Bauers Depeschen


Dienstag, 11. September 2018, 2006. Depesche



 



20 JAHRE FLANEURSALON

IM GROSSEN SAAL DES GUSTAV-SIEGLE-HAUSES

Sonntag, 21. Oktober, 19 Uhr.

Die Jubiläums-Show im Gustav-Siegle-Haus, wo 1998 alles anfing. Durch den Abend führt der Berliner Kabarettist Arnulf Rating. Auf der Bühne des Großen Saals, der Stuttgarter AC/DC-Gedächtnis-Halle: Rolf Miller, Thabilé & Band mit Jens-Peter Abele, Roland Baisch & Michael Gaedt, Stefan Hiss, Toba & Pheel. Spezialgast: Nero Friktschn Feuerherdt.

Gleichzeitig Buchvorstellung: „Im Staub von Stuttgart“.

Eine Veranstaltung in Kooperation mit den Stuttgarter Philharmonikern und der Rosenau.

KARTEN: EASY TICKET Telefon: 0711 / 2 555 555



Hört die Signale!

DAS LIED ZUM TAG



StN-Kolumne

STARTET DEN DEMOKRATEN-BUS

Durch die Stadt zu reisen bildet nicht zwingend. Jedenfalls nicht, wenn man es auf meine Art macht. Immerhin bekomme ich statt Bildung oft genug ein schlechtes Gewissen, wenn ich sehe, was ich nicht sehe – in diesem engen, eigentlich leicht überschaubaren Kessel unserer Stadt.

Neulich fuhr und stiefelte ich wie so oft stundenlang durch die Gegend, ohne Plan. Als der Tag zu Ende ging, dachte ich: Gab es nicht mal diesen jugoslawischen Staatschef Tito, der mit seinem „Blauen Zug“ große Politik gemacht hat? Der in einem komplett blau lackierten Eisenbahnexpress durchs Land und halb Europa reiste und Staatsbesuche in Österreich und Frankreich, Griechenland und Russland erledigte.

Die Idee von der rollenden Regierungsresidenz sollte man im Schmalspurformat auf die Kommunalpolitik übertragen. Köpfe aus dem Rathaus und Gemeinderat müssten sich einen geräumigen Bus besorgen, ihn schön (also nicht blau) anmalen und mit Neugier und Haltung auf Stadt-Tour zu gehen. Dann kämen sie unter Leute, von denen sie nichts wissen, und stießen in Gegenden vor, die sie nie gesehen haben.

Als ich auf meinem jüngsten Ausritt mit der Straßenbahn in Giebel aussteige, erzählt man mir, im OB-Wahlkampf 2012 habe kein einziger Kandidat sein ehrenwertes Sitzfleisch bis nach Giebel bewegt. Vom angrenzenden Hausen zu schweigen. Beide Orte, zusammen 8000 Einwohner, gehören zum nordwestlichen Bezirk Weilimdorf mit insgesamt 17 000 Menschen.

In Giebel, an der Grenze zum Kreis Ludwigsburg, heißen Straßen Krötenweg und Lurchweg. Fast hätte ich Lust, durch die Viertel zu kriechen. Leider suche ich solche Stadtteile zu selten auf, es wäre deshalb anmaßend, sie zu beurteilen. Was kann ein fremder Spaziergänger schon tun, um Witterung aufzunehmen. Wollte ich ernsthaft etwas über die Menschen und ihre Lebensbedingungen in diesen Ortschaften erfahren, müsste ich mich dort eine Zeit lang einquartieren.

Kämen aber mal Leute aus Politik und Verwaltung mit einem rollenden Bürgerhaus angereist, könnte man ihnen zumindest ein paar Dinge aus dem wirklichen Leben unter die Nase reiben. Sie würden begreifen, dass es eine Stadt außerhalb von Schlossplatz und Einkaufszentren gibt.

Eine Weile spaziere ich durch Giebel, mache Rast vor einem türkischen Imbiss. Auf einem freien Platz mit Wasserspiel und erfreulich hellem Bodenbelag sitzen einige ältere Leute auf einer Bank. Ich frage sie, ob es empfehlenswert wäre, sich in ihrem Flecken anzusiedeln. „Ja klar“, sagt einer, „wenn du Deutsch sprichst.“

Das Terrain am Ende der Stadt heißt Ernst-Reuter-Platz, benannt nach einem ehemaligen Kommunisten und späteren Sozialdemokraten, der 1948 als Berliner Bürgermeister berühmt wurde mit dem Appell: „Völker der Welt, schaut auf diese Stadt.“ In Stuttgart lebt bis heute sein inzwischen 90 Jahre alter Sohn Edzard Reuter. Von 1987 bis 1995 war er Chef der Daimler-Benz AG. Seit 1967 trägt der Platz in Giebel den Namen seines Vaters, mit dem er von 1935 bis 1946 als Emigrant in der Türkei lebte. An solche Dinge sollte man heute erinnern, wenn wir über Flüchtlinge und Zusammenleben sprechen.

Stadtteile wie Giebel und Hausen galten – und gelten immer noch – als sogenannte Problemviertel. Ich kann mit diesem Begriff nichts anfangen. Es geht um etwas ab­gelegene, aber leicht erreichbare Siedlungen mit Wohnblocks, wie man sie nach dem Zweiten Weltkrieg im Hallschlag, auf dem Fasanenhof oder in Dürrlewang errichtet hat. Selbstverständlich macht es etwas traurig, wenn du in Hausen aus dem Bus steigst und vor einem leer stehenden Haus mit einem ehemaligen Stehcafé stehst. Wenig später komme ich am Hausener Stüble vorbei; es hat für immer geschlossen.

In Giebel wie in Hausen wird zurzeit viel gebaut – neue Wohnblocks, nachdem man alte abgerissen hat. Auf der Straße unterhalte ich mich mit einer Frau und einem Mann. Seit Anfang der Fünfzigerjahre wohnen sie in Giebel. Bald müssen sie in einen neuen Block umziehen. Was das für ihre Miete bedeutet? Ja, wenn sie das genau wüssten, sagen sie. Jedenfalls werde alles teurer.

Wer in Giebel in die Straßenbahnlinie 6 steigt, erreicht ohne umzusteigen den Fasanenhof am anderen, südlichen Ende der Stadt. Auch dieser kleine Trip wäre eine gute Übung, die Wirklichkeit zu sehen. Beide Siedlungen wurden nach dem Krieg für Flüchtlinge und andere Wohnungslose gebaut.

Ich bin mit der Linie 13 von Cannstatt über den Umstieg an der Haltestelle Pfostenwälde nach Giebel gekommen. Zuvor hatte ich Neugereut besucht. In diesem Stadtteil des nördlichen Bezirks Mühlhausen habe ich mich mit Heide Gretsch von der Gesellschaft für Jugendsozialarbeit und Bildungsförderung unterhalten. Sie hilft unter anderem Langzeitarbeitslosen (darauf werde ich demnächst zurückkommen).

Ich muss nicht extra sagen, dass in ziemlich vergessenen Stadtteilen die Rechtsnationalen überdurchschnittlich viele Stimmen holen. Im Mai 2019 stehen Kommunalwahlen an. Es wäre gut für das Klima und Verständnis der Stadt, einige Demokraten-Busse zu unseren Außenposten in Gang zu setzen.

 

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