachzuäffen: "Elvis führt das Glucksen in den Gesang ein, es passiert in der Glottis (Stimmritze); Peter Kraus, die deutsche Elvis-Kopie, macht daraus einen Schluckauf." Das ist die ganze Wahrheit. Deutscher Rock'n'Roll war ein gesteuerter Rülpser. Diese Krautbauerntechnik hat sich in gewissen Kreisen bis zum heutigen Tag gehalten. Wenn man nicht singen kann, erklärt man das mit deutscher Oberstufenlehrerhaltung. Die unsägliche Hamburger Band Tocotronic, heißt es überall, singe intellektuell. Seit wann kann man intellektuell singen? Kann man intellektuell vögeln? Oder seinen Schleimbeutel intellektuell entzünden? Den leider etwas in Vergessenheit geratenen Begriff Vögeln lese ich in aktuellen Übersetzungen aus dem Amerikanischen wieder häufiger. Schöner ist eigentlich nur die Schweizer Version: Federn. Ich selbst kann nicht gut Englisch, erinnere mich aber mit Freude, wie einst das T-Shirt mit T-Hemd übersetzt wurde. Lustig auch immer die Szene, in der sich der Detektiv vom Barkeeper einen Tropfen Angostura in den Manhattan kippen ließ: Daraus wurde in der Übersetzung ein Tropfen Bitterbier oder Sauerbier. Ich nehme heute einen freien Tag, besuche Herrn Gaedt im Gerberviertel und kaufe mir klammheimlich irgendwo etwas Elvis-Material. Falls ich morgen Schluckauf habe, beende ich meine Sängerkarriere. Das habe ich Herrn Holwein versprochen. Unbedingt seine Elvis-Betrachtung komplett lesen! P.S.: Der beste Elvis-Songs-Sänger weit und breit ist der aufrichtige Pick-up-Pilot Ray Martin aus Stuttgart-Hofen. Er hat Herrn Holwein amerikanische Plattenraritäten zur Verfügung gestellt. „Kontakt“ |
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