LIEBE SALON-GEMEINDE,
auch wenn ich mich wiederhole: Zurzeit ist es ziemlich schwierig, jenseits der großen Star-Events Publikum zu motivieren. Kleinere/mittlere Kulturveranstaltungen, bei denen hin und wieder ja auch ich beteiligt bin, haben es schwer. Noch ist nicht genau erforscht, warum Besucherinnen und Besucher ausbleiben. Klar ist: Es kommt einiges zusammen: Corona, der Krieg in der Ukraine und die finanziellen Bedrohungen angesichts der Energie- und Wirtschaftskrise, die psychische Belastung der Menschen. Viele haben keine Freude mehr daran, Veranstaltungen zu besuchen, ich schließe mich da nicht aus. Das heimische Sofa ist ein Magnet. Diese Entwicklung ist nicht nur ein großes finanzielles Problem für Künstler:innen und den ganzen Veranstaltungsbetrieb. Es gehen auch Orte der Begegnung verloren, ausgerechnet jetzt, da das menschliche Miteinander wichtig wäre – vor allem politisch. Es könnte sich einiges zusammenbrauen, Rechte & Co warten nur darauf. Nicht ohne Grund hat die Staatsoper Stuttgart gerade ihre Spielzeit mit einer „Konzert-Gala gegen das Verschwinden“ eröffnet, Titel: „Come Together“. Zurzeit riecht es eher nach Back to Biedermeier.
Eigentlich müsste es jetzt darum gehen, etwas gegen die Zerstrittenheit in linken/linksliberalen/fortschrittlichen Kreisen zu tun. Von einer Kultur der Solidarität aber sind wir weit entfernt. Zorn und Wut siegen über jede notwendige Vernunft, und die asozialen Medien schaffen für die Zersetzung beste Voraussetzungen.
> Kleiner Tipp: Immer montags um 17.30 Uhr machen junge Linke aus der Bündnisszene eine Kundgebung auf dem Stuttgarter Rotebühlplatz. Beginn 17.30 Uhr. Es geht um den Protest gegen Preisexplosionen und existenzielle Bedrohungen.
> Weiterhin bewerbe ich hartnäckig bevorstehende Veranstaltungen. Seit der Pandemie muss wesentlich mehr getan werden, um sie auch nur halbwegs zu füllen. Auch wenn es penetrant erscheint, es geht nicht anders: Trommeln, trommeln, trommeln. Und die Erfahrung lehrt: Wenn es mal gelingt, erleben wir ausgesprochen schöne Treffen mit dankbaren Menschen, die sich über das Zusammensein freuen. So einfach ist das. Deshalb bitte ich weiterhin um Unterstützung.
Ganz wichtig ist mir DIE 21. NACHT DER LIEDER am 20./21 Dezember im Theaterhaus. Zwanzig Jahre lang war diese Benefiz-Show ein sogenannter Selbstläufer. Seit Corona hat sich das zwar geändert, dennoch kamen wir im vergangenen Jahr – trotz verständlicher Raumreduzierung um 50 Prozent – so gut über die Runden, dass wir am Ende neben den Honoraren und Löhnen für gut 40 Beteiligte mehr als 30.000 Euro an unsere KÜNSTLERSOFORTHILFE weiterleiten konnten. Das war allerdings nur mit großzügigen Spenden und Zuschüssen möglich. Und da hatte ich reichlich Glück. Auch dieses Jahr versuche ich alles, was geht, damit am Ende Geld übrigbleibt – für die, die es dringend brauchen. Auch diesmal wollen wir die Kunst- und Kulturarbeit in der Region unterstützen.
Dann stehen zwei FLANEURSALON-Abende bevor. Einmal sind wir Jubiläums-Gäste beim 50. Geburtstag des Laboratoriums. Eigentlich ein Pflichttermin, nicht nur für die Methusalem-Abteilung aus den Tagen, als alles anfing. Aber auch für diese kleine Sache gibt’s viel zu tun. Ich habe eine schöne, bewährte Besetzung ganz nach Lab-Wunsch zusammengestellt, und das Eintrittsgeld ist vergleichsweise niedrig. Schon zuvor sind wir in Möhringen – u. a. mit Loisach Marci, einem Duo, das bereits auf Abschiedstour ist. Marcel Engler und Jens-Peter Abele haben das Ende ihrer Bühnenzusammenarbeit bekanntgegeben.
NACHTRAG: Es war einangenehmer, kurzweiliger Abend über die Entstehung von Geschichten: Heinrich Steinfest hat an diesem Montag im Stuttgarter Literaturhaus seinen neuen Roman „Der betrunkene Berg“ vorgestellt. Ich half als Moderator. Dank an 120 Besucher:innen – sehr schön in diesen Tagen. Wer keine Zeit hatte: Am 16. November sind wir beim Festival LesART der Esslinger Stadtbücherei.
DIE TERMINE
> Am Donnerstag, 20.Oktober, ist der Flaneursalon im Bürgerhaus Möhringen. Gäste: Eva Leticia Padilla, Loisach Marci und Timo Brunke. (Vorverkauf leider erst im Oktober)
> Am Samstag, 29. Oktober, tritt der Flaneursalon auf Einladung im Laboratorium auf – Stuttgarts ältester Live-Club feiert seinen 50. Geburtstag. Mit Katalin Horvath, Eva Leticia Padilla, Jess Jochimsen. Karten: KARTEN, INFOS: LABORATORIUM
> Am 20./21. Dezember gibt es Die 21. Nacht der Lieder, die große Benefiz-Show im Theaterhaus. Karten online: THEATERHAUS – und telefonisch: 0711/4020720
KÜNSTLER:INNENSOFORTHILFE STUTTGART
WIR SIND WIEDER AKTIV
Eigentlich hatten wir vor, die KÜNSTLER:INNENSOFORTHILFE STUTTGART nach mehr als zweieinhalb Jahren auslaufen zu lassen. Ab Juni mussten wir ohnehin eine Pause einlegen, weil Fragen des Finanzamts zu klären waren. Urlaub und Krankheit in der Behörde haben in dieser Angelegenheit etwas Zeit gekostet. Inzwischen aber ist alles erledigt, wir sind wieder aktiv – und aufgrund der explodierenden Energiepreise und des ausbleibenden Publikums wird die Kunst- und Kulturarbeit in vielen Bereichen schon jetzt mit neuen Problemen konfrontiert. Im Moment haben wir noch kleinere Reserven, um in der Not zu helfen. Sehr wahrscheinlich aber wird schon bald Heftiges auf die Kulturszene zukommen. Und wie schon in den harten Corona-Zeiten geht es erneut um Existenzen. Wir müssen also überlegen, ob wir noch was tun können. Bisher haben wir mehr als 1,5 Millionen Euro gesammelt und weitergeleitet. Allen Spender:innen großen Dank! Unsere Zwei-Mann-Aktion, die aufgrund der Pandemie noch vor dem ersten Lockdown im März 2020 ins Leben gerufen wurde, muss inhaltlich neu ausgerichtet werden. Außerdem bitten wir dringend um weitere Spenden.
Die ganze Sache war bisher nicht ganz stressfrei. Aus nicht wenigen Anfragen etwa war in der Vergangenheit deutlich herauszulesen, dass ihre Absender:innen außer einer E-Mail-Adresse nichts von unserer Arbeit und den Bedingungen wussten – und schon gar nichts über unser Motiv, Kulturarbeit als Teil einer demokratischen Lebensart zu verteidigen.
Bei Spenden und Anfragen bitte unsere Webseite beachten: KÜNSTLER*INNENSOFORTHILFE STUTTGART