Bauers Depeschen


Donnerstag, 11. März 2021, 2261. Depesche



 



Verlegt!

AKTION AN DIESEM FREITAG:

RETTET DAS METROPOL

An diesem Freitag (wetterbedingt verlegt vom Donnerstag) starten wir unsere vierte Metropol-Aktion: eine informative Kundgebung direkt am Gebäude. Ziel ist die Schaffung eines neuen Kulturorts für spartenübergreifende Kunst, an dem gute Filme in neuer Präsentationsform eine wichtige Rolle spielen. Das Kino der Zukunft mit interdisziplinärem Charakter nach der Pandemie. Entsprechend unser Programm: Musik machen Thabilé & Steve Bimamisa. Eric Gauthier präsentiert mit KollegInnen einen Tanz-Act. Es sprechen Giovanna Thiery, Willy Rollé, Goggo Gensch. Und aus aktuellem Anlass: Elisa Bienzle berichtet über die vom Aus bedrohte freie Szene rund um die Waggons an den Wagenhallen. Moderation: Joe Bauer. Beginn: 18 Uhr. Bitte Abstand und Masken.



UNSERE INITIATIVE zur Unterstützung der Kunst- und Kulturarbeit ist weiterhin TÄGLICH aktiv:

KÜNSTLER*INNENSOFORTHILFE STUTTGART



LIEBE GÄSTE,

meine jüngste Kontext-Kolumne heißt "Courage, Kunst, Verhängnis": Er kam mit nur einer Hand zur Welt, landete als Swing-Boy im KZ und wurde ein international erfolgreicher Maler. K. R. H. Sonderborg, der lange auch in Stuttgart lebte und lehrte, verliebte sich bei einem Knast-Besuch in die Fälscherin seiner eigenen Werke. Seit seinem Tod ist sein Nachlass verschwunden. An der Wiederentdeckung des Action-Painting-Künstlers wird gearbeitet. Und hier geht’s zum Text: COURAGE, KUNST, VERHÄNGNIS



REDE, Solidarität statt Hetze

In Filderstadt-Bonlanden hat sich gegen regelmäßigen "Querdenker"-Versammlungen ein breites Bündnis unter dem Motto "Solidarität statt Hetze" gebildet. Dort habe ich als Gastredner am Freitag, 5. März, diesen Text vorgetragen:



SCHÖNEN GUTEN ABEND AUF DEN FILDERN,

liebe Protest- und Aufklärungsgemeinde von Bonlanden, wenn ich jetzt sage, dass ich mich über diese Einladung nach Bonlanden sehe freue, dann ist das keine Floskel. Vielmehr wird mir damit ein Wunsch erfüllt: Seit Jahr und Tag empfehle ich allen, die politisch aktiv sind, nicht immer bloß auf die Stadt zu schauen. Zum Beispiel auf diesen Stuttgarter Kessel, der sich Großstadt nennt – und seine Dörflichkeit mit reichlich Gedöns kaschieren will.

Nach meinem Eindruck pflegen einige politische Kreisen, die sich für fortschrittlich halten, eine städtische Überheblichkeit. Im Grunde ist das die provinzielle Engstirnigkeit, seinen eigenen Stall für den Nabel der Welt zu halten. Wichtiger wäre die Einsicht, dass sich die große Welt immer in der kleinen spiegelt. Und dass wir die Pflicht haben, vor unserer eigenen Haustür das zu tun, was wir tun können.

Nennen wir diesen Haustüren-Horizont frei nach Marx die kleine Revolution, bei der es darum geht, zunächst einmal um Veränderungen im eigenen sozialen Umfeld zu kämpfen. Und auch die lokalen politischen Gefahren zu begreifen. Wer etwa ein wirkliches Mahnmal gegen Faschisten besuchen will, dem empfehle ich in Stuttgart nicht nur den Lern- und Gedenkort Hotel Silber, die ehemalige Gestapo-Zentrale. Sondern auch einen Besuch im Landtag, wo die Völkischen und Nazis von heute ihre Propaganda verbreiten. Dort lernen wir etwas über die Realität und unseren Alltag.

