Bauers Depeschen


Freitag, 07. September 2018, 2005. Depesche



 



20 JAHRE FLANEURSALON

IM GROSSEN SAAL DES GUSTAV-SIEGLE-HAUSES

Sonntag, 21. Oktober, 19 Uhr.

Die Jubiläums-Show im Gustav-Siegle-Haus, wo 1998 alles anfing. Durch den Abend führt der Berliner Kabarettist Arnulf Rating. Auf der Bühne des Großen Saals, der Stuttgarter AC/DC-Gedächtnis-Halle: Rolf Miller, Thabilé & Band mit Jens-Peter Abele, Roland Baisch & Michael Gaedt, Stefan Hiss, Toba & Pheel. Spezialgast: Nero Friktschn Feuerherdt.

Gleichzeitig Buchvorstellung: „Im Staub von Stuttgart“.

Eine Veranstaltung in Kooperation mit den Stuttgarter Philharmonikern und der Rosenau.

KARTEN: EASY TICKET Telefon: 0711 / 2 555 555



Hört die Signale!

DAS LIED ZUM TAG



StN-Kolumne vom 1. September

LINKS UND RECHTS

Es ist der Karlsplatz, der mich mit seinen gefallenen Kastanienhüllen zuverlässig an das nahende Ende des Sommers erinnert. An diesem Samstag findet, wie immer am 1. September, vor dem Mahnmal für die Opfer des Faschismus die DGB-Kundgebung zum Weltfriedenstag statt. Diese traditions­reiche Veranstaltung erreicht selten große Aufmerksamkeit. Diesmal will Gökay Sofuoglu, der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde, die Aktion für die Gründung eines Bündnisses gegen Hass nutzen und eine Mahnwache einrichten. Anlass sind die Aufmärsche des rechten Mobs in Sachsen. „Chemnitz betrifft uns alle. Das ist nicht nur ein sächsisches Problem“, sagt er.

Der Sozialpsychologe und Autor Harald Welzer hat in einem Interview vor den Ausschreitungen in Sachsen gesagt: „80 Prozent der Menschen interessieren sich einen Scheiß für irgendwas und machen alles mit.“ Zu befürchten ist, dass sich daran auch nach der Chemnitzer Menschenjagd der Nazis und ihrer Mitläufer nichts ändert. Auffällig sind wieder die Bemühungen in Politik und Medien, auch die neue Dimension des Rechtsrucks nach alten Denk­mustern zu relativieren. Rasch wird die Menschenjagd von Gewalttätern mit völkischer und rassistischer Gesinnung als Konflikt „Rechtsextremisten gegen Linksextremisten“ dargestellt. Diese Sichtweise entspricht der sogenannten Extremismustheorie. Linke und rechte „Ränder“ werden verglichen und die unsinnige These aufgestellt, demokratietauglich sei nur die „Mitte“. Ohne Rücksicht darauf, wer sich im Rechtsstaat tatsächlich faschistischen Kräften entgegenstellt. Ohne Erinnerung daran, dass es letztendlich Politiker der Mitte waren, die Hitler zur Macht verhalfen.

Unterdessen liest man in Zeitungen den Satz, „Rechtspopulisten“ hätten den Arm zum Hitlergruß erhoben. Nur ungern redet man über fremdenfeindliche Gewalttäter als Sympathisanten einer Partei, die Naziverbrechen verharmlost und die Pressefreiheit attackiert. Die vom Verfassungsschutz bevorzugte Extremismustheorie aus den siebziger Jahren ist dazu da, linke Gruppen mit rechten Organisationen gleichzusetzen. Als Prügelknabe Nummer eins in solchen Fällen dient „die Antifa“. Antifaschistische Bündnisse haben zwar keine geschlossene, ideologisch einheitliche Organisation. Die Mitglieder ihrer überschaubaren Initiativen werden aber so gesehen – und gern als kriminell abgeurteilt. Oft von Leuten, die antifaschistische Aktionen nur aus Polizeiberichten kennen.

Wie Polizisten mitunter die Welt sehen, zeigt eine Anekdote, über die ich selber lachen musste: Im Frühjahr nahm ich an einer Demonstration gegen Rechte und Rassisten in Kandel teil und landete im Polizeikessel. Als mir die Knochen vom langen Stehen wehtaten, wollte ich mir mit meinem Presseausweis der Gewerkschaft und meinem Personalausweis der Bundesrepublik Deutschland freien Abgang ­verschaffen. Ein junger Polizist lehnte mein Ansinnen jedoch mit geschultem Scharfblick ab: „Wenn Sie Journalist wären, hätten Sie eine Kamera dabei.“

Entsprechend realistisch ist nach meiner Beobachtung nicht selten die polizeiliche Einschätzung drohender Gewalt – bevor ohne Not Pfefferspray und Knüppel auch junge, linke Männer und Frauen treffen, die sich bei Bedarf jedes Fliegengewicht mit dem kleinen Finger vom Hals halten könnte.

Unsereins beschäftigt sich mit der Beobachtung seiner Umgebung und versucht, Zusammenhänge herzustellen. Etwa darauf hinzuweisen, dass die Stimmung von Chemnitz längst unseren Landtag erreicht hat, wenn die AfD-Abgeordneten Stauch und Räpple auf Facebook denselben Kommentar posten: „Falls ich später mal gefragt werden sollte, wo ich am 27. August 2018 war, als die Stimmung in #Deutschland kippte: Ja, ich war in #Chemnitz dabei!“

In diesem Klima gibt es auch in besagter Mitte Ansätze, dagegenzuhalten. Schon vor Chemnitz hat die Stuttgarter Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) vorgeschlagen, für Schüler Pflichtbesuche von Gedenkorten der Naziverbrechen einzuführen. Dafür muss man nicht weit gehen. ­Junge Menschen, sagen Fachleute, nehmen die Geschichte und die Naziverbrechen emotional am ehesten auf, wenn sie in ihrer unmittelbaren Umgebung mit Tatorten, Tätern und Opfern konfrontiert werden.

In Stuttgart, wo es erst 73 Jahre nach der Hitler-Diktatur – und nur dank couragierter Bürger – möglich wird, die ehemalige Gestapo-Zentrale „Hotel Silber“ als Lern- und Erinnerungsstätte zu eröffnen, sollte Eisenmanns Plan sehr laut diskutiert werden. Und zwar in einer Form, die weit über einen Pflichtbesuch hinausreicht. Aufklärung ist so nötig wie die Einsicht, dass man nicht länger abwiegeln und relativieren darf.

Der Feind in diesen Tagen steht nicht links, sondern rechts. Nach Chemnitz schreibt Harald Welzer in der aktuellen „Zeit“: „Je mehr man den Rechten politisch entgegenkommt, desto mehr fühlen sie sich berechtigt, weiter anzugreifen. Wer sich selbst als Demokratin oder Demokrat versteht, muss spätestens nach diesem Wochenende lernen, sich gemeint zu fühlen.“

 

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