Bauers Depeschen


Samstag, 03. November 2018, 2027. Depesche



 





POGROM: GEDENKABEND IN CANNSTATT

In diesem Jahr jährt sich die Pogromnacht mit den verbrecherischen Angriffen der Nazis auf die Juden in Deutschland zum 80. Mal. Der 9. November 1938 leitete den Holocaust ein. Auch in Stuttgart wütete der faschistische Mob. Das Bündnis zum Gedenken an die Opfer der Pogromnacht in Cannstatt veranstaltet am Freitag, 9. November, auf dem Platz der von den Nazis zerstörten Synagoge in der König-Karl-Straße 45-47 eine Stunde der Erinnerung, die sich auch mit den Bezügen zur Gegenwart beschäftigt. Beginn 18 Uhr. Der Abend wird um 19 Uhr mit Lese- und Filmbeiträgen im Cannstatter Rathaus fortgesetzt. Besonderer Gast mit Vorträgen an beiden Orten ist die Lehrerin im Unruhestand und Aktivistin Silvia Gingold aus Kassel, Tochter der deutschen Widerstandskämpfer Ettie und Peter Gingold, die sich als verfolgte Juden im französischen Exil der Résistance anschlossen. Silvia Gingold wird bis heute wegen ihres friedenspolitischen und antifaschistischen Engagements im VVN-BdA vom Verfassungsschutz beobachtet Am Platz der - mithilfe der Feuerwehr - niedergebrannten Synagoge sprechen auch der evangelische Pfarrer Ulrich Kadelbach und eine Aktivistin des AABS. Es singt der Freie Chor. Unsereins moderiert.



OFFENES FORUM -

WORKSHOPS GEGEN RECHTS

Unser 2. Offenes Forum in Stuttgart findet statt am Samstag, 1. Dezember 2018, von 14 Uhr bis ca 17 Uhr im Württembergischen Kunstverein am Schlossplatz. In drei Workshops/Arbeitsgruppen geht es um die Themen "Umgang, Konfrontation mit Rechten im Alltag", "Protestformen", "Strategien gegen Rechts“. Referate halten u. a. Jonas Weber von der Initiative Stammtischkämpfer*innen, der Arzt und Aktivist Dr. Michael Wilk, der Schriftsteller Wolfgang Schorlau und eine Aktivistin von Stuttgart gegen Rechts. - Unterstützt von Rosa-Luxemburg-Stiftung, Die Anstifter, Aktionsbündnis Stuttgart gegen Rechts, ver.di u. a.

>> Und hier kann man sich ANMELDEN: (für den besseren Überblick): offenesforum@posteo.de



FLANEURSALON IM SCHLESINGER

Der letzte Flaneursalon des Jahres: Stefan Hiss, Eva Leticia Padilla und ihr Gitarrist spielen/singen ihre Lieder - und auch hinreißende Duette. Unsereins liest kleine Geschichten. Durch den Abend führt der Wortartist Timo Brunke. Am Dienstag, 11. Dezember, im schönen Gasthaus Schlesinger Int. Und dann ist Weihnachten. (Reservierungen nur im Lokal)



Aus der Stuttgarter Zeitung:

ANWALT DES FLÜCHTIGEN

Flaneur Joe Bauer ist unterwegs „Im Staub von Stuttgart“

Von Julia Schröder

Es ist nicht so, als käme Joe Bauer niemals raus. Aber in mehr als einer seiner Kolumnen bekennt der selten im Möhringer Pressehaus anzutreffende Redakteur der „Stuttgarter Nachrichten“ sich zu einem „Leben im Bierdeckel-Radius“, sprich, an den Hängen und in den Tiefen des Stuttgarter Kessels, und zwar, „weil mir Reisen nach New York oder Istanbul, Budapest oder Beutelsbach oft weniger Erkenntnisse brachten als ein Buch auf dem heimischen Sofa, gute Songs von meinem Plattenspieler oder ein Film im Kino um die Ecke. Von meinen Spaziergängen zu schweigen.“ Damit ist über die Texte dieses unermüdlichen Erforschers des Eigenen schon einiges gesagt; seine Wahrnehmungen macht er in mäandernder Bewegung zu Fuß oder per Straßenbahn durch die Stadt, die vielen ihrer Bewohner und Verwalter bis zum Überdruss vertraut scheint (oder gleich ganz egal ist), aber er lässt es dabei nicht bewenden. Dem, was er sieht, in Mühlhausen und Dürrlewang, in Neugereut und Degerloch, an der Lenzhalde und in der Leonhardstraße, geht er auf den Grund, reichert es an mit dem, was er gelesen und gehört hat, mit dem, woran er sich erinnert, und dem, was er erfährt, wenn er mit den Leuten redet.

Und alles dient einem Zweck: die Augen und Hirne zu öffnen für das, was Stuttgart ist, was es war und was es sein könnte. Wobei „Stuttgart“ immer bedeutet: die Orte und die Menschen, die dort leben. Oder gelebt haben. Ob man ihm nun das Etikett des Flaneurs oder das des Chronisten anheften mag oder nicht, eines ist er gewisslich auch: der Anwalt des Verschwundenen und des Verschwindenden.

Die unverbindliche Eitelkeit des Feuilletonisten wie das zurückgelehnte Durchblickertum des Leitartiklers wird man hier vergeblich suchen. Stattdessen gibt es Eigensinn und Haltung. Bauer bezieht Stellung – undogmatisch, aber ohne Rücksicht darauf, ob seine Leserinnen und Leser sich darin wiederfinden, gehe es nun um Hausbesetzungen, Stolpersteine oder gewerbesteuerträchtige Einkaufserlebnistempel. Obwohl er an Stuttgart 21 nie und an Stadtregierungen gleich welcher Coleur seltenst ein gutes Haar lässt, erscheinen Bauers Kolumnen in der Regel in den „Stuttgarter Nachrichten“. Er darf sogar „Flatulenzalarm“ ausrufen; da ist er ganz Schwabe, der traditionell nicht zurückschreckt vor unumwundener Benennung menschlicher Körperöffnungen. Er darf aber auch Sachverhalte beleuchten, die allzu oft im Dunkeln bleiben. Im kommenden Jahr erreicht Joe Bauer das Rentenalter. Man darf sich gar nicht vorstellen, was aus Stuttgart wird, wenn er nicht mehr drüber schreibt.

Joe Bauer: Im Staub von Stuttgart. Ein Spaziergänger erzählt. Edition Tiamat, Berlin. 288 Seiten, brosch., 16 Euro.



SIGNIERTE BÜCHER

Signierte Exemplare meines Kolumnenbuchs "Im Staub von Stuttgart" gibt's vorrätig in der Buchhandlung Pörksen, Schwabstraße 26, und bei Ratzer Records, Hauptstätter Straße 154, am Marienplatz.

 

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