Bauers DepeschenSamstag, 25. April 2009, 317. DepescheTERMIN: Flaneursalon im Fluss - am 25. Juni auf einem Neckar-Käpt'n-Schiff (siehe Depeschen vom 20. 4. und 23. 4. 2009 und "Termine"). Karten: T: 0711 / 2 555 555 oder www.easyticket.de. BETR.: LOLA, BERG Am Freitagabend ist „Wolke 9“ bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises mit Lolas ausgezeichnet worden: Ursaula Werner erhielt eine Trophäe als beste Schauspielerin, Andreas Dresen eine für die beste Regie. Produzent des Films ist der Stuttgarter Peter Rommel. Dazu habe ich eine kleine Geschichte parat, geschrieben im vergangenen September nach einem Besuch im Mineralbad Berg: PETER ROMMEL: FILM & FUSSBALL Wir sitzen auf der Verpflegungsgalerie des Mineralbads Berg, und der Dauergast Peter Rommel, 52, erzählt mir, wie es funktioniert, sein "eigenes Süppchen zu kochen". Es geht in seinem Leben immer darum, das eigene Ding zu machen. Vor wenigen Tagen hat er den als riskant eingestuften Film "Wolke 9" in die Kinos gebracht und am ersten Wochenende so hohe Besucherzahlen abgerufen, dass er von einer "mittleren Sensation" spricht. Herr Rommel, geborener Stuttgarter, geschäftlicher Wahl-Berliner, ist Filmproduzent. Vor der Tür des Bad Berg steht sein schwarzer Cadillac Fleetwood, Baujahr 86. Sein Autohändler hat ihm die Kiste billig überlassen, weil sie zuvor der Familie Bismarck gehörte und "nur der Name Rommel eine würdige Nachfolge garantiert". Peter Rommel ist mit dem Wüstenfuchs-Clan nicht blutsverwandt, nur als schwäbischer Eigenbrötler. Es wäre nicht falsch, dem Mann eine Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Karriere nachzusagen. Auch wenn er keine einzige besitzt, geht er mit Millionen um. Daneben ist er Seelenamerikaner, das hat mit seinem musikalischen Nerv zu tun, mit seiner Vorliebe für Songschreiber und Filmkomponisten wie Neil Young. Eine Art amerikanisches Sektierertum wiederum zeigt er als unbelehrbarer Fan des VfB. "Wolke 9", ein 1,2 Millionen Euro teures Kammerspiel, behandelt die Thematik Alterssex und Alterswürde und bricht damit angeblich ein Tabu. Dem Film zu Ehren deutet die "taz" auf ihrer Titelseite Barack Obamas Politslogan als Sex-Hymne: "Yes, we can!" Der Produzent selbst besitzt Steherqualität, seit er vor 30 Jahren für einen Verleih Filmdosen an Stuttgarter Kinos ausgefahren hat. So lange kennen wir uns. Er lernte zunächst Buchhändler, doch spätestens seit Martin Scorseses düsterem New-York-Film "Taxi Driver" war für ihn klar, irgendwann im Filmgeschäft zu landen. Eine andere Leidenschaft lebt er, seit in den Sechzigern beim VfB Sawitzki das Tor gehütet und der Franzose Gress seine Rockstarmähne geschüttelt hat. Es gibt diese schicksalhafte Verkettung von Fußball und Leben. Als er Anfang der Achtziger nach Berlin geht, sitzt Rommel zunächst an der Kasse des heute legendären Kinos am Steinplatz und versucht sich danach als Kleinverleiher. Er gerät an den Spielfilm "Kinder der Natur" von Fridrik Thor Fridriksson, und dieser Streifen, sagt er sich, muss einfach einschlagen: Der Filmemacher ist Freund und Landsmann des isländischen VfB-Regisseurs Asgeir Sigurvinsson. "Kinder der Natur" wird für einen Oscar nominiert und der Verleiher kohlemäßig so potent, dass er die Produktionsfirma Rommel Film gründet. Zwischendurch hat er, um finanziell zu überleben, in Stuttgart die Mitfahrzentrale West eröffnet. 1999 dreht er mit dem Regisseur Andreas Dresen den Episodenfilm "Nachtgestalten" - und geht fast pleite. Er hat sein Budget um 200 000 Mark überzogen. Dann wird der Film mit seinen eigenwilligen Geschichten über Mauerfall-Schicksale zur Berlinale eingeladen, und der Film startet durch. Seitdem verbindet Rommel mit dem Regisseur Dresen eine Männerfreundschaft - und die Kunst des Durchhaltens. Seit 15 Jahren behauptet er sich in dem Job als Geldauftreiber, bei Fördergremien und Fernsehsendern. Er arbeitet in einer Nische, fern des Haifischbeckens der Großproduzenten und des deutschen Star-Getues. Und er lebt in Berlin, weil es keine Arbeit gibt in der Heimat, wo der SWR seine Brühe in der Kulturdiaspora Baden-Baden kocht. Aber das ist eine andere Geschichte. Der Produzent Rommel ist überlebensfähig, solange ihm Erfolge wie "Nachtgestalten", "Sommer vorm Balkon" und jetzt der Medien-Coup "Wolke 9" gelingen. Ein Film über Alterssex, sage ich zum Abschied, könne einem Mann nur im Bad Berg, dem Hort der ewigen Todesverachtung, einfallen. Herr Rommel nickt und grinst. Womöglich haben ihm auch seine rituellen Besuche im A-Block des VfB auf die Sprünge geholfen. Das Leben, sagt uns "Wolke 9", ist eine Dauerkarte. Jedenfalls bis zur nächsten Saison. P. S.: Die Kickers haben heute 2:1 in Dresden gewonnen. Late Show für nichts. „Kontakt“ |
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