Bauers Depeschen


Freitag, 07. Februar 2014, 1242. Depesche




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FLANEURSALON am Mittwoch, 19. Februar, in der ROSENAU. Mit Zam Helga & Tochter Ella Estrella Tischa, mit Roland Baisch & Sohn Sam, Toba Borke & Pheel. Beginn: 20 Uhr. Karten übers Internet oder via Telefon: 01805/700 733.



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Die aktuelle StN-Kolumne:



BEIN GEBROCHEN

"Die Anstalt" ist eine Kabarett-Show der öffentlich-rechtlichen Sende­anstalt ZDF und trotzdem aufklärerisch, politisch, böse, lustig. Ein Flachbildschirm-Provinzler wie ich, der die meiste Zeit in einer kesselgerecht geschlossenen Anstalt namens Stuttgart herumirrt, hofft bei ­solchen ereignisreichen Sendungen stets auf eine Ehrenbezeugung: eine Erwähnung seiner geliebten Landsmannschaft.

Schon bei der TV-Premiere der neuen „Anstalt“-Leiter Max Uthoff und Claus von Wagner diese Woche kam ich voll auf meine Kosten. Wir sind wieder wer. Die Baden-Württemberger werden gewürdigt als Leute mit der Angst im Nacken, die staatlichen Schulen, also die pädagogische Vorstufe des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, könnten ihre Kinder zu Schwulen „umerziehen“ – falls die armen Kleinen nicht schon von Geburt an mit unheilbaren Lesben- und Transen-Genen gestraft sind.

Wir Südstaatler liefern wieder prima Stoff, um wie gewohnt in der stockkonservativen Ecke zu stehen, in einer politischen Heimat, der wir traditionell zu Unrecht zugeordnet werden. Unsere unzähligen schwäbischen und badischen Rebellen, die seit dem Mittelalter für einen besseren, für einen fortschrittlichen Ruf unseres Landstrichs kämpfen, konnten und können ­daran leider wenig ändern. Die Politik hat unsere wahren Helden verdrängt, vergessen, verleugnet. Ich könnte jetzt beim Armen Konrad im Remstal anfangen und bei Stuttgart 21 im Kessel noch lange nicht aufhören, damit die rote Linie unserer tapferen Frauen und Männer in der Geschichte der Aufmüpfigen sichtbar wird.

Was gibt es da für brave Leute. Von Jerg Ratgeb über Clara Zetkin bis zu Gangolf Stocker und seine Enkel. Alle hatten oder haben mit der Willkür der obrigkeits­hörigen Juristen zu tun, auch wenn man sie nicht gleich alle mit Seilen an vier Gäule band und etwas unkommod in Stücke riss. Auf diese Art haben die Henker den Maler und Bauernkanzler Jerg Ratgeb 1525 (oder 1526) ins Jenseits befördert, aus­gerechnet in Pforzheim, jener berüchtigten Stadt des Goldes, von wo aus wenige Jahrhunderte später ein Outlaw namens Stefan Mappus seinen Siegeszug gegen die deutsche Justiz antrat. Auch ­Mappus war ja vorübergehend eine Art Bauernkanzler, wie uns der un­verwechselbare Stallgeruch seines politischen Milieus beweist.

Das politische Kabarett, das bis heute gepflegt wird, ist nach den Kriterien des Humorhandwerks weniger komisch als erhellend. Es kann seinem ohnehin gut ­informierten Publikum keine großen Über­raschungen bieten, dafür aber die Dinge zuspitzen, bis auch der Letzte begreift, dass man den Humor nicht allein zum Lachen erfunden hat. Nicht die Sonne, die Satire bringt es an den Tag. Und sei es die Moral von der Geschichte, wie der Herr Oberbürgermeister Kuhn gerade für das herunter­gekommene Leonhardsviertel einen „Masterplan“ ankündigt. Frei übersetzt bedeutet Masterplan in diesem Fall: Den Seinen gab’s der Herr im Beischlaf.

Zur nächsten Nummer. Wenn die Justiz in Stuttgart (wie geschehen) eine S-21-Gegnerin verurteilt, weil sie mit Kreidekreuzen Bäume im verschandelten Rosensteinpark gekennzeichnet hat, ist das ein Fall fürs Kabarett: kein bisschen zum ­Lachen, aber absurd, wahr, schmerzhaft. In diesem Park nämlich werden Bäume gefällt. Man muss solche ­Vorgänge auf die Bühne bringen, um ihren Irrsinn besser zu verstehen. In der Realität gehen solche Tollheiten eher unter. Hätte die mutige Frau ihre Friedhofskreuze in Parks hinter­lassen, wo keine Bäume gefällt werden, wäre die Justiz-Seilschaft womöglich auf die Idee gekommen, sie zur besseren Sicht auf ihre demokratischen Rechte an einen bleibenden Ast zu hängen.

Das Kabarett ist mehr als hundert Jahre alt, und so lange wird es auch schon tot­gesagt. Es hat Zeiten überlebt, da Komiker tagtäglich Gefahr liefen, sich einen Ast zu lachen. Heute werden leider die Begriffe Kabarett und Cabaret für dieselbe Sache verwendet, obwohl sie der große, einst auch in Stuttgart wirkende Kabarettist Werner Finck für alle Zeiten definiert hat: Cabaret wie Callgirl, Kabarett wie Kassandra.

Aufgrund des Comedy-Booms in Deutschland leben wir seit Jahrzehnten mit regelrechten Lachzwangneurosen. So­genannte Comedians überschlagen sich buchstäblich, um mit der Massenproduktion von Lachern ihre Kohle zu verdienen. Neulich entdeckte ich bei der Freiburger Kulturbörse, einer Messe für die Klein­kunst-­Industrie, am Stand eines ostdeutschen Komiker-Ensembles diesen Schriftzug: „Politisch-satirisches Kabarett“. Diese Beschreibung entspricht in etwa der Produktwerbung: „Musikalische Oper mit ­Gesang“. So viel zum humoristischen ­Bewusstsein in gewissen Brettl-Ecken.

Die PR-Schwüre, dem Publikum pausenlos Lacher zu liefern, wo es doch vielleicht auch mal weinen möchte, werden immer dümmer. Ich erlebte einen Moderator, wie er einen Komiker ankündigte: „Ich habe mir beim Schenkelklopfen das Bein gebrochen.“ Ach, wäre es doch der Hals gewesen.

Damit zurück zum Ernst des Lebens. Man muss keine Kassandra sein, um die Freude der Callgirls in der Altstadt vorherzusagen: Wenigstens der Masterplan steht.



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