Bauers Depeschen


Dienstag, 01. September 2015, 1515. Depesche

 

Die vorderen Reihen füllen sich bereits:

FLANEURSALON LIVE am Sonntag, 18. Oktober, im Theaterhaus - die Buch-Präsentation ("In Stiefeln durch Stuttgart") mit Christine Prayon, Eric Gauthier & Jens-Peter Abele, Vincent Klink, Eva Leticia Padilla Band, Toba Borke & Pheel.

Vorverkauf: THEATERHAUS - Kartentelefon: 07 11/4020-720.



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Die aktuelle StN-Kolumne:



DER GENTLEMAN

Vor seinem Laden an der Ecke Senefelder-/Leuschnerstraße steht eine Bierbank. Wenn Duncan Smith Zeit hat, setzt er sich und macht das, was einen Fotografen vom Knipser unterscheidet: Er beobachtet die Welt. Wenn er in seinem Kiez herumspaziert, kennt er die Leute, die zur Methadon-Ausgabestelle gehen, die Ecken der Junkies und Stricher. In den vergangenen fünf Jahren, seit er im Westen der Stadt seine Rock Star Photo Gallery bespielt, ist Herr Smith für die Nachbarn eine Vertrauensfigur geworden. Immer ansprechbar auf seiner Bank oder im Laden, wo hinter Glas die Bilder seiner Helden hängen: Lemmy Kilmister, der Untote von der Band Motörhead, die toten Legenden Jimi Hendrix, Johnny Cash, Miles Davis. Schöne, seltene Bilder, oft signiert, für den Kunden zwischen 100 und 600 Euro zu haben.

Duncan sagt, er wolle ein Stück Popkultur bewahren, das Vermächtnis wegweisender Musiker, die alle irgendwann mal auch in Stuttgart waren. Etliche schon lange, bevor er geboren wurde. Manche haben in der Stadt nur gespielt, andere sind eine Weile in der Gegend hängen geblieben, wie in den Achtzigern der große Cream-Bassist und Sänger Jack Bruce. Im November 2014 war Duncan mit dem Stuttgarter Fotografen Werner Pawlok bei der Beerdigung des Musikers. Und fängt man mal an zu plaudern, dann gibt es diese Geschichten: Mike Oldfields Vater lebte in Stuttgart, in ihrer schlechten Zeit auch Tina Turner, ebenso eine Tochter der Gitarren-Legende Hank Marvin von The Shadows …

Hinter dem Schaufenster der Galerie, einem wohnzimmergroßen Raum mit Büronische und Keller, steht oft eine Vespa, Baujahr 1958, neben einem alten Sessel mit dem Union Jack, der englischen Flagge, über den Polstern. Der überzeugte Roller-Fahrer Duncan Smith wurde 1970 in London geboren, im nördlichen Viertel Highgate. Die Mutter aus Ost-Berlin war vor dem Mauerbau nach Stuttgart gezogen, nach einer Gastro-Ausbildung im Ratskeller ging sie nach London, wo sie ihren Mann kennenlernte, einen Bauingenieur. Als die Familie 1980 nach Stuttgart umsiedelte, sprach Klein-Duncan kein Wort Deutsch. Wenn er heute vor seinem Laden sitzt, wirkt er auch ohne den geringsten Akzent very british. Vielleicht hat das mit ein paar alten Klischees und seinem Stil zu tun: Seefahrerbart, Weste, Bowler oder Schiebermütze.

Heute ist Duncan Smith einer aus Stuttgart, ein weit gereister Mann, der die Eigenheiten des Kessels so sehr liebt, dass ihn der Umgang konsumgeiler Politiker mit der Stadt zornig macht. Er spricht von der Rücksichtslosigkeit gegenüber der Topografie, von der miesen Gestaltung öffentlicher Plätze. Er wohnt in der Bismarckstraße, der gleichnamige Platz ist ein Symbol für die Gentrifizierung der Stadt.

Duncan Smith fühlt sich als passionierter Bewahrer, als Schatz- und Ausgräber. Er sammelt nicht nur Bilder, seit langem arbeitet er auch als Assistent für Mode- und Werbefotografen und schießt selbst professionelle Bilder. Auf seinen Reisen hat er berühmte Menschen kennengelernt. „Eins ist mir dabei aufgefallen“, sagt er, „viele von den Superstars hängen an Kleinigkeiten, sind glücklich über ein Stück Natur.“

Duncan ist noch immer ein zeitloser, ein neugieriger Junge von unten. In Stuttgart hat er einst Friseur gelernt und diesen Job später auch in London ausgeübt – „in einer abgefuckten Wohnung, wo die U-Bahn durch den Garten fuhr“. Er kam wieder zurück nach Stuttgart, wohnte Anfang der Neunziger im Jugendhaus Degerloch, einer damals nur äußerlich verfallenen Hochburg der Subkultur. Die Hip-Hop-Band Die Fantastischen Vier spielte im Haus für einen Hunderter pro Mann, im Umfeld bewegten sich umtriebige Künstler wie Zoran Bihác, heute ein renommierter Video- und Werbespot-Regisseur in Berlin. Lange gab es diesen seltsamen Humus in der Stadt, originelle Pop-Biotope, meist unbeachtet und womöglich deshalb besonders kreativ und produktiv.

Obwohl in London und jahrelang in Berlin zu Hause, zog es Duncan Smith zurück nach Stuttgart. „Die Stadt ist gut für mich“, sagt er, „in ein paar Minuten bist du im Wald, das ist der Hammer.“ Er liebt die schwäbischen Eigentümlichkeiten, rühmt die humane Art seiner alteingesessenen Vermieter. Manchmal träumt er vom Leben auf dem Land und ist sich sicher, nach der Landflucht der Gegenwart könnten die Dörfer eines Tages „richtig hip werden“. Wenn die Leute die Schnauze voll haben „vom Schneller-Höher-Weiter der Wirtschaft“. Stuttgart ist ihm genau klein und groß genug, um Stadt und Land zu sein.

Duncan Smith ist einer, der mit seiner Hingabe zur Geschichte der Rockmusik und ihrer Künstler im inneren Kreis gelandet ist, vollkommen damit zufrieden, mit seinen Jobs gerade mal so viel Geld zu verdienen, wie er zum Leben braucht. Einer seiner besten Freunde ist der Fotograf Philip Townsend, ein bedeutender Londoner Bild-Pionier, der schon die ­Rolling Stones ablichtete, als Jimmy Page (Led Zeppelin) noch in einer Band namens Carter-Lewis and the Southerners spielte.

Auf Duncan Smiths Visitenkarte steht, wohl mit britischer Selbstironie, „Photographer & Gentleman“. Den Gentleman übersetzt man am besten milieu- und klassenbewusst mit „feiner Junge“. – Am 22. Oktober eröffnet die Rock Star Photo Gallery in der Senefelderstraße 56 die Ausstellung „I’m a Rocker“ mit Arbeiten des Heidelberger Fotografen Martin Häusler. Offizieller Sponsor der Show ist die Band Motörhead. Duncan sagt: Lemmy forever.



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