WILLKOMMEN!
Zunächst zum Aktuellen: Ein wenig enttäuschend ist es schon, dass es so schwer ist, die kleine Rosenau für den Flaneursalon mit der Buchpremiere meiner neuen Kolumnensammlung Einstein am Stuttgartstrand zu füllen. Dachte, das ginge schneller und einfacher. Aber gut: Wir schaffen das. Es handelt sich übrigens um mein siebtes und garantiert letztes Stuttgart-Buch. Womöglich taugt es als kleines Weihnachtsgeschenk. Termin: Rosenau, Montag, 4. November, 20 Uhr. Hier gibt es noch Tickets
KUNDGEBUNG
Liebe Besucher:innen, unsere Oktober-Kundgebung „Wir müssen mehr tun! Gemeinsam gegen rechts – für eine bessere Demokratie“ ist ziemlich gut gelaufen. Als kleines Netzwerk-Team waren wir mit dem Ergebnis zufrieden. Nach meiner Schätzung waren es etwa 1000 Demonstrierende, und ich neige nicht dazu, Zahlen nach oben zu frisieren. Bei politischen Aktionen kommt es ohenhin nicht darauf an, wie viele kommen, sondern wie viele bereit sind, dabeizubleiben und etwas zu tun. Der Hype gegen rechts zum Jahresanfang, als Massendemos wie Pflicht-Events und Partys wahrgenommen wurden, ist längst vorbei. Selbst die erschreckenden Ergebnisse der jüngsten Landtagswahlen und der Rechtsrutsch innerhalb der demokratischen Parteien lassen die Leute inzwischen kalt. Vermutlich sagen sich die meisten: Wir haben unsere Schuldigkeit getan, wir waren im Januar mal bei einer Demo, zurück zur Tagesordnung. Zurück zum Privaten.
Medial waren wir gut vertreten: Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nachrichten haben ausführlich berichtet, SWR aktuell sendete am Samstagabend einen TV-Beitrag über unsere Kundgebung.
Wer am Samstag, 26. Oktober, auf dem Stuttgarter Schlossplatz war, hat vielleicht mitbekommen, dass wir nicht nur viel Wert auf die Inhalte, sondern auch auf die Form der Veranstaltung legen: Gute, richtig platzierte Musik wie vom Tanzorchester Urbanstraße (entstanden an der Musikhochschule) und von der Weltmusik-Sängerin Hajnal und ihrem Gitarristen Zura Dzagnidze bewiesen, wie wichtig künstlerische Beiträge für die Stimmung im Publikum sind. Hinzu kam der Auftritt des Satirikers Cornelius W. M. Oettle, um dem Humor zwischen den politischen Reden sein Recht zu geben. Alle Reden finden sich bereits auf unserer Webseite: Gemeinsam gegen rechts – für eine bessere Demokratie.
Nebenbei: Zu kurzem handgreiflichem Gerangel kam es innerhalb einer kleinen Gruppe, als einigen Leuten die Rede des Politikwissenschaftlers Dr. Ulrich Bauch von der Initiative Aufbruch zum Frieden nicht passte. Dabei hatten wir schon anfangs ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es bei unseren Kundgebungen möglich sein muss, auch Stimmen zu Wort kommen zu lassen, die nicht unbedingt der Meinung des gesamten Netzwerk-Teams entsprechen. Wir halten es jedenfalls für falsch, das Thema „Frieden“ allein den Populisten zu überlassen – die damit jede Menge Stimmen bei Wahlen holen. Aber die Verbohrtheit ist grenzenlos – und die Psyche von immer mehr Leuten außer Kontrolle.
Und so habe ich die Veranstaltung anmoderiert:
„Schönen guten Tag, liebe Mitstreiter:innen.
Großen Dank an euch alle, dass ihr da seid. Vor einem Jahr, im heftigen Oktober-Regen, haben wir uns hier auf dem Schlossplatz als kleines Netzwerk-Team erstmals vorgestellt unter dem Motto: Gemeinsam gegen rechts – für eine bessere Demokratie. Seitdem machen wir regelmäßig Bildungsveranstaltungen und Aktionen.
Die Forderung „Für eine bessere Demokratie“ war uns von Anfang an sehr wichtig: Es wäre zu bequem, uns nur auf die AfD zu konzentrieren. Gar zu glauben, solange der parlamentarische Arm der Faschisten nicht irgendwo mitregiert, können wir uns zurücklehnen. Die Floskel „Wir sind mehr“ ist mehr als trügerisch. Wir sind überall viel zu wenige. Auch die Massendemos, bei denen wir Anfang des Jahres aktiv mitgeholfen haben, waren nur ein begrenztes Zeichen.
Inzwischen ist die Bedrohung durch Rechtsextreme schlimmer geworden. Nicht nur bei uns, in der ganzen Welt. Die Forderung Für eine bessere Demokratie bedeutet: Wir müssen auch etwas gegen die herrschenden Verhältnisse tun. Zunehmende Ungerechtigkeiten wie etwa im Wohnungs- und Lohnbereich, Inflation und steigende Preise verunsichern immer mehr Menschen. Erschreckend ist die zunehmende Umverteilung von unten nach oben – statt umgekehrt. Eine oft irrationale Hoffnungslosigkeit macht sich breit, auch bei vielen, denen es noch gar nicht schlecht geht. Die aber von der von rechts geschürten Angst getrieben sind, angesichts der Krisen und Kriege alles zu verlieren. Und deshalb Verschwörungspropaganda auf den Leim gehen und glauben, ein autoritäres System wäre besser.
Dagegen müssen wir uns wehren, uns trefen wie heute und uns organisieren. Wir müssen mehr tun!
Eine Kundgebung wie heute ist ein Ort der Begegnung: Es geht nicht nur darum, Parolen zu rufen und eine bestimmte Meinung zu verbreiten. Im Gegenteil: Heute werden hier auf der Bühne mit Sicherheit auch politische Positionen vertreten, die ich zum Beispiel nicht teile. Na und? Wir müssen reden, wir brauchen den Dialog, wir müssen konstruktiv streiten. Und wir müssen uns trotz aller Kontroversen zusammentun. Raus aus der Blase! Scheuklappen ablegen! Nicht nur die Parteien sehen, sondern die einzelnen aufrechten Menschen in diesen Parteien.
Bevor ich an meine Moderationskollegin Maike Schollenberger von Verdi weitergebe, noch etwas zu der Initiative, die AfD zu verbieten. Bei aller Meinungsverschiedenheit über die Verhältnismäßigkeit der Mittel muss doch eins klar sein: Unsere Verfassung erlaubt es ausdrücklich, eine Partei zu verbieten, die demokratische Freiheiten angreift und vorhat, sie abzuschaffen. Goebbels hat den Nazis einst gelehrt, wie man die Demokratie mit ihren eigenen Mitteln zerstört. Und deshalb bitte ich zu bedenken: Es ist besser, die AfD zu verbieten, bevor sie uns verbietet.“
Unser Netzwerk-Team wird dranbleiben – und weiterhin Veranstaltungen organisieren. Die nächste findet am 5. Dezember im Stadtpalais statt. Demnächst mehr darüber.