Bauers Depeschen


Donnerstag, 22. Dezember 2011, 836. Depesche



SOUNDTRACK DES TAGES



BALD AUSVERKAUFT:

FLANEURSALON IM MARKT AM VOGELSANG

Zuerst war es der Bauernmarkt im Westen, jetzt ist es der Markt am Vogelsang, und mittendrin ist demnächst der Flaneursalon: Unsere erste Lieder- und Geschichtenshow im neuen Jahr findet am Samstag, 21. Januar, zwischen Café-Theke, Bio-Produkten und Büchern statt. Es spielen Eric Gauthier & Jens-Peter Abele, Dacia Bridges & Gabriel Holz, Tobias Borke & Pheel. Beginn ist um 20 Uhr. - Der Vorverkauf ist gut angelaufen - es gibt nur noch 30 Karten. HIER GEHT ES ZUM VORVERKAUF



Die StN-Kolumne von diesem Donnerstag - inzwischen auch hier: STN-ONLINE-LINK



WE ARE THE CHAMPIONS

Es gibt nicht viele Orte in der Stadt, wo man Musik hört, wenn sie gar nicht spielt. Das eine oder andere Mal habe ich Musik aus dem Nirgendwo gehört, als ich vor dem Longhorn in Wangen herumgelungert bin. Wenn man es darauf anlegt, stolpert man vor dem Longhorn über tote Gleise und träumt davon, wie die Lokomotive pfeift, bevor der Zug in die Stadt fährt, eine Ladung Musikanten an Bord. Man kann aber auch an die ziemlich lange Theke des Ladens gehen und sich einen einschenken, bevor man Gespenster sieht. Ein Club ist wie eine Sozialstation.

Es gibt noch einen Ort in der Stadt, wo man Musik hört, auch wenn sie nicht spielt. Das ist vor dem Eingang der Röhre im Wagenburgtunnel, wo Lastwagen vorbeifahren, die einen fortbringen könnten in eine andere Stadt, wo die Musik besser spielt. Lustigerweise aber wird jetzt, da die halbe Stadt mit Röhren verschandelt wird, ausgerechnet diese Röhre geschlossen, die Freude macht.

Das ist der Rockclub Röhre, ein universelles Stuttgarter Unikum, 30 Jahre alt und seit jeher auf seine Art dem kulturellen Fortschritt zugetan, von dem andere dauernd reden, ohne ihm je zu begegnen.

Der gärende Saftladen, irgendwie in Rammstein gehauen wie ein Monument urbaner Musikgeschichte, ist ein dampfendes Zentrum. Schauplatz erhabener Altmeister und Einstürzender Neubauten, mitten in der Rock’n’Roll-Wüste Stuttgart.

Selbstverständlich hat man lange gewusst, dass der Tag X kommen würde, an dem etwas zu Ende geht. Das Bewusstsein für Veränderungen aber scheint nicht weit verbreitet. Kaum war die Volksabstimmung pro S 21 gelaufen, lehnten sich viele Leute im Glauben zurück, das Milliardending sei bereits gelaufen wie der Stresstest. Als lägen die jahrelangen Bauarbeiten in der Stadt nicht vor, sondern hinter uns.

Ich weiß, Bühnen und Kneipen öffnen und schließen, und Vergängliches zu erwähnen – unsere in vielen Oldie-Nights geschulten Fortschrittsstrategen lehren es uns täglich – wird als Nostalgie abgetan. Jede Beschäftigung mit Verlust ist Zukunftsverweigerung. Das haben die Rohrverleger beim Blick aus dem fahrenden Auto auf die Realität der Stadt gelernt.

Die Röhre, die am 15. Januar dicht machen muss, ist etwas Gewachsenes. Da hängt guter Mief drin, man kann riechen und zuhören und zuschauen, wie Leichen auferstehen und Neugeborene sich selbst begraben. Solche Plätze sind schwer zu ersetzen, weil es unmöglich ist, den Geist einzufangen und zu verpflanzen, der in einem biotopischen Loch gedeiht.

Keine Frage, solche Orte werden von der Politik nicht ernst genommen, auch nicht, wenn sie mehr Legenden aus einer Stadt hinaus- und in die nächste hineintragen als ein U-Bahnhof mit Einkaufszentrum. Die Röhre ist einer von den originellen Orten, die etwas von Stuttgart erzählen. Wenn der Laden – er gehört der Stadt – jetzt rigoros, nämlich kurzfristig schließen muss, ohne dass sich die Kulturbürgermeisterin oder sonst ein Tiefbauexperte rechtzeitig um Ersatz bemüht haben, sagt das etwas über die Selbstherrlichkeit der Politiker. Sie glauben, die Stadt werde allein durch Shopping Malls und Banken, Versicherungsviertel und versenkte Gleise gemacht.

Das trifft zu, wenn man sich auf die Buchhaltung der Profitmaximierung beschränkt. Den Humus für Ruf, Klima, Atmosphäre (in Fachkreisen als Imitsch bekannt) findet man allerdings selten in konfektionierten Glas- und Betonkästen. Diese Dinge entstehen in Nischen, und bei diesem Zusammenspiel urbaner Kulturen geht es nicht nur um eine Röhre.

Es geht um einen kreativen Kreisverkehr mit gewitzten Haltestellen und Stationen. Auch dies ist eine Frage des Bewusstseins. Eine Frage, die nicht beantwortet wird, wenn der Oberbürgermeister und seine Entourage nach der Volksabstimmung bierzeltbeseelt „We Are The Champions“ in die Kameras grölen. Der Schöpfer diese Hymne der Fortschrittlichen ist übrigens seit zwanzig Jahren tot.



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