Bauers Depeschen


Samstag, 28. April 2012, 900. Depesche



NACHTRAG:

Stuttgarter Kickers - FC Ingolstadt II 2:1



FLANEURSALON IN OSTHEIM

Nächster Flaneursalon am Mittwoch, 9. Mai, im historischen Wirtshaussaal der Friedenau in der ehemaligen Arbeiterkolonie Stuttgart-Ostheim: mit Stefan Hiss, Roland Baisch, Anja Binder & Jens-Peter Abele. 20 Uhr. Es gibt noch Karten: 07 11 / 2 62 69 24.



FLANEURSALON bittet zum HAFEN-PICKNICK

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SOUNDTRACK DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne:



DIE ANTILOPE

Ich bin Allesesser. Spinat. Kutteln. Presssack. Alles, auch global. Cevapcici. Kentucky Fried Chicken. Nummer 127 a pikant. Diese politische Haltung im Küchenfach gilt als verwerflich. Der Allesfresser ist kannibalisch, gottverachtend, ungrün. Ich bin ein Fressfaschist. Mein Pech, dass alle Leute etwas vom Essen zu verstehen glauben, seit jeder Fernsehkoch bei uns berühmter ist als jeder Popstar, die singende Frühlingsrolle Grönemeyer inklusive.

Essen ist extrem populär, noch populärer als Schlager und Witze. Irgendwann bin ich dahintergekommen, warum: Jeder kann essen. Außer Models und Vegetarier. Das Thema Essen ist nicht meine Sache. Interessiere mich nur dafür, wenn ich Hunger habe.

Es war April, die Frühlingssonne heizte die Stadt auf, als wollte sie die Grill-Saison eröffnen, diese üblen Tage, wo verkohlte, unverdaute Würste in bierverschlammten Menschendärmen vor sich hinfaulen. Man riecht es in der ganzen Stadt.

Wenn die Jahreszeiten wechseln, geht der Stuttgarter Mensch am besten zum Marienplatz. Nirgendwo lässt sich besser beobachten, wie sich die Dinge verändern. Die Freiluftkneipen am Platz füllen sich schon morgens. Ins Café Kaiserbau kommen Leute mit Abitur, in Annas Treff solche mit Lebenserfahrung. Der Marienplatz ist unser städtischster Platz. Noch städtischer wäre er, hätte man ihn nicht mit einem Eiscafé zugestellt. Es hätte genug andere Baulöcher in der Stadt gegeben, um die Expansionsgier fleißiger italienischer Familien zu stillen.

Egal. Ich bin Allesesser und Drinnensitzer. Das Frischluft-Getue ist mir zuwider. Ich sitze nicht gern, wo einem spielende Hunde und freilaufende Kinder beim Kuttelessen an die Stiefel pissen. Als der Frühling kam, ging ich vom Marienplatz Richtung Madagascar. Das afrikanische Lokal ist gegenüber vom Marienplatz, im Haus der früheren Punk-Kneipe Exil. Die Rocker der Band Die Ärzte singen auf ihrem brandneuen Album ein lustiges Kinderlied: „ . . . ihr lernt sechzig neue Sprachen, fahrt ständig um die Welt / ihr lagt schon vor Madagaskar – was habt ihr wohl bestellt?“

Was ich bestellt habe im Madagascar, kann ich Ihnen sagen: Antilopen-Chakalaka. Chakalaka ist die Welt. Erst als ich das Wort „Antilope“ ausgesprochen hatte, sah ich in meiner Nähe die Dame sitzen. Sie war jung, sehr jung. Ihr Blick genügte, mir zu sagen, was sie von mir hielt. Die Dame, ein alter Kojote spürt das, gehörte zu den Menschen, die nichts essen, was Augen hat.

Eine Antilope hat Augen. Erschwerend kam hinzu: Die Dame mit dem Blick war vermutlich keinen Tag älter als meine Antilope, als man sie geschlachtet hat. Verlegen sagte ich, was jeder gewissenlose Kuttelfresser in dieser Situation sagt: „Verzeihung, Mylady, meinetwegen hätte die Antilope nicht sterben müssen. Aber wenn Sie schon mal tot ist, kann ich sie auch essen.“

Spätestens seit der Fußball-WM in Südafrika weiß jedes Kind, wie Chakalaka schmeckt, wenn das Kind nicht voll bei McDonald’s verpommt. Chakalaka ist Sauce aus Tomaten, Paprika, Chilischoten, Knoblauch, Pfeffer, Curry etc. Also vegetarisch. Wenn zur Geschmacksverstärkung ein wenig junges, zartes, Antilopenfleisch zwischen das langweilige Gemüse muss, ist das kein Fall für den Menschenrechtsgerichtshof. Sondern für den Schlachthof. Die Antilope schmeckte ausgezeichnet. Als ich erneut die Speisekarte studierte, entdeckte ich noch etwas Feineres: Filetfleisch vom Krokodil. Schmeckt wie Antilope mit leicht fischigem Abgang. Da ich neuerdings aber vegetarisch denke, bitte ich um Gehör. Werter Herr Madagascar-Koch, wenn Ihre nächste Krokodil-Lieferung eintrifft, sagen Sie mir bitte Bescheid. Das Krokodilfleisch dürfen Sie in Ihrer Kannibalenküche verwursteln, ich bin kein militanter Vegetarier. Aber wenn ich die Haut des Krokodils bekommen könnte, vielleicht ein Stück vom Schwanz, wäre ich Ihnen sehr verbunden. Ich verspreche Ihnen: Die junge Antilope mit dem strengen Blick wird sie nicht entdecken unter meinem Tisch. Meine neuen Kroko-Stiefel haben keine Augen.



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