Bauers Depeschen


Montag, 27. Mai 2013, 1113. Depesche



 



LIEBE GÄSTE,

erwartungsgemäß hat sich der Vorverkauf für das 2. Hafen-Picknick des Flaneursalons am Samstag, 6. Juli, am Neckarufer Stuttgart-typisch im unterirdischen Bereich eingependelt. Alle Appelle auf dieser Homepage waren bisher für die Katz. Viel aufmerksamer und aktiver sind meine Netz-Besucher, wenn es darum geht, mich für Gratis-Leistungen aller Art einzuspannen: Lesungen, Reden, Aufrufe. Geiz ist geil. Und solidarische Unterstützung ein Fremdwort - zumindest für neunzig Prozent der Depeschen-Kundschaft. Sei's drum. Ich werde die Sache trotzdem noch einmal durchziehen.



ALLES AUF EINEN BLICK:



Samstag, 6. Juli 2013

Joe Bauers Flaneursalon am Fluss:

DAS HAFEN-PICKNICK

Große Samstagsshow am wilden Neckarufer mit:



Yasmine Tourist - die beste Band der Welt

Dacia Bridges - die Balladen-Königin

Roland Baisch - der Entertainer

Georg Dietl (p), Ekkehard Rössle (sax)

& Sara Wohlhüter (voc) - Lieder von Hugo Wolf, Hanns Eisler

Rahmenlos & Frei - der Chor der Vesperkirche

Toba Borke & Pheel - Rapper & Beatboxer

Joe Bauer - der Levitenleser



Picknick-Gelände mit Grill geöffnet ab 16 Uhr

Showbeginn: 18.45 Uhr

Neckarhafen, 70327 Stuttgart

Stahlbau Heil, Mittelkai 12 - 16

Anfahrt über B 10, Ausfahrt Hedelfingen

ANFAHRT ZUM HAFEN-GELÄNDE

VORVERKAUF MUSIC CIRCUS – Kartentelefon: 07 11 / 22 11 05

° Unser Hafen-Gelände ist überdacht °



DAS LIED DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne:



REGEN

Das Wetter dieser Saison stört mich nicht mehr, seit ich das Dunkle des Lebens für das Helle halte, damit ich mehr Licht habe. Für die Tage in den Feuchtgebieten habe ich mir einen Text zurechtgemacht, ich falte daraus ein Papierhütchen und werfe es in die Luft:

Der Regen tropft von meinem Stetson. Der Hut riecht ungewaschen, vermischt sich mit dem Imbissbudengeruch der Straße. Manchmal scheint es, als regnete es vier Jahreszeiten lang, bis sich keiner mehr daran erinnern kann, wie alles angefangen hat. Außer Dalida. Sie sülzt im Himmel: „Am Tag, als der Regen kam / Lang ersehnt, heiß erfleht / Da erblühten die Bäume / Da erwachten die Träume / Da kamst du . . .“ Die Menschen haben eine Wut auf den Regen, womöglich erleben sie den Regen der Rache, in Gang gesetzt von der Natur. Der Regen. Was hat er uns getan? Als hätten wir nie davon gehört, wie die Dinge laufen: Der Mensch plumpst feucht ins Leben, und wenn er groß ist und sein Herz auf dem rechten Fleck schlägt, tanzt er wie Gene Kelly im Regen von Paris und taucht unter wie eine reife Dame im Bad Berg.

Es ist mir eine Ehre, den Wolken meine Krempe zu bieten, und ich hoffe, die Wolken sind mir nicht böse, wenn ihre Perlen auch mal auf meiner Glatze landen. Eine Wolke, habe ich gelesen, muss sich zehnmal neu bilden, bevor sie einen Tropfen Regen ­spendet. Würden sich die Menschen halb so oft neu bilden, bevor der Speichel fließt, würde es weniger Grobzeug hageln.

