Bauers Depeschen


Mittwoch, 20. Oktober 2010, 602. Depesche



FLANEURSALON am 7. 11. ist ausverkauft. Großer Dank an alle Unterstützer - schicken Sie uns bitte Ihre Berufsveranstaltungsherumtreiberberrechnung. MwSt nicht vergessen. Der volle Saal ist insofern bemerkenswert, als Frau Mirjam mit jott keinen unserer Flyer verteilt, sondern sie samt und sonders als Notizzettel auf ihrem Schreibtisch benutzt hat.



Die StN-Kolumne vom Donnerstag, 21. Oktober:



BASTA!

Als Heiner Geißler neulich die Stuttgart-21-Planungen unter die Lupe genommen hat, entdeckte er lauter „Basta-Entscheidungen“. Man erinnerte sich an Gerhard Schröders „Basta-Politik“ – die Macho-Nummern eines Emporkömmlings – und entwarf mit Gefühl für die Stimmung in der Stadt die Basta!-Basta!-Taktik: Schluss jetzt mit „Schluss jetzt!“.

Das kommende Jahrzehnt könnte als Anti-Basta-Epoche in die Geschichte der Demokratie eingehen. Schon jetzt dürften die Freunde des durchgekauten Kalauers an der Übersetzung aus dem Italienischen feilen, um demnächst – Basta, Pasta, Antipasti – reichlich Nudeln auszuscheiden.

Ich bin mir nicht sicher, ob das Wort basta im deutschen Sprachraum heute noch große Bedeutung hat. Ich höre es selten. Es ist mir aus den Sechziger- und Siebzigerjahren präsent. Damals riefen Müller und Maier, frisch aus dem Italienurlaub im VW Käfer zurück, bei jeder Gelegenheit: „Basta!“. Das konnte vieles bedeuten: Schluss, Genug, Ich will nichts mehr hören, Ich kann nicht mehr, Signora, Amen!

Ich kann kein Italienisch, habe mir aber subito vom Fachpersonal erklären lassen, das Wort Basta stamme von dem Verb bastare ab, zu Deutsch: reichen, genügen.

Mein vorschneller Versuch, bastare in das Schimpfwort Bastard einzubauen, scheiterte allerdings kläglich. Hinter der auf Polizisten zielenden Beleidigung „All Cops Are Bastards“ (ACAB) verbirgt sich in keiner Weise das italienische bastare. Ohnehin übersetzen böse Jungs, stehen sie erst mal vor Gericht, das Kürzel ACAP mit der deutsch-italienischen Hoffnungsformel „Alles Claro, Alles Banane“.

In Italien hat, wie bei den Älteren von uns, der Ausdruck Basta seinen ursprüngliche Sinn behalten: Adesso basta!, schimpfen die Italiener ihre Bambini. Dann nörgeln sie, wie es Schwaben tun: Jetzt langt’s aber, ihr Rotzaffen (Blödmänner).

Am Verhandlungstisch von Stuttgart 21 ließen sich diese Sätze leicht ins Weltmännische übersetzen: Adesso basta, fuckin’ bastards! Auch die deutsche Version würde man bundesweit verstehen: „Haltet die Fresse, verdammte Hurensöhne.“ Ebenso leicht ginge den Stuttgarter Machtpolitikern aus Mühlacker, Sigmaringen usw. die schwäbische Fassung über die Zunge: „Halt dei Gosch, du Bauraseggl!“

Auf solch friedlichen Tönen darf man im weiteren Konfliktverlauf hoffen, zumal die definitive Formel der Deeskalation gefunden ist: Basta, Basta! Hätte man mit einem einfachen Basta nicht den demokratischen Informationsfluss, sondern die Wasserwerfer gestoppt, wäre heute alles paletti.

Immerhin aber wird Stuttgart jetzt das Ende der deutschen Basta-Politik einläuten und damit auch internationale Revolten auslösen. Der Kabarettist Erwin Pelzig stellte in der ZDF-Sendung „Neues aus der Anstalt“ bereits internationale Zusammenhänge her: „Die Chinesen haben ihr Tibet – wir haben die Spätzlefresser.“

Da Stuttgart immer öfter satirisch aufgearbeitet wird, darf man sogar hoffen, dass man uns bald ernst nimmt. Der Werbedreck rund um die „Wir können alles. Außer Hochdeutsch“-Kampagne gehört auf den Müll, verbuddelt „auf dem Stuttgarter Bahnhofsplatz des Himmlischen Friedens“ (China-Experte Pelzig).

