Bauers Depeschen


Freitag, 08. Februar 2019, 2064. Depesche

 





GROßE DEMO mit Kundgebung zum Thema Recht auf Stadt am Samstag, 6. April, In Stuttgart: Zahlreiche Organisationen unterstützen den Aufruf zum Protest gegen Mietenwahnsinn und Wohnungsnot.



Hört die Signale!

MUSIK ZUM TAG



Neue StN-Kolumne

UNIFORMEN

Bei uns ist er nicht besonders populär, der alte „Bull Shot“. Ein Laie könnte ihn ­versehentlich als Schuss aus einer Poli­zistenkanone begreifen. „Bull Shot“ aber ist ein Cocktail, zubereitet aus eisgekühlter Rinderbrühe, Wodka, Zitronensaft, ­Worcestersoße.

Ich weiß nicht, welchen Bullenmix Stuttgarter Polizisten auf ihrem Betriebsausflug intus hatten, vielleicht Eierlikör, bevor zwei ihrer Kollegen mit einer Auszubildenden ihr Spielchen trieben: Es ging darum, in ­„Hundepose“ Süßigkeiten mit der Schnauze, in diesem Fall mit dem Mund, auf­zufangen. Einer der Beamten kam dann, ­womöglich vor Sehnsucht nach seiner ­etatmäßigen Schäferhündin, auf die Idee, der jungen Frau eine Hundeleine um den Hals zu legen. Gut, wenn man so ein Ding stets bei sich trägt. Die Frau reagierte milieu­gerecht: Sie biss den Freund und ­Helfer in die Hand.

Im Nachhinein kann man sich gut vor­stellen, was los ist, wenn Polizisten auf ­Betriebsausflug ihre Pferdenummer ­spielen. Sie rücken mit Zügel, Sporen und Peitsche an. Und haben dann Hufeisen­spuren im Gesicht. Was sollen wir machen, liebe Mit­menschen. Trotz aller Zucht und Ordnung leben wir in verstörenden Bullshit-Zeiten.

Neuerdings laufen Bürger in unserer kleinen Stadt samstags mit Warnwesten herum. In dieser Uniform, wie wir sie bei uns als Solidaritätssymbole von Streiks kennen, demonstrieren sie gegen das Fahrverbot für alte Dieselautos. Diese Proteste finden jetzt an gleich mehreren Orten der Stadt unter verschiedenen Flaggen statt. Die AfD hat dazu aufgerufen, CDU, FDP & Freie Wähler gehen an diesem Samstag auf dem Schlossplatz an den Start, und am selben Nach­mittag findet wieder die Kundgebung des Diesel-Demo-Initiators Ioannis Sakkaros in der Heilmannstraße statt. Die Polizei wird auch da sein, vermutlich ohne Hund.

Den Protest in der Heilmannstraße vor einer Woche habe ich besucht. Die Veranstaltung wurde nicht moderiert, die Redner stellten sich selbst vor und taten kund, was man landläufig Meinung nennt – eine Serie von Behauptungen, die man selber glaubt. Das Glauben ist der neue Glaube. Wir erfahren, dass der umstrittene Lungenarzt Köhler ein Held und seine mit ihm soli­darischen Lobbyisten sehr mutig seien. Deren von keinerlei Beweisen getrübte Laien-Erkenntnisse über die Luft­verschmutzung sind die Bibel. Basta.

Nun habe ich nicht vor, in einem wissenschaftlichen Streit über die Gründe für die schlechte Luft mit all ihren Gefahren für unsere Gesundheit die Wahrheit zu pachten. Sagen kann ich nur: Das Fahrverbot trifft am härtesten die Falschen, die Opfer der Manipulationen in der Autoindustrie und der Kungeleien von Politik und Wirtschaft. Und wie immer leiden unter der Ungerechtigkeit die da unten, in diesem Fall Leute, die sich kein neues Auto leisten können.

Wie die Problematik allerdings auf der jüngsten Pro-Diesel-Kundgebung dargestellt wurde, beweist nur, dass Redner und Teilnehmer viel weniger gut reflektieren als gelbe Westen. Nun gehört es weiß Gott nicht zu meinen Lieblingsaufgaben, die Grünen zu verteidigen. Die auf der Demo skandierten „Grüne weg“-Rufe allerdings sind zum Lachen absurd, gewisser­maßen Lorbeeren für die Falschen: Als­ würden ausgerechnet die machtbewussten Grünen mit ihren Autolobbyisten kurz vor den Kommunal- und Europawahlen ein Autoverbot verordnen. Und auch noch die Macht dazu haben. Die Attacken sind in Wahrheit Futter für alle Öko-Feinde, vor allem für Rechte und Rechtsextreme, von denen sich nicht wenige gut sichtbar unter die Versammelten gemischt hatten.

Demos sind nach meinem Verständnis nicht nur dazu da, Luft abzulassen und Stimmungen zu pushen. Sie sollten auch informieren und aufklären. Zum Beispiel darüber, wie das Fahrverbot in Wirklichkeit zustande kam. Fundierte Reden von Fachleuten habe ich nicht gehört.

