Bauers Depeschen


Montag, 03. September 2018, 2003. Depesche



 



20 JAHRE FLANEURSALON

IM GROSSEN SAAL DES GUSTAV-SIEGLE-HAUSES

Sonntag, 21. Oktober, 19 Uhr.

Die Jubiläums-Show im Gustav-Siegle-Haus, wo 1998 alles anfing. Durch den Abend führt der Berliner Kabarettist Arnulf Rating. Auf der Bühne des Großen Saals, der Stuttgarter AC/DC-Gedächtnis-Halle: Rolf Miller, Thabilé & Band mit Jens-Peter Abele, Roland Baisch & Michael Gaedt, Stefan Hiss, Toba & Pheel. Spezialgast: Nero Friktschn Feuerherdt.

Gleichzeitig Buchvorstellung: „Im Staub von Stuttgart“.

Eine Veranstaltung in Kooperation mit den Stuttgarter Philharmonikern und der Rosenau.

KARTEN: EASY TICKET Telefon: 0711 / 2 555 555



Hört die Signale!

DAS LIED ZUM TAG



StN-Kolumne vom 26. August:

MACHT DIE RÄUME ENG!

Ich muss wieder hinauf. Auch wenn es mir heute immer öfter Unbehagen bereitet, die Zeit mit Dingen zu verschwenden, die sinnloser sind als die Erkenntnis, geboren zu werden, um zu sterben. Fußball ist ein solches Ding. Wie absurd, immer wieder mit anzusehen, wie diese Pfeife in der Angriffsspitze deiner Mannschaft das todsichere Ding auch im fünften Versuch nicht reinmacht.

Es regnet heftig vor dem großen Spiel. Wie die vielen vergeudeten Jahre zuvor bringt mich die Straßenbahn an denselben Ort, ohne Rücksicht, was mich diesmal erwartet. In dieser Saison, 2018/19, spielen wir erstmals in der aktuellen Oberliga, die im Eventrausch des Fußballgeschäfts von den Guten mit Hohn und Spott und von den Bösen mit Mitleid bedacht wird. Mitleid in unserem Fall ist schlimmer als Hohn und Spott. Kein Wunder in einer Gesellschaft, in der Empathie als moralischer Defekt gilt.

Die Oberliga ist die fünfte Liga. Über uns sind die Regionalliga, die dritte Liga, die zweite und die erste Liga. Damit gleich klar ist: All diesen Klassen haben auch wir schon einmal angehört. Früher. Unsere gegenwärtige Position in der Hierarchie des Fußballsports würde alle Betroffenen in schwere Depressionen stürzen, wüssten wir nicht, dass ein halb leeres Glas immer auch halb voll ist. Schließlich gibt es  ein Leben unterhalb unseres Niveaus: die Verbandsliga, die Landesliga, die Bezirksliga, die Kreisliga A, die Kreisklasse B. Nicht zu vergessen die vielen anderen Hobbykicker ohne Klub. Damit haben wir nix zu tun! Also kann ich mich in der fünften Liga zu Recht als Mitglied einer Mittelschicht fühlen, die mein reales Leben auf der Seite der Glücklichen spiegelt. Ich kenne  Menschen, die sich im Besitz größerer Fähigkeiten als unsereins unterhalb der Oberliga durchschlagen müssen.

Es gibt also Gründe, sich mit einem Leben in Liga fünf zufrieden zu geben. „Stolz“ auf etwas zu sein, wofür man selbst am wenigsten kann, ist ohnehin nur etwas für Chauvinisten und ähnliche Totengräber der Demokratie. Die Bewertung der Oberliga-Existenz ist letztlich auch nur eine Frage des Klassenbewusstseins. Schon beim Blick auf unseren Fußballplatz hoch über den Niederungen der Stadt kommt einem Georg Büchner in den Sinn: „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“

Leider wurde der Schrei nach Gerechtigkeit in unserem Fall von niemandem gehört. Seit einiger Zeit ist unsere ansehnliche und friedvolle Ballhütte auf der schönen Waldau schwer beschädigt. Ausgerechnet auf der Seite des Fußballplatzes, auf der die feinfühligsten Anhänger unseres Vereins mit wilden Schreien und Verrenkungen unser Team anfeuern, hat man so lange das Dach der Stehtribüne verkommen lassen, bis man es abreißen musste. Symptomatisch für die Immobilienpolitik unserer Zeit.

Lange sah unser Fußballplatz aus wie ein Geisterstadion mit einem eingerüsteten Zuschauerblock ohne Zuschauer entlang der Außenlinie. Ein furchtbarer Anblick, diese Mauer des Schweigens. Inzwischen lungern die Träger des Dachs sinnlos neben dem Platz herum – und wir ungeschützt unter sengender Sonne oder im strömenden Regen. Es wird Oktober werden, ehe ein neues Dach montiert wird – und wir uns, mental und spirituell schwer verletzt, erneut auf den Hügel hinter dem Tor unter der Videowand ins Getto der Geisterarena zurückziehen müssen.

Aber okay, unser Domizil auf der Waldau entspricht nun mal nicht einer Villa auf dem Killesberg. Und wenn unser Fußball nicht unbedingt der kontinentalen Champions League gerecht wird, ist auch dies nur ein Hinweis auf unseren realpolitischen Alltag: Wo, bitte, hat sich in unserer Republik ein europäisches Bewusstsein durchgesetzt?

Nach der Fahrt zur Waldau stehe ich neben den arbeitslosen Dachträgern und vielen sympathischen Stützen unserer Gesellschaft. Zweitausend sind gekommen, sie könnten den Beethovensaal der Liederhalle füllen. Neben mir brüllt ein Fan im Minutentakt aufs Spielfeld: „Macht die Räume eng!“ Was er damit meint, kann ich bestenfalls ahnen. Womöglich aber kommt seine taktische Anweisung nicht von ungefähr. Stunden vor dem Anpfiff hat mir ein Wikipedia-kundiger Berufsautor auf meiner Homepage mitgeteilt, was uns erwartet. Unser Gegner, der 1. Göppinger SV, ist nicht irgendwer. 1943 gelang ihm der Aufstieg in die Gauliga. „An diesen Aufstieg schloss der größte Erfolg an, als man 1944 vor den Stuttgarter Kickers Erster der Gauliga wurde und damit die württembergische Meisterschaft errang. Allerdings war bei den Spielen um die deutsche Meisterschaft 1944 direkt beim ersten Gegner, der Kriegsspielgemeinschaft Saarbrücken, Endstation.“

Keine Frage, seit 1944, kurz vor der Endstation, haben sich die Verhältnisse bei uns nicht nur im Fußball geändert. Was viele Zeitgenossen keineswegs hindert, schon wieder so rigoros dem Ungeist jener Ära zu verfallen, dass man allen Demokraten zurufen möchte: „Macht die Räume eng!“

Abschließend darf ich festhalten, dass unsere Taktik aufgegangen ist und gegen Göppingen der GAU in Liga fünf verhindert wurde. Im Lauf des Spiels hat der Regen aufgehört und unsere Nummer Acht ein Tor erzielt. Die Stuttgarter Kickers gewannen 1:0.



 

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