Die Straßenkneipen und Gartenwirtschaften sind leer, ihre Stühle und Bänke nutzlos angekettet, die Open-Air-Saison fällt flach. Aus Solidarität mit den Wirten sollten wir ihre Gasträume im ­Innern auf­suchen, die Nacht zum Tage ­machen und den Regen zu Wein. „Ich bin schrecklich glücklich, dass es regnet“, singt der Komiker Jim Varney in der Filmkomödie „Chaos im Camp“, und Prince gibt uns seinen ­Segen: „Purple Rain“.

Der Regen trommelt in unzähligen­ Liedern. Vermutlich hätte die deutsche Musik bis heute keinen guten Rock’n’Roll-Song hervorgebracht, wäre Drafi Deutscher nicht in einer gut bewässerten Bar zwischen ­Marmor, Stein und Eisen die Erleuchtung gekommen: „Weine nicht, wenn der Regen fällt . . . Dam Dam! Dam Dam!“

Und wenn am Morgen der Regen die ­Straßen des Talkessels flutet, bevor sich das Wasser friedlich in des bösen Nachbarn Keller sammelt, höre ich von Ferne das ­wunderbare Lied der Fantastischen Vier: „Ein Tag am Meer“. Ohne Regen wären wir gar nicht da. Der Regen steht für Fruchtbarkeit. Geschieht gegen alle Regeln mal ein „Mord im Regen“, wie bei Raymond Chandler, dann dämpft das Nass die Schüsse und die Schreie. Ich stehe am Fenster, wo sich hinter den Schlieren der Vorhang öffnet: Im Garten vor dem Haus radelt Paul Newman im Kreis. Katharine Ross, eben erst Robert Redfords Bett entstiegen, reitet auf seinem Velo-Lenker, und aus den Wolken über dem Westen singt B. J. Thomas die schönste Dusch­kopf-Lyrik aller Zeiten: „Rain Drops Keep ­Falling On My Head“.

Kaum ist diese für die Ewigkeit gedrehte Szene aus „Butch Cassidy und Sundance Kid“ zu Ende, gehe ich ans Plattenregal, und Jimi Hendrix flüstert wie der Sommerwind: „Rainy day, dream away / Ah, let the sun take a holiday . . .“ Ah, schick die Sonne in die Ferien. Das ist gut.

Auf dem Hauptbahnhof suchen die Reisenden neuerdings unter dem Schutz ihrer Regenschirme und Kapuzen Gleise und Züge. Stuttgart 21 trifft sie wie ein nasser Sack. Den anderen Kontakthöfen, dem näher rückenden Fischmarkt auf dem Karlsplatz, fehlte jede erotische Kraft, triebe die Angst vor dem Starkregen die Menschen nicht ineinander wie feuchte Schafe. Starkregen, lese ich im Lexikon, verursacht ein „plötzliches Anschwellen“ (der Flüsse) und führt zu „Erosionen“ (des Bodens).

Nur so erklärt sich Mörikes unheilvolle Sehnsucht bei schlechtem Wetter. Wohl unter starkem Tiefdruck hat er die erste Strophe seines Gedichts „Der Jäger“ zu Papier gebracht: „Drei Tage Regen fort und fort / Kein Sonnenschein zur Stunde / Drei Tage lang kein gutes Wort / Aus meiner Liebsten Munde!“

Da glaubt man gar, barfuß im Regen die Beatles zu verstehen: „Wenn der Regen kommt, ziehen sie ihre Köpfe ein, genauso gut könnten sie tot sein“, singt John Lennon in „Rain“. Tot bin ich nicht, solange ich spüre, wie der Regen den Rücken hinab in die Hose und in die Kimme fließt. Die Stiefel weiter unten halten etwas aus, ich lausche dem Rocker John Fogerty, wie er die ­wichtigste aller Fragen stellt: „Who’ll Stop The Rain“?

Keiner weiß, wer den großen Wasser­werfer stoppt. Es pisst bedrohlich in der Stadt. Ich schütze mich vor den Regen­güssen unter freiem Himmel im seiden­weichen Sprudelwasser vom Bad Berg. Der Neckar kocht vor Wut über die Kälte, und am Ufer spuckt ein Pirat triumphierend gegen den Wind. Am Körper trägt er ein Meerjungfrau-Tattoo, sonst nichts.



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