Anmaßend und lächerlich ist das Tragen gelber Westen auf Diesel-Demos in Anlehnung an die Proteste in Frankreich. Angesichts der komplexen Grundsätze der französischen Widerständler sind die ­Warnjacken auf Diesel-Demos nachgeäffte Kostümierung ohne inhaltlichen Bezug. Politisch so aussagekräftig wie bayerische Trachten auf dem schwäbischen Volksfest.

Auszug aus dem Generalaufruf der ­französischen Gelbwesten: „Wir lehnen uns gegen die hohen Lebenshaltungskosten, die Unsicherheit und die Armut auf. Wir wollen in Würde für unsere Lieben, unsere Familien und unsere Kinder leben. 26 Milliardäre besitzen so viel wie die Hälfte der Menschheit . . . Teilen wir den Reichtum anstatt das Elend! Lasst uns der sozialen Ungleichheit ein Ende setzen! Wir fordern eine sofortige Erhöhung der Löhne, der sozialen Mindeststandards, der Zulagen und Renten, ein bedingungsloses Recht auf Wohnung und Gesundheit, Bildung und kostenlose ­öffentliche Dienste für alle.“

Da geht es um etwas mehr als eine Karre.

Anschauungsunterricht für fantasie­vollen Protest könnten die Diesel-Demo-Macher bei den Schülerinnen und Schülern nehmen, die zurzeit freitags im Zeichen ihrer „Krevolution“ streiken. „Krevo­lution“ steht für „kreative Revolution“ – für eine politische Haltung zu Umwelt und ­Gerechtigkeit. Gelbe Westen auf Diesel-­Demos sind Uniformen für Zornige aller Couleur – und Tarnklamotten für gefähr­liche Propagandaspielchen.

 

Auswahl


Depeschen 2311 - 2318

Depeschen 2281 - 2310

Depeschen 2251 - 2280

Depeschen 2221 - 2250

Depeschen 2191 - 2220

Depeschen 2161 - 2190

Depeschen 2131 - 2160

Depeschen 2101 - 2130

Depeschen 2071 - 2100

Depeschen 2041 - 2070
26.02.2019

22.02.2019

19.02.2019
15.02.2019

11.02.2019

08.02.2019
01.02.2019

30.01.2019

29.01.2019
27.01.2019

24.01.2019

18.01.2019
11.01.2019

08.01.2019

02.01.2019
01.01.2019

29.12.2018

27.12.2018
24.12.2018

23.12.2018

22.12.2018
20.12.2018

18.12.2018

17.12.2018
14.12.2018

12.12.2018

10.12.2018
08.12.2018

04.12.2018


Depeschen 2011 - 2040

Depeschen 1981 - 2010

Depeschen 1951 - 1980

Depeschen 1921 - 1950

Depeschen 1891 - 1920

Depeschen 1861 - 1890

Depeschen 1831 - 1860

Depeschen 1801 - 1830

Depeschen 1771 - 1800

Depeschen 1741 - 1770

Depeschen 1711 - 1740

Depeschen 1681 - 1710

Depeschen 1651 - 1680

Depeschen 1621 - 1650

Depeschen 1591 - 1620

Depeschen 1561 - 1590

Depeschen 1531 - 1560

Depeschen 1501 - 1530

Depeschen 1471 - 1500

Depeschen 1441 - 1470

Depeschen 1411 - 1440

Depeschen 1381 - 1410

Depeschen 1351 - 1380

Depeschen 1321 - 1350

Depeschen 1291 - 1320

Depeschen 1261 - 1290

Depeschen 1231 - 1260

Depeschen 1201 - 1230

Depeschen 1171 - 1200

Depeschen 1141 - 1170

Depeschen 1111 - 1140

Depeschen 1081 - 1110

Depeschen 1051 - 1080

Depeschen 1021 - 1050

Depeschen 991 - 1020

Depeschen 961 - 990

Depeschen 931 - 960

Depeschen 901 - 930

Depeschen 871 - 900

Depeschen 841 - 870

Depeschen 811 - 840

Depeschen 781 - 810

Depeschen 751 - 780

Depeschen 721 - 750

Depeschen 691 - 720

Depeschen 661 - 690

Depeschen 631 - 660

Depeschen 601 - 630

Depeschen 571 - 600

Depeschen 541 - 570

Depeschen 511 - 540

Depeschen 481 - 510

Depeschen 451 - 480

Depeschen 421 - 450

Depeschen 391 - 420

Depeschen 361 - 390

Depeschen 331 - 360

Depeschen 301 - 330

Depeschen 271 - 300

Depeschen 241 - 270

Depeschen 211 - 240

Depeschen 181 - 210

Depeschen 151 - 180

Depeschen 121 - 150

Depeschen 91 - 120

Depeschen 61 - 90

Depeschen 31 - 60

Depeschen 1 - 30




© 2007-2024 AD1 media ·