Bauers Depeschen


Samstag, 21. März 2015, 1435. Depesche



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AUSWÄRTSSIEG: SpVgg Unterhaching - Stuttgarter Kickers 1:2



FLANEURSALON-TERMINE

AUSFLUG: Der nächste Flaneursaon mit Stefan Hiss, Dacia Bridges und Roland Baisch findet am Donnerstag, 16. April, in Stetten im Remstal statt, in der Glockenkelter, dem Domizil der politisch-kulturellen Initiative Allmende. 19 Uhr. Reservierungen sind möglich: 071 51/36 88 06 und info@allmende-stetten.de. Oder einfach auf der Flaneursalon-Seite via "Kontakt" anmelden.

HEIMSPIEL: Am 6. MAI sind wir in neuer Besetzung in der Stuttgarter ROSENAU. Mit Michael Dikizeyeko & Steve Bimamisa (afrikanische Songs), Marie Louise (Indie-Folk), mit dem Freestyle-Rapper und Zeremonienmeister Toba Borke sowie dem Beatboxer Pheel. Reservierungen ab sofort online: ROSENAU



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LIED DES TAGES



Die aktuelle STN-KOLUMNE:



DIE SONNE

Die Sonnenfinsternis am 20. März 2015 wäre ein gute Gelegenheit gewesen, ein paar schmutzige Banken auszurauben oder zwei, drei Supermärkte zu plündern. Die meisten Leute in der Stadt spielten am Vormittag Hans Guck-in-die Luft. Ein Überfall aufs Rathaus oder den Landtag allerdings hätte wenig Sinn gehabt. Politiker haben sich an den Zustand der Umnachtung gewöhnt.

Nach 1999 habe ich jetzt die zweite, vom Universum verschuldete, Sonnenfinsternis hinter mir. Wie läppisch erscheinen diese gepuschten Ereignisse zur Ankurblung des Clownsbrillen-Geschäfts im Vergleich zu den Lichtausfällen und ­Sonnenuntergängen des Lebens.

Eine Sonnenfinsternis entsteht, wenn sich der Mann im Mond zwischen Sonne und Erde schiebt, eine Flasche Whisky öffnet und den Verlust seiner Mondfrau besingt: „The sun ain’t gonna shine anymore.“ Selbstverständlich zeigt uns der Mann im Mond in diesem Moment den Stinkefinger, weil er nicht weiß, dass diese Geste ihre spirituelle Kraft verloren hat.

Als der Sonntagsschwätzer Günther Jauch in seiner ARD-Sendung eine alte Aufnahme mit dem erhobenen Mittelfinger des griechischen Wirtschaftswissenschaftlers Yanis Varoufakis einblendete, hat er den Stinkefinger als Symbol der Revolte für immer entwürdigt. Beim Anblick des griechischen Mittelfingers war Jauchs ganzes Entsetzen zu spüren: Der einzige Körperteil, der sich je in seinem Leben erhoben hat, ist sein Zeigefinger. Entsprechend belehrt er uns mit der Pädagogik der Hans-Guck-in-die-Luft-­Geschichte. In dieser Horror-Story aus dem deutschen Zuchtmeister-Buch „Struwwelpeter“ braucht es keinen Stinkefinger. Da spürt schon der harmlose Daumenlutscher die blutige Schere des autoritären Stinkstiefels.

Die Freunde dieser Art Erziehung marschieren an diesem Samstag übrigens zur „Demo für alle“ auf den Schillerplatz. Da geht es gegen die „Sexualisierung unserer Kinder“. Die aufgeklärten Menschen des Post-Struwwelpeter-Zeitalters schließen sich der Gegen-Demo au dem Schlossplatz an: „Stuttgart ist und bleibt bunt“ (15 Uhr).

Es ist ein Jammer. Kein Mensch kann in Zukunft mehr guten Gewissens den Stinkefinger zeigen. Seit Jauch ist er zu einer schlappschwänzigen Karikatur des erigierten Digitus medius verkommen. Der Mittelfinger taugt nur noch zum Nasenbohren und für die Finsternis-Taste, sobald Jauch auf Sendung geht. Man müsste schleunigst Workshops abhalten und um ein neues internationales Zeichen wider die Spießigkeit zu erfinden.

Am 20. März 2015 habe ich von der Sonnenfinsternis so gut wie nichts bemerkt, vielleicht auch, weil ich meine Vorhänge nicht aufgezogen hatte, um nicht geblendet zu werden. Die Sonne hat es ja generell schwer, sich gegen die menschliche Unterbelichtung zu behaupten. Für alles Mögliche