Liebe Freundinnen und Freunde des Flaneursalons,
meine jüngste Kolumne ist noch nicht gänzlich abgestanden, hier geht’s zum Text: VERDAMMTE DES VERFALLS
Und dann heute noch einmal die amtliche Bekanntmachung: Mein Flaneursalon wird in diesem Jahr 25 Jahre alt, genaugenommen erst im Oktober. Mit dem Auftritt im vergangenen April im Bix Jazzclub im Gustav-Siegle-Haus habe ich an den Ort erinnert, an dem 1998 alles anfing, damals mit einem bunten Programm anlässlich der Vorstellung meines ersten Kolumnenbuchs, „Stuttgart – My Cleverly Hills“. 2018 hatte ich zum Zwanzigjährigen eine größere Sache im Sieglehaus gemacht, mit 600 Besucher:innen und reichlich Künstler:innen im ausverkauften großen Saal. Eine ähnliche Aktion werde ich mir in diesem Jahr nicht mehr antun, höchstens im kommenden November noch einen Jubiläums-Flaneursalon im Theaterhaus/T2. Ein Termin ist reserviert, ich bin mir aber noch nicht sicher, ob ich den Abend durchziehen soll – oder eher absagen. Wer mir dazu seine Meinung sagen will, kann das gern per Mail tun: flaneursalon@joebauer.de
Kleinere Shows sind mir inzwischen lieber: ein intimer Rahmen, der etwas Beweglichkeit zulässt. Ich denke, dass die Situation mit von oben nach unten abfallenden Sitzreihen nicht richtig zum Flaneursalon passt. Diese Bestuhlung stellt nicht die Art von Ort der Begegnung her, wie ich sie mir vorstelle. Deshalb kamen in der Vergangenheit beispielsweise Flaneursalons auf dem fahrenden Neckarschiff Wilhelma, am Flussufer im Stuttgarter Hafen oder wie zuletzt im Garten der Ausflugskneipe Ratze am Raichberg zustande.
Der Flaneursalon ist auch nach 25 Jahren eine kleine Unternehmung ohne Unternehmer, für mich ein Hobby mit professionellen Mitwirkenden. Im Grunde ist es mir nie gelungen, den Charakter der Lieder- und Geschichtenshow nach außen zu vermitteln. Leute, die nie da waren, können sich nichts vorstellen unter einem Flaneursalon.
Das Prinzip der Programme ist denkbar einfach, ich kann es nicht oft genug sagen: Es geht darum, Unterschiedliches auf die Bühne zu bringen – in einer Weise, die etwas Gemeinsames schafft. Live-Musik, vorgetragene Texte. Inhalte, Humor. Kurzum: abwechslungsreiche Unterhaltung mit kontrastreichen Elementen, nicht frei von politischen Botschaften. Das Ganze ist auch eine kleine Revue über Stuttgart, aber nicht nur: Meine Gastautoren und -kabarettisten kommen inzwischen nicht mehr aus unserer Gemeinde, und in meinen Spaziergänger-Kolumnen geht es ja um Zusammenhänge – und darum, im Kleinen das Große zu entdecken. Oder umgekehrt. Big world, Arsch der Welt.
Meine ursprüngliche Absicht war es mal, Zeitungstexte auf kleiner Bühne lebendig werden zu lassen. Papier sollte nicht nur rascheln, sondern guten Sound erzeugen. Na ja. Es war einmal.
Im Übrigen bieten wir für vergleichsweise günstiges Eintrittsgeld nicht wenig, jedenfalls mehr, als man in Kleinkunstbühnen an üblichen Abenden zu sehen bekommt. Dass Teile des Publikums unsere Abende mit einer gewissen Wettbewerbsmentalität betrachten, liegt wohl am gesellschaftlich verankerten Denken: Einzelne Darbietungen werden miteinander verglichen und nach Privatgeschmack bewertet. Performanz! Der Blicks aufs Ganze verschwimmt. Dennoch scheint die Vielfalt des „Angebots“ etwas Lust zu machen, sonst würden ja nicht immer wieder Leute kommen. Regelmäßig tauchen relativ viele neue Gesichter auf: anscheinend ein Erfolg der Mundpropaganda. Aber, nicht vergessen: Es geht nur um ein paar Veranstaltungen im Jahr, eine sehr begrenzte Angelegenheit.
Nebeneffekt: Das Flaneursalon-Netzwerk hilft immer wieder bei politischen Aktionen. Auf der Basis des Flaneursalons entstand 2001 die Benefiz-Show Die Nacht der Lieder; in diesem Jahr findet sie zum 22. Mal statt – am 5. und 6. Dezember im Theaterhaus. Und ohne Flaneursalon wäre ich sicher nicht auf die Idee gekommen, vor dem ersten Corona-Lockdown im März 2020 die Künstlerinnen:soforthilfe Stuttgart zu gründen.
PS: Der Flaneursalon ist keine Satire-, Kabarett- oder Comedyshow. Über dieses Thema ist zuletzt wieder ein Geschrei ausgebrochen, dass es einem ganz schwindlig wird in der Humor-Diaspora Deutschland. Wegen ein paar TV-Shows werden ideologische Gräben ausgehoben, als ginge es um Schlachten in Tolstoi’schem Spannungsfeld zwischen Spezialoperation & Frieden. Und alles wird in einen Topf geworfen: völlig unterschiedliche Formate wie heute show, Die Anstalt oder Jan Böhmermanns ZDF Magazin Royale. Böse Zeichen eines Kulturkampfs, und die wenigstens merken, wer ihn befeuert: die Rechten.
GEGEN RECHTS
Aktion gegen rechts: Für Samstag, 8. Juli, plant die AfD eine Propagandaveranstaltung unter dem Titel „Bürger-Dialog“ in der Stadthalle Ditzingen. Die Ludwigsburger Initiative Bunt fürs Leben ruft zu einer Gegen-Demo auf. Näheres hier: KEIN PLATZ FÜR RECHTE HETZE.
RATZE-GARTEN
Der nächste Flaneursalon findet am Freitag, 18. August, im Ratze-Garten statt. Auf die Bühne gehen Loisach Marci, Oliver Maria Schmitt, Eva Leticia Padilla & Dany Labana Martínez und Katalyn Horvath & Freunde. Da kommt doch wieder einiges zusammen! Karten gibt es per Mail: ratzestr@gmail.com – und am Tresen im Wirtshaus Schlesinger. Und hier findet man den Weg zur Ratze