Liebe Freundinnen und Freunde des Flaneursalons,
in diesem Jahr steht eigentlich ein Jubiläum an: „25 Jahre Joe Bauers Flaneursalon“. Im Herbst 1998 hat meine erste Lesung mit buntem Bühnenprogramm stattgefunden, das war in einer Kneipe namens Siegle im Gustav-Siegle-Haus, in den Räumen, in denen heute der Bix Jazzclub ist. Damals ging es darum, meine erste kleine Kolumnensammlung in Buchform vorzustellen: „Stuttgart – My Cleverly Hills“. Zuvor schon hatte ich immer wieder Mixed-Show organisiert und arrangiert, etwa für das Alte Schützenhaus, ohne dabei selber in Erscheinung zu treten. Beim Theiss-Verlag, der mein erstes Büchlein auf eigene Initiative herausbrachte, war es seinerzeit üblich, den Autor in irgendeinem Kneipenzimmer vorlesen zu lassen, bei Schmalzbrot und Trollinger oder so ähnlich. Darauf hatte ich keine Lust.
Gedacht war der Abend im Sieglehaus als einmalige Sache, aber dann kam es halt anders. Bei der Buchvorstellung habe ich übrigens nur wenig selber vorgelesen, weil ich mich nicht traute. Der TV-Sprecher und Schauspieler Jo Jung übernahm das für mich. Musik machten u. a. Stefan Hiss, Michael Gaedt, Roland Baisch, Myriam Pleva mit Georg Dietl. Auch der Koch, Musiker und Autor Vincent Klink war dabei.
Wann genau ich der Namen Flaneursalon erstmals verwendet habe, weiß ich nicht mehr. Ich wollte mit ihm etwas Bewegung signalisieren, das kontrastreiche Zusammenspiel von vorgetragenen Texten und live gespielten Songs – und den Freunden des gehobenen Kalauers die Chance geben, ihre Schlagfertigkeit mit der Abwandlung des Namens in „Friseursalon“ zu beweisen. Das war irgendwann Anfang des Jahrtausends bei einem Aufritt in der Rosenau mit Los Gigantes (Stefan Hiss, Ralf Groher). Zuvor hatte es Abende mit dem Titel „Songs & Storys“ oder so ähnlich gegeben.
Das Zwanzigjährige haben wir 2018 im Gustav-Siegle-Haus gefeiert, mit 600 Besucher:innen im ausverkauften großen Saal. Der Berliner Kabarettist Arnulf Rating moderierte. Arnulf ist ein Freund, den ich in den großen Tagen der anarchischen Kabarett-Truppe Die 3 Tornados in den Achtzigern kennengelernt habe.
Was ich in diesem Jahr zum Jubiläum anstelle, weiß ich noch nicht (vielleicht gehen wir noch mal in den Stuttgarter Hafen). Nach der großen Benefiz-Show Die Nacht der Lieder im Theaterhaus – mit ihren unglückseligen Begleitumständen kurz vor Weihnachten – und einem Flaneursalon in der Rosenau hatte ich erst mal genug. Dann hat mich eine kräftige Grippe erwischt, die immer noch nicht ganz abgeklungen ist. Na ja, inzwischen habe ich immerhin wieder angefangen, in Büchern zu lesen, nachdem ich mangels Konzentration und Kondition tagelang nur rumgehangen und Fernsehen geglotzt hatte. Und wie man sieht: Ich tippe wieder.
Meine Kontext-Kolumne: Die Welt im Eimer
GERDA TARO
Unterdessen darf ich noch mal auf eine bevorstehende Veranstaltung am Mittwoch, 25. Januar, hinweisen: „Gerda Taro – Kickers-Fan und Kriegsfotografin“, ein Abend anlässlich des Erinnerungstags im deutschen Fußball zum Thema „Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus“. Zusammen mit der Taro-Biografin Irme Schaber und dem Kickers-Fanprojekt habe ich am Programm mitgewirkt. Es werden Texte vorgetragen, Dialoge geführt und viele Fotos gezeigt. Stefan Hiss wird spanische Lieder singen und spielen; die Jüdin Gerda Taro, in Stuttgart geboren und aufgewachsen, kam mit 26 Jahren bei ihrer Arbeit im Spanischen Bürgerkrieg ums Leben.
Als Ort haben wir ganz bewusst das Vereinsheim der Sportfreunde Stuttgart auf der Waldau, in der Nachbarschaft des Kickersplatzes, gewählt. Diese Kneipe bietet die Möglichkeit, die üblichen Blasen zu verlassen. Es ist notwendig, immer wieder neue Plätze für Veranstaltungen zu suchen, um neues Publikum zu finden und neue Begegnungsorte zu schaffen. Erinnert sei an die beiden Flaneursalons im vergangenen Sommer im Garten der Kneipe Ratze hoch über der Stadt und an die Blaue Show im Biergarten der Sportfreunde. Achtung: Beginn auf der Waldau ist um 19.30 Uhr, Einlass um 18.30 Uhr. Leider gibt es keine Möglichkeit zur Anmeldung.
WAS SOLL AN MEINER NASE BITTE JÜDISCH SEIN?
Am Dienstag, 31. Januar, liest der Schweizer Schriftsteller Thomas Meyer in der Schorndorfer Manufaktur aus seinem so aufklärerischen wie humorvollen Buch „Was soll an meiner Nase bitte jüdisch sein?“ Als ich gefragt wurde, ob ich den Abend moderieren könne, hatte ich das Buch schon gelesen – zufällig in einem Laden gesehen und aus Neugier mitgenommen. Antisemitismus ist ein kompliziertes, komplexes Thema, und ich maße mir in keinster Weise an, Fachmann dafür zu sein. Es geht darum, mich mit dem eigenen Verhalten im Alltagsrassismus/Antisemitismus auseinanderzusetzen. In der Manufaktur sind auch Gespräche mit dem Publikum vorgesehen. Karten und Infos:
Amos Oz schrieb in seinem kleinen Buch „Deutschland und Israel“: „Eine ungeheure Kluft tut sich auf zwischen der Situation, in der die Nachkommen der Mörder sind, und der, in der sich die Nachkommen der Ermordeten befinden. Auch wegen dieser Kluft hat es keinen Sinn, von einer Normalisierung zu sprechen. Man sollte besser über eine Intensivierung der Beziehungen sprechen, nicht von ihrer Normalisierung.“