Bauers Depeschen


Mittwoch, 18. Juni 2014, 1304. Depesche



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Adios, compañeros.

Der Fußball wird wieder preußisch.



BEITRÄGE schreiben im LESERSALON



FLANEURSALON

MIT UTA KÖBERNICK

Unsere nächste Lieder- und Geschichtenshow findet am Montag, 13. Oktober, im Theaterhaus statt. Als besonderen Gast begrüßen wir die Kabarettistin und Liedemacherin UTA KÖBERNICK. Die in der Schweiz lebende Künstlerin übernimmt eine Rolle, in der man sie bisher nicht kennt: Sie führt als Entertainerin durch den Flaneursalon-Abend. Musik machen der Sänger/Songschreiber Zam Helga, seine Tochter Ella Estrella Tischa sowie der Rapper Toba Borke und der Beatboxer Pheel. Der Vorverkauf hat bereits begonnen. Karten gibt es ONLINE und unter der Telefonnummer 07 11 / 4020 720.



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LIED DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne ("Joe Bauer in der Stadt"):



GEMEIN UND HÄSSLICH

Wenn du wissen willst, wie die Welt sich dreht, gehst du nach Botnang. Von meinem Heimathafen aus sind es nur ein paar ­Stationen mit der Straßenbahn. Zu Wasser lässt sich die Stadt ja leider nicht erschließen. Im Botnanger ­Buberlesbach könntest du dich nicht einmal ersäufen.

Ich musste raus aus dem Kessel-Inneren. Die meisten Leute sind nicht im Fußballrausch. Sie fiebern im nationalen Partywahn. Dafür ist jeder Anlass recht, und auf Geheiß ihrer Reklamefritzen johlen und merkeln die Politiker-Populisten erregt mit (wie der OB in der Kneipe Schlesinger).

Als man in Botnang einige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg mit dem organisierten Fußballspielen begann, leisteten die Turner im Flecken heftigen Widerstand gegen die „ausländische“ Sportart. Seit der Jahrhundert­wende rollte das Leder (oder etwas Ähnliches). 1907 durfte der Fußball­klub Germania sogar eine Wiese als Sportplatz mieten, nachdem man ihm kurz zuvor ­mitgeteilt hatte, Wäschetrocknen sei ­wichtiger als Kicken.

Über die ­modernen Wettkampfspiele mit dem Ball ereiferten sich vor allem die Deutschnationalen. Der Stuttgarter Turnlehrer Karl Planck schrieb, er erlaube „sich nicht nur, diese Errungenschaften englischen Aftersports, sondern auch das Fußballspiel selbst nicht nur gemein, sondern auch hässlich, lächerlich und widernatürlich zu finden“. Der Ton erinnert an die Pamphlete „besorgter Eltern“, die hundert Jahre später mit Unterstützung von AfD, CDU und ähnlich gottesfürchtigen Kreisen gegen liberalen Sexualunterricht an den Schulen Sturm laufen.

Das Fußballspiel in und rund um Stuttgart ließ sich nicht aufhalten. Im Gegenteil, es erreichte ungeahnte Ausmaße. Schon sieben Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg gingen die Stuttgarter ­Kickers auf Amerika-Tournee (wovon es heute eine Postkarte mit Mannschaftsfoto gibt). Es muss diese ­Kickers-Reise gewesen sein, die im Land von Football und Baseball dem Soccer zum großen Durchbruch verhalf. Kein Zufall also, dass heute der frühere Kickers-Spieler Jürgen Klinsmann das US-Team trainiert.

In der Heimat wird die Berufung des berühmten Fußballers vom Buberlesbach zum Nationaltrainer der Vereinigten Staaten von Amerika mit gewohnt schwäbischem Understatement gesehen. An der elterlichen Bäckerei und Konditorei Klinsmann in der ­Eltinger Straße zu Botnang, gegenüber vom auf unbestimmte Zeit geschlossenen Wirtshaus Rössle, flatterte am Morgen nach dem WM-Sieg der Amerikaner gegen Ghana nur die deutsche Flagge im Juniwind. Das fand ich insofern schade, als die US-Jungs beim 2:1 über die Afrikaner in fast allen Belangen das Niveau der Stuttgarter Kickers erreichten. Fast unsichtbar hingen die Stars and Stripes neben vielen anderen WM-Fähnchen über der ­Ladentheke. „Weil ich für Deutschland bin“, sagte die Bäckerin, als ich fragte und einen Hefezopf kaufte.

Womöglich haben es ausländische Ballsportfreunde immer noch etwas schwer in Botnang. Im Dorf, das heute ein Stadtteil ist, erzählt man sich die Geschichte, wie ein osteuropäisches Fernsehteam in den Laden kam und wissen wollte, ob Jürgen Klinsmanns Mutter im Haus sei. Einen Moment bitte, sagte die Dame hinter der Theke, sie müsse kurz schauen. Zurück im Laden, sagte sie: Nein, tue ihr leid, Frau Klinsmann sei heute nicht da. Als das TV-Team enttäuscht ­gegangen war, brüllte die Kundschaft vor Lachen. Mutter Klinsmann hatte sich selbst gesucht und nicht gefunden.

Ich wüsste wenig über die Vergangenheit von Stuttgarts westlichstem Stadtteil, hätte ich nicht im Botnanger Buchladen den bebilderten Geschichtsband „Aufwiegler, Rebellen, saubere Buben“ über den „Alltag in Botnang“ gefunden. In der ersten, vor zwanzig Jahren erschienenen Auflage schreibt Paul Sauer: „Botnang gehört zu den schönsten und beliebtesten Stadtbezirken Stuttgarts.“ Stattliche Häuser, schmucke Straßen und gepflegte Gärten zeugten vom „Wohlstand seiner ­Bürger“ in diesem von einer „herrlichen Waldlandschaft eingebetteten Ort“. Wahr ist auch, dass viele Botnanger sich einst vom Acker- und Weinbau ernährten, für miese Löhne beim Leinwand­bleichen und in der Wäscherei für die württembergische Hauptstadt schufteten und unter großer Armut litten. Sozialdemokraten und Kommunisten waren in der Mehrheit, bis die Nazis kamen. Bei den Kommunalwahlen vor drei Wochen wählte Botnang über­wiegend konservativ. Auch der fortschrittliche Fußball hat sich am Burlesbach nie mehr entscheidend durch­gesetzt. Der ­Hefezopf schmeckt recht gut.



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