Bauers Depeschen


Samstag, 24. August 2019, 2125. Depesche



 



Hört die Signale!

Ein Lied zum Tag



Sonntag, 15. September, 2019 | Bix Jazzclub, 19 Uhr

EIN ABEND FÜR DACIA BRIDGES

IN MEMORY OF A GREAT ARTIST AND FRIEND

Am 1. August dieses Jahres verstarb Dacia Bridges völlig unerwartet mit 46 Jahren in Michigan/USA an den Folgen eines Hirnaneurysmas. Bis 2015 hat die großartige Sängerin, Musikerin und Songschreiberin viele Jahre in Stuttgart gelebt und gearbeitet. Freundinnen und Freunde von ihr gestalten für sie am 15. September, ihrem Geburtstag, einen Abend der Erinnerung und Würdigung im Bix. Mit Beiträgen ihr nahestehender KünstlerInnen, darunter Eva Leticia Padilla, Emma Southam, Shary Reeves, Butch Williams, die Stuttgarter Band mit Flo Dauner, Gabriel Holz u. a. Durch die Hommage führt Joe Bauer. Mit Spenden helfen wir Dacias kleiner Tochter. - Einlass 18 Uhr

Reservierungen zu 1 Euro sind möglich über diesen Klick: EIN ABEND FÜR DACIA





Neue StN-Kolumne:

ZICKZACKKURS

Neulich habe ich in Frankfurt am Main, wo es mir als Tourist besser gefällt als manchem Frankfurter, das Karikaturenmuseum besucht und mir als Wegzehrung ein Buch mit dem Titel „Das Alter in der Karikatur“ gekauft. Es gibt nichts Besseres als die Satire, um der Wahrheit ins Auge zu schauen, auch wenn die Wahrheit schon lange ein blaues Auge hat. In einer Zeichnung von Horst Pohl steht der Sensenmann im Kapuzenmantel vor einer recht rüstig wirkenden alten Frau mit Spazierstock. Die Frau sagt: „Tod? Hahaha! Was kann denn noch Schlimmeres kommen als das Alter?“

Ich werde diese Worte parat haben, wenn der Totenkopfring an meinem Finger Gestalt annimmt. Nur die Werbung stellt das Alter so dar, als könnten wir uns mit allerlei kosmetischem Humbug das Alter abschminken – und wären dann keine Greise, sondern „Golden Ager“: ergraute Konsumkreaturen, an denen sich die Anti-Aging­-Industrie eine goldene Nase verdient.

Bevor Sie jetzt denken, ich wolle einen Jammerbrief absetzen, weil in meinen Augen schon der Graue Star nistet, widme ich mich heute den Vorteilen meines goldenen Altsackdaseins. Das Plus des Rentners gegenüber dem Hamsterradler heißt Zeit. Ich kann mir den Luxus leisten, von meiner Ecke im südlichen Heusteigviertel zu Fuß den westlichen Hölderlinplatz anzusteuern, bloß um eine der letzten brauchbaren Poststellen der Stadt aufzusuchen (auch wenn es sich in Wahrheit um ein Schreibwarengeschäft mit integrierter Poststelle handelt).

Unterwegs schlage ich Zickzackkurse ein, um auf Dinge zu stoßen, die ich entweder nie gesehen oder aber aufgrund meiner gealterten Hirnspeicher vergessen habe. Die Kneipe in der Silberburgstraße mit schwäbischer Küche namens Zum Dortmunder, in der man neben den VfB-Spielen auch die der Borussia sehen kann, so dass wenigstens in dieser Nische unserer Stadt ein gewisses Niveau gewährleistet ist. Oder den Laden mit den Flügeln von Steinway & Sons, der als interkulturelle Brücke eine Fender­-Gitarre vom Typ Stratocaster im Schau­fenster stehen hat. Oder den Club Cohibar, getauft nach den Havanna-Zigarren der berühmten Marke Cohiba, die ich geraucht habe, bis ich beschloss, vielleicht doch noch ein gewisses Alter zu erreichen.

Der Spaziergang ist Trumpf und Triumph des Alten, solange sein Gehwerkzeug funktioniert. Er geht mit sich einher. Wenn er’s schafft, auch bis zum Meer. Musisch und philosophisch betrachtet, steht die Fußreise auch über dem Fahrradfahren oder dem E-Scooter-Posing, weil auch diese Fort­bewegungsarten oft nur dazu dienen, den Menschen so schnell wie möglich von A nach B zu bringen, damit er dem politischen SUV-Klima in unserer Profitmaximierungsmühle gerecht wird. Das Herumgehen dagegen bestimmt auf einzigartige Weise das Tempo des Wahrnehmens und Denkens. Du denkst mit fünf km/h.

Es ist zwar schon ein paar Tage her, dass der US-Schriftsteller und Sklavereigegner Henry David Thoreau seine Gedanken übers Spazierengehen aufschrieb, doch gelten sie nach wie vor: „Zuweilen denke ich dabei daran, dass die Handwerker und Ladenbesitzer nicht nur die Vormittage, sondern auch die Nachmittage in ihren Werkstätten und Läden verbringen, viele von ihnen auch noch mit gekreuzten Beinen – als wären Beine nicht zum Stehen und Gehen, sondern zum Sitzen gemacht –, und dann finde ich, diesen Menschen gebühre eine gewisse Anerkennung, weil sie ihrem Leben nicht schon längst ein Ende gemacht haben.“

Auf keinen Fall will ich mit diesem Zitat Handwerker und Ladenbesitzer beleidigen oder zu einem verfrühten Abgang animieren, sondern lediglich auf die Bedeutung des Zufußgehens hinweisen. Bei uns wird der gemäßigte Schritt immer nur dann beachtet, wenn sich Reklamedichter bei der Propaganda für Shoppingmalls auf unsinnigste Weise an den Flaneur erinnern. Dann schreit auch der Herr Stadtrat nach „Flaniermeilen“. Vor den Breuninger-Bauten standen schon mal Liegestühle mit der Aufschrift „Platz für Flaneure“. Da setzt es den Herumgeher auf den Arsch.

Anscheinend muss man heute die irrsten Methoden erfinden, um Menschen in Bewegung zu setzen. Ein Karlsruher Sportstudent will jetzt eine App entwickeln, die Kommunen anregen soll, Leute mit Punkten dafür zu belohnen, „wenn sie sich im Alltag körperlich bewegen (Laufen, Treppen steigen etc.)“. Diese Punkte könnten dann „für Prämien eingetauscht werden, Eintritte ins Schwimmbad oder Mitgliedschaft im Sportverein“.

Vor allem letztere Aussicht versetzt mich in Angst und Schrecken: Steige ich weiter täglich die vier Stockwerke zu meiner Wohnung rauf und runter und spaziere vom Mozart- zum Hölderlinplatz, um mir die richtigen Briefmarken für die umfängliche Post an meine Krankenversicherung zu besorgen, mache ich womöglich so viele Punkte, dass ich mich im Kreislauf des Lebens plötzlich als VfB-Mitglied wiederfinde. Die Höchststrafe. Dennoch werde ich meine Briefe auch künftig nicht auf dem schnellsten Weg bei der Versicherung abliefern, nur weil sie zufällig in meiner Nachbarschaft residiert. Lieber nehme ich mitten auf der nächstbesten Autobahn die Beine in die Hand, damit mir im Alter nichts Schlimmeres droht als der Tod.



 

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