Bauers Depeschen


Donnerstag, 03. Mai 2012, 902. Depesche



NACHTRAG

Stuttgarter Kickers - FC Memmingen 1:0

5400 Zuschauer



FLANEURSALON: LETZTE LADUNG

Es gibt noch Karten für den Flaneursalon am Mittwoch, 9. Mai, in der Friedenau, im schönen Wirtshaussaal von Stuttgart-Ostheim. Mit Stefan Hiss, Roland Baisch, Anja Binder & Jens-Peter Abele. Beginn 20 Uhr. Einlass 18.30 Uhr. Reservierungen: 07 11 / 2 62 69 24.



SOUNDTRACK DES TAGES



NOTIZEN, S 21

Empfehlenswert heute wieder ein Blick auf RAILOMOTIVE und die Sache Ingenhoven. - Wie neulich mal angedeutet, durchforste ich gerade mein Archiv, um ein paar Dutzend Texte für ein neues Büchlein zusammenzustellen. Ist schon interessant, mit welch dummen Stuttgart-Klischees die Journaille im Fall S21 operierte und wie sich die Dinge entwickelt haben. Hier eine StN-Kolumne von 2010, erschienen fünf Wochen vor dem Schwarzen Donnerstag, dem Angriff der Polizei auf Demonstranten am 30. 9. im inzwischen abgeholzten Park:



LANGWEILIG WIE HANNOVER

Am Sonntag, als es schwül war und feucht, ging ich zur Tankstelle und kaufte wie gewohnt die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS). Auf der Titelseite stand eine Meldung über Stuttgart 21 mit dem Hinweis auf drei weitere Beiträge zum Thema im Blattinneren. Den ersten fand ich im Politikteil. Schlagzeile: "Langweilig ist es in Stuttgart nicht mehr".

Das ist wahr. Keine Stunde zuvor hatte ich auf dem Kickersplatz fast durchgedreht. Es stand 1:1, als ich kurz vor Abpfiff die Stehtribüne verließ. So gut wie weg, schaute ich ein letztes Mal zurück. Da schoss Gondorf gegen Großaspach das 2:1!

Stuttgart, schreibt die "FAS", werde in Deutschland "normalerweise in einem Atemzug mit angeblich langweiligen Städten wie Wiesbaden, Mainz und Hannover genannt". Das war nicht immer so: 2008 hatte die "FAS" eine selbst in Auftrag gegebene Städtestudie veröffentlicht. Man wollte wissen, wohin es kreative Menschen zieht. Ergebnis: Stuttgart lag in der Tabelle der attraktivsten deutschen Großstädte hinter München und vor Hamburg und Frankfurt auf Platz zwei.

Bei einem ergänzenden "Selbstversuch" im "Nachtleben" blickte eine lebenserfahrene "FAS"-Reporterin lange auf Navi und Kalender und notierte: "Wir haben die Langeweile in Stuttgart nicht gefunden - nicht einmal donnerstags." (Mittwochs, Lady, hätte ich dir den Rest gegeben.)

Im Nachtleben-Ranking landeten wir denn auch ganz vorn, gleich neben der Reeperbahn. (Fast hätte ich damals meinen Flachmann im Porsche-Design verkauft.)

Die Karikatur zum eingangs erwähnten S-21-Bericht der "FAS" zeigt einen Mann im Mercedes vor dem Stuttgarter Bahnhof. In der Sprechblase steht: "7 Milliarde, hanoi, die spinnet! Dafür könnt mer jedem Eiwohner en Daimler kaufe und uns den Bahnhof ganz sparet."

Das klingt in etwa so dialekttreu, als würde ich Portugiesisch oder Hesisch sprechen. Diese Übungen aber verbietet mir der Respekt vor der Frankfurter Weltläufigkeit, seit ich in einigen Bornheimer Bauernwirtschaften beim Äppelwoi gesessen und die jüngste 1:2-Pleite der Eintracht beim Scheißclub im langweiligen Hannover mitbekommen habe.

Interessant auch die Frankfurter S-21-Beobachtungen im Berufsmilieu: "Die beiden in Stuttgart erscheinenden Zeitungen veröffentlichten im Sommer 2007, als Oettinger für das Projekt kämpfte, fast täglich Sonderseiten mit visionären Traumbildern. Sobald die Redakteure die Skepsis und Ablehnung ihrer Leser spürten, schrieben sie fast nur noch über die Kritiker."

Genau. Mir wird kotzübel, wenn mich die Kritiker meiner visionären Traumbilder aus dem Schlaf prügeln. Was aber wichtiger ist: Der Protest gegen das "Hassobjekt", lehrt uns die Neueste Frankfurter Schule, hat den Stuttgartern eine "Aufmerksamkeit wie lange nicht mehr" beschert. Bravo. So viel Medienresonanz hatten wir nicht einmal, als der Frankfurter Fußballtrainer und Kneipenwirt Dragoslav Stepanovic vier Monate lang erfolglos die Stuttgarter Kickers trainierte - und eine Nichtabstiegsprämie einklagte, nachdem ein anderer Club pleitegegangen war und uns so den Klassenerhalt ermöglicht hatte.

Lebba ging weiter, doch der Blick von außen nach innen ist schwieriger geworden, seit es weniger Reisespesen gibt. Die "FAS" veröffentlichte nämlich auch ein schönes Foto vom Protest. Im Dunkel vor dem etwas unscharf abgebildeten Stuttgarter Rathaus sieht man eine Anti-Stuttgart-21-Leuchte in Demonstrantenhand. Entsprechend gut belichtet erfahren wir in der Bildunterschrift, bei diesem Gebäude handle es sich um den "Stuttgarter Hauptbahnhof".

Nicht schlimm. Solche Fehler passieren mir auch. Ich verwechsele Frankfurter Wolkenkratzer dauernd mit Frankfurter Viagra-Würstchen. Deshalb schalte ich jetzt um nach Hamburg:

Wissenswertes über Stuttgart 21 deckt auch das neue "Spiegel"-Heft auf: "Den Stuttgartern, diesen so seriösen, rechtschaffenen, fleißigen Musterbürgern der Republik ist das Thema bitterernst."

Will ich meinen. Als vielzitierter "Kommunikationsexperte" dient den "Spiegel"-Autorinnen der Stuttgart-21-Befürworter Lukas-Pierre Bessis, 33. Der hat eine Werbeagentur und ist in der Halbpromi-Szene als Open-Air-Kino-Betreiber, Fachmann für Tampon-Marketing und Autor des Party-Führers "re.flect" bekannt geworden. In diesem Heftchen schreibt er über die TV-Moderatorin und Buchautorin Eva Herman:

"Das Schöne ist, dass dasselbe Recht auf freie Meinungsäußerung es mir erlaubt, Dich jetzt öffentlich eine dumme Sau zu nennen. Oder besser ,eine-verdammt-dumme-Sau,-die-weil-sie-ihre-Tagesschau-nicht-mehr-lispeln-darf, so frustriert-ist,-dass-sie-ihre-ganze-dummdreiste-Dämlichkeit-in-respektlosen-und-nur-so-vor-Selbstgerechtheit-triefenden, -scheinbar-christlichen-Texten,-der-Auflagensteigerung-zu-liebe-veröffentlicht'."

Werber Bessis, der Kämpfer für S 21, weiß ferner was über schlaffe Haut und Titten, die "bis zu den Kniescheiben reichen", und ist auch ansonsten "always on" im "Medienbusiness". Es gab schon immer coole Hunde in dieser Langweilerstadt.



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