Bauers DepeschenSamstag, 15. Mai 2010, 499. DepescheWerfen Sie mal einen Blick nach oben: Dies ist die 499. Depesche seit März 2007. FESTIVAL UNSERE STADT: Flaneursalon jetzt mit Dacia, Gaedt, Schulig!!! Auch bei schlechtem Wetter: An diesem Sonntag, 16. Mai, findet im Innenhof des Clubs Rocker 33 (ehemalige Eisenbahndirektion, Heilbronner Straße 7) das kleine Festival "Unsere Stadt" statt. Beginn ist um 15.30 Uhr. Am Abend (gegen 19.30 Uhr) wird unsereiner als Vorleser teilnehmen, begleitet von Dacia Bridges & Alex Scholpp, Michael Gaedt & Michael Schulig. Eintritt frei! - Bei der Aktion "Unsere Stadt" handelt es sich um eine zukunftsorientierte Bewegung aus der Innenwelt der Stuttgart-21-Gegner. www.unsere-stadt.org FLANEURSALON IM FLUSS Unsere Hommage an Stuttgarts vergessenen Fluss, am Donnerstag, 17. Juni, auf dem Neckar-Schiff "Wilhelma". Mit Los Santos (Stefan Hiss), Roland Baisch, Dacia Bridges, Michael Gaedt & Anja Binder und weiteren Piraten... INFOS & VORVERKAUF (siehe auch Depesche vom 27. April) KOMMENTARE SCHREIBEN im Lesersalon, ihr Tagediebe! Und weil meine heutige StN-Kolumne nicht online steht, erscheint sie pünktlich an dieser Stelle: SAFARI-TOUR Es war Christi Himmelfahrt und Vatertag. Am Morgen sah ich, wie die Wolken sich zusammenschoben. Der Himmel sah scheußlich aus. Es regnete Hunde und Katzen. Heute ist die Fahrt zu dir nicht gerade ein Vergnügen, sagte ich zu Gott, und Gott sagte: Blödmann, nimm die Himmelsleiter! Bingo, sagte ich, und stieg in die Linie 5. Die Stadtbahn vom Charlottenplatz zur Himmelsleiter braucht 19 Minuten. Das ist keine Ewigkeit, wenn sich Männer mit Perücken und Bierflaschen in den Bahnen zusammenrotten, um der Welt zu zeigen, dass sie Väter sind. Die Fahrt geht nach Norden. Feuerbach. Zuffenhausen. Die Endstation heißt Mönchfeld. Keiner weiß, wo die Welt aufhört. Wenn man aus der Stadt fährt, leuchtet die Welt pop-grün wie ein Fußballrasen. Man glaubt, die Natur sei explodiert im langen Mairegen. Meine Haltestelle heißt Himmelsleiter, ein Fleck in der Landschaft mit den Stadtteilen Freiberg und Zazenhausen, hoch über dem Neckartal. Man habe, heißt es im Buch „Stuttgarter Straßennamen“, die Himmelsleiter „scherzhaft“ so genannt, wegen des steilen Zugangs zum früheren Haltepunkt Zazenhausen. Das war 1933, und mancher hat sich eine Himmelsleiter gewünscht. Das Tor zur Hölle stand schon offen. Heute gibt es die Evangelische Kirchengemeinde Himmelsleiter. Haben die einen verdammten Dusel mit ihrem Namen. Ein verregneter Vatertag ist nicht der beste Tag, um das Ende der Stadt zu erforschen. Zum Glück bin ich kein Forscher. Ich bin Spaziergänger. Gegenüber der Haltestelle Himmelsleiter steht das Gebäude der Deutschen Rentenversicherung, davor eine Skulptur: Eine Gruppe Menschen, Jung und Alt, stemmt gemeinsam ein Fass. Es muss das Fass ohne Boden sein. Nahe der Haltestelle befinden sich die Adalbert-Stifter-Straße und der Max-Brod-Weg, der nördlichste Club der toten Dichter. In der Stifterstraße steht der Kaufpark Freiberg. 1969 gebaut, 2002 renoviert. Man kann den Kaufpark nicht einfach ein Einkaufszentrum nennen. Man betritt einen Welt-Markt aus Beton und Glas. Die Halle hat man mit Pappmaché-Tieren dekoriert, Papageien, Elefanten. Ein Tiger sitzt, von der Decke hängend, auf einem Tigerfellkissen. An der Decke auch ein Koffer und ein Safari-Hut. Man schaut sich Hut und Koffer eine Weile an und träumt sich aus der Vorstadt-Zivilisation hinaus in den Dschungel. Irgendwo ist es immer besser. Im Kaufpark gibt es mehrere Kneipen. In der Pils-Bar hängt ein Bild der Akropolis, davor spielen Männer Karten. Mir gefällt diese Vatertagsszene, ich würde sie gern festhalten und darunter schreiben: So wurde Griechenland verzockt. Nein, es waren nicht die Freiberger, auch nicht die Zazenhausener. Kann nicht sein. Im Kaufparkdschungel ist die Polizeistation untergebracht. Auch die Stadtteilbücherei mit dem Angebot, friedlich die Tageszeitung zu lesen und im Internet zu verreisen. Man findet alles im Kaufpark. Wäscherei, Schneiderei, Arzt, Kosmetikstudio, Apotheke, Metzger, Bäcker, Friseur, Post, Bank, Solarium. Es gäbe keinen Grund, den Kaufpark je wieder zu verlassen, hätte man erst einmal mit den Papageien, Elefanten, Tigern usw. Freundschaft geschlossen. Die Himmelsleiter führt in einen seltsamen, unwirklichen Kosmos. Was soll man sagen. Ich habe Stadtränder gesehen, da ist der nächste Kaufpark weiter weg als der Himmel. Da muss man auf Safari-Tour gehen, um eine Packung Aspirin, eine Banane oder eine Briefmarke aufzutreiben. Nach der Himmelsleiter-Tour schlage ich mich bis zur Endstation Mönchfeld durch. Gegenüber der Haltestelle spielt gerade der TSV Mühlhausen gegen den MTV Stuttgart. Mühlhausen liegt im Tal. Auf seinem Höhensportplatz siegt der TSV 3:2. Es war eine gute Idee, die Himmelsleiter zu nehmen, sage ich zu Gott. Fünf Tore in einem Spiel. Ich muss öfter verreisen. AMTLICHES DIE STN-KOLUMNEN Im LESERSALON sind noch Zimmer frei E-Mail- „Kontakt“ FRIENDLY FIRE: www.kessel.tv www.edition-tiamat.de (Hier gibt es mein aktuelles Buch "Schwaben, Schwafler Ehrenmänner - Spazieren und vor die Hunde gehen in Stuttgart") www.bittermann.edition-tiamat.de (mit der Fußball-Kolumne "Blutgrätsche") www.unsere-stadt.org |
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