Stuttgart könnte zur Hauptstadt der internationalen Basta-Bewegung aufsteigen. In der Wagnerstraße im Bohnenviertel befindet sich bereits seit 1978 das Hauptquartier der Basta-Gesellschaft. Gestern ließ Markus, der Chef der gleichnamigen Bar, Entenbrust mit Orangensoße servieren. Das ist ein weit sinnvollerer Service als die Peffersprayplörre der Basta-Politiker. Ich habe Basta-Wirt Markus gefragt, was ihm spontan zu basta einfalle. Antwort: „Augen zu und durch!“ Besser kann man es nicht sagen. Dieser Spruch entlarvt die ganze Dummheit der Basta-Politiker: Offenbar waren sie bestrebt, auch andere Leute mit Blindheit zu strafen.

Der Berliner Satiriker und Sänger Wiglaf Droste hat ein schönes Lied über Italien geschrieben, darin heißt es im Refrain: „Basta, Berlusconi! / No pasta per te!“ – „Es ist aus, Berlusconi! / Keine Nudel mehr für dich!“. Ich höre dieses Lied und ahne: Eines Tages singen wir die Ballade vom blinden Basta-Politiker, der in Stuttgart seine Nudel und die Macht verlor.

SOUNDTRACK DES TAGES



KOMMENTARE SCHREIBEN: LESERSALON

E-Mail-„Kontakt



DIE STN-KOLUMNEN



FRIENDLY FIRE:

VINCENT KLINK

FlÜGEL TV - Alle Schandtaten vom Bahnhof live

UNSERE STADT

KESSEL.TV

EDITION TIAMAT BERLIN (Hier gibt es mein aktuelles Buch "Schwaben, Schwafler Ehrenmänner - Spazieren und vor die Hunde gehen in Stuttgart")

www.bittermann.edition-tiamat.de (mit der Fußball-Kolumne "Blutgrätsche")

GLANZ & ELEND















 

 

Auswahl

27.08.2022

24.08.2022

22.08.2022
17.08.2022

14.08.2022

10.08.2022
07.08.2022

06.08.2022


Depeschen 2281 - 2310

Depeschen 2251 - 2280

Depeschen 2221 - 2250

Depeschen 2191 - 2220

Depeschen 2161 - 2190

Depeschen 2131 - 2160

Depeschen 2101 - 2130

Depeschen 2071 - 2100

Depeschen 2041 - 2070

Depeschen 2011 - 2040

Depeschen 1981 - 2010

Depeschen 1951 - 1980

Depeschen 1921 - 1950

Depeschen 1891 - 1920

Depeschen 1861 - 1890

Depeschen 1831 - 1860

Depeschen 1801 - 1830

Depeschen 1771 - 1800

Depeschen 1741 - 1770

Depeschen 1711 - 1740

Depeschen 1681 - 1710

Depeschen 1651 - 1680

Depeschen 1621 - 1650

Depeschen 1591 - 1620

Depeschen 1561 - 1590

Depeschen 1531 - 1560

Depeschen 1501 - 1530

Depeschen 1471 - 1500

Depeschen 1441 - 1470

Depeschen 1411 - 1440

Depeschen 1381 - 1410

Depeschen 1351 - 1380

Depeschen 1321 - 1350

Depeschen 1291 - 1320

Depeschen 1261 - 1290

Depeschen 1231 - 1260

Depeschen 1201 - 1230

Depeschen 1171 - 1200

Depeschen 1141 - 1170

Depeschen 1111 - 1140

Depeschen 1081 - 1110

Depeschen 1051 - 1080

Depeschen 1021 - 1050

Depeschen 991 - 1020

Depeschen 961 - 990

Depeschen 931 - 960

Depeschen 901 - 930

Depeschen 871 - 900

Depeschen 841 - 870

Depeschen 811 - 840

Depeschen 781 - 810

Depeschen 751 - 780

Depeschen 721 - 750

Depeschen 691 - 720

Depeschen 661 - 690

Depeschen 631 - 660

Depeschen 601 - 630

Depeschen 571 - 600

Depeschen 541 - 570

Depeschen 511 - 540

Depeschen 481 - 510

Depeschen 451 - 480

Depeschen 421 - 450

Depeschen 391 - 420

Depeschen 361 - 390

Depeschen 331 - 360

Depeschen 301 - 330

Depeschen 271 - 300

Depeschen 241 - 270

Depeschen 211 - 240

Depeschen 181 - 210

Depeschen 151 - 180

Depeschen 121 - 150

Depeschen 91 - 120

Depeschen 61 - 90

Depeschen 31 - 60

Depeschen 1 - 30




© 2007-2024 AD1 media ·