Politik wird nicht nur in den Zentren der Städte gemacht, sondern auch in den ländlichen Gegenden. Warum wohl hat der neue Stuttgarter CDU-Oberbürgermeister seine Wahl gewonnen, ohne in einem einzigen Innenstadtbezirk eine Mehrheit zu holen.

Wenn ich mir dieses Bündnis hier auf den Fildern anschaue, dann ist das eine beispielhafte Aktion zur Abwehr ausgeflippter Verschwörungs-Figuren und rechtsextremer Aufmärsche. Ich bezweifle, dass wir in Stuttgart zurzeit eine ähnlich breite Bewegung gegen Hass und Hetze auf die Beine stellen würden.

Unten in der Landeshauptstadt reden die, sich linksliberal nennen, gern von ihrer Urbanität. Global, vielfältig undsoweiter.

Urbanität bedeutet aber nicht, dass es in einer Stadt viele Bars gibt, in denen sehr viele Flaschen an der Theke stehen. Urbanes Leben erkennen wir, wenn sich unterschiedliche Menschen und Dinge am selben Ort begegnen und sich ergänzen. Und dadurch neue, internationale, emanzipatorisch geprägte Gemeinsamkeiten entstehen. Und damit die Solidarität, die wir dringend brauchen, gegen die rechten und rassistischen Machenschaften. Liebe Freundinnen und Freunde, für diese Solidarität engagiert ihr euch hier auf den Fildern. Dafür ganz großen Respekt. Und selbstverständlich gilt angesichts der Pandemie auch bei dieser Aktion das ungeschriebene Gesetz der Rücksichtsvollen:

Wir halten körperlich Abstand – und rücken in den Köpfen zusammen.

Die üble Verbindung der sogenannten Querdenker hat ja in Wahrheit nichts Anderes vor, als jede Art halbwegs demokratische Lebenskultur anzugreifen. Dagegen müssen wir erheblich mehr tun, als die Phrase „Wir sind mehr“ zu verbreiten. Wenn's drauf ankommt, sind wir nämlich gar nicht mehr. Und zwar deshalb nicht, weil viele, die das Motto „Wir sind mehr“ ausgeben, in der täglichen Praxis nichts tun. Also keinerlei antifaschistische und antirassistische Arbeit leisten. Es ist im Übrigen irreführend, auf den Stimmenanteil der AfD bei Wahlen zu starren: Diese Zahlen sagen rein gar nichts über den rechten Sumpf, über bewaffnete Terrorbanden – und auch nichts über die Stimmung in den eher abgelegenen Landstrichen der Republik. Albert Einstein hat gesagt: „Die Welt ist nicht gefährlich wegen denen, die Böses tun. Sonden wegen denen, die tatenlos dabei zusehen.“ Auch deshalb sind wir heute hier.

Und frei nach Bertolt Brecht haben euer Zorn und eure Wut praktische Folgen: Dieses Bündnis hier von Linken, SPD, Grüne, Gewerkschaften, Piraten, Fridays und antifaschistischen Initiativen ist genau das, was wir in diesen Zeiten brauchen. Damit zeigen wir den Schwurblern und Faschos, dass ihnen nirgendwo die Straße gehört. Dass sie keinen Platz finden, um ungestört ihren so absurden wie gefährlichen Aufstand gegen die demokratische Kultur zu führen. Und damit an dieser Stelle solidarische Grüße an alle, die heute Abend in Cannstatt gegen die Wahlveranstaltung der AfD im Kursaal protestieren.

Brandgefährlich sind die verschwörerische Verbindungen, weil uns die Geschichte und die Gegenwart lehren, dass rechtsextreme Organisationen keine Mehrheiten brauchen, um das gesellschaftliche Klima zu beeinflussen und zum Kippen zu bringen. Der Lügner Trump und sein nationalistischer Mob in den USA sind geistig sehr nahe bei den Völkischen und Nazis, weil die Strategien von Trumps Hintermännern sehr viel mit dem deutschem Faschismus des vorigen Jahrhunderts zu tun haben. Vor allem auch mit dem Antisemitismus, der seit jeher bei den Verschwörungsidelogen verankert ist.

Es hätte jetzt für mich nicht viel Sinn, ausgerechnet euch hier zu sagen, was von diesen sogenannten Querdenkern zu halten ist. Ihr wisst ja Bescheid. Man muss auch nicht hundertmal wiederholen, dass die Atombombe der Gesundheit schadet.

Den läppischen Namen „Querdenker“ hat der Unternehmer Ballweg nicht umsonst für seine Freak- und Horror-Show gewählt: Diese Begriff wird in neoliberalen Kreisen gern verwendet, weil er das solidarische Miteinander stören und den rigorosen Egoismus fördern soll. Nach dem Motto: Widersetzt euch mit euren Querulanten- und Sturköpfen der Gemeinschaft, definiert Freiheit als euer Privileg, nur noch das zu tun und zu lassen, was euch selber nützt. Diese Propaganda dient letztlich den Profiten derer, die diesen menschenverachtenden Ungeist den Leuten einimpfen.

Damit sind wir mitten in der Pandemie-Krise, die mal wieder auf dem Rücken der ohnehin Benachteiligten und Verletzbaren ausgetragen werden soll. Während mithilfe der Lufthansa-Politik der Regierung in vielen Bereichen der Wirtschaft ungebremst Gewinne gemacht werden – nicht selten trotz, sondern WEGEN Corona.

Gegen die Pandemie-Leugner auf die Straße zu gehen, heißt für uns ganz sicher nicht, das Staatsversagen in dieser Pandemie auszublenden. Selbstverständlich müssen wir aufklären und anprangern, welche tödlichen Fehler die herrschende Politik gemacht hat. Wie rücksichtslos, dilettantisch oder korrupt oft gehandelt wurde: bei den Schutzmaßnahmen, bei den Impfungen, bei den Schnelltests.

Den Rechtsextremen dagegen geht es bei ihrer Kooperation mit den Pandemie-Leugnern nicht darum, das Staatsversagen aufzudecken. Sie wollen unsere demokratische Lebensweise attackieren, um den Boden für ihre nationalistische Realpolitik zu bereiten. Das machen sie so seit hundert Jahren.

Seit einem Jahr betreibe ich mit Freunden die KünstlerInnensoforthilfe. Da geht es nicht nur um Benefiz. Ist eh nur ein Tropfen im Ozean. Uns es geht nicht allein um die existenzielle Not in der Kunst- und Kulturarbeit und im Veranstaltungsbetrieb. Wir wollen auch aufzeigen, wie seit jeher ein strategischer Kulturkampf von rechts geführt wird, um die künstlerischen Mittel zur Aufklärung und Bildung der Menschen auszuschalten. Ständig greifen die Völkischen unsere Kunst und Kultur an, nicht unbedingt mit Gewalt, aber mit parlamentarischen Mitteln. Schon deshalb müssen wir uns dagegen wehren, dass kulturelle Institutionen verschwinden. Dies käme den Antidemokraten und Rassisten zupass.

Was auf jeden Fall lebt in diesen Tagen, liebe Freundinnen und Freunde, ist die solidarische Protestkultur. Und da bleibt mir heute Abend nur noch zu sagen: Auf diesen Fildern wächst anscheinend ein Kraut, das die demokratischen Kräfte stärkt. In diesem Sinne: Lasst uns solidarisch bleiben – und dafür all das tun, was vor unserer Haustür möglich ist. Vielen Dank!











 

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