Bauers DepeschenSonntag, 01. Juli 2007, 36. DepescheSonntagabend, am Morgen im Schlossgarten gelaufen, danach Sauna und Schwimmen im Bad Berg. Ich laufe nur, weil das Bad wartet. Laufen ist stinklangweilig. Am Tag zuvor Towarttraining mit Coach Schwemmle beim SV Eintracht, Waldau. Ich bin jetzt Mitglied.Warum macht man das? Mit Fitness hat das eher weniger zu tun. Coach Schwemmle behauptet, man könne sich auch in meinem Alter eine gewisse "Leichtfüßigkeit" zurückholen - falls man die mal besessen habe. Am Samstag entsprechende Übungen absolviert. Jede Übungung ist origineller als Laufen. War noch ziemlich ramponiert vom Spiel am vergangenen Mittwoch. In Wahrheit geht es darum, mir einen neuen Lebensrhythmus anzutrainieren. Bar-Tourneen gestrichen, Nikotin gestrichen (seit meinem Krankenhausaufenthalt nicht mehr geraucht, insgesamt über vier Monate). Rauchen ist mittlerweile ein Akt der Würdelosigkeit. Menschen hasten aus nikotinfreien Kneipen, stehen in ihren Betrieben auf Balkonen oder husten vor der Tür. Sie sehen aus wie Sanatoriumsbesucher, die sich heimlich eine angezündet haben. Wahrscheinlich gibt es nicht mal eine ehrbare Raucher-Solidarität. Wo sind die subversiven Bars, wo die Speakeasy-Kneipen? Vielleicht fang ich wieder an, mit einer kleinen Havanna. Humidor und Zino-Guillotine hab ich noch. Raucher müssen in den Untergrund. Raucher Armee Fraktion. Wo soll man eine kleine Zigarre rauchen? Auf dem Klo? Ich lass es. Ich war in einer Rotlicht-Bar aus den Siebziger Jahren am Rand der Stuttgarter Altstadt. Die Besitzerin sitzt Abend für Abend allein an der Theke und blättert in Illustrierten. Gäste kommen nicht mehr. Vor 30 Jahren haben acht Damen für die Besitzerin gearbeitet. Vorbei. Die Besitzerin sagt mir, sie sitze lieber Abend für Abend in ihre Bar als über der Bar in ihrer Wohnung. Tadellose Frisur, tadellose Schminke, tadelloses weißes Kleid. Früher hatte man Stil, sagt sie, auch die Herren. Die Besitzerin ist über 60. Wenn ich eines Tages eine kleine Zigarre rauche, dann bei ihr. Anschiss von Mirjam mit j eingehandelt: Ich hatte das Festival der Kulturen auf dem Marktplatz als selbstgestrickt bezeichnet. Habe gestern extra einen Spezialitätenteller bei den Palästinensern gegessen und Trinkgeld gegeben. Essen gut, Getränke musste man sich bei Hofbräu holen. Nur die waren kalt. Letzter Aufruf: Am Dienstag, 3. Juli, gastiert der Flaneursalon mit Stefan Hiss, Ralf Groher, Michael Gaedt und Anja Binder beim Sommertheater, Brennerstraße 8, Bohnenviertel. Open-Air im Hinterhof. Beginn: 20.30 Uhr. Publikumsplätze überdacht. Wer nicht kommt, den schwärze ich mithilfe falscher Dokumente bei Mirjam an. Jeder kann es sich aussuchen. Ich erwarte leichtfüßiges Publikum. Die Zeit der Gut-Wetter-Spieler ist vorbei. „Kontakt“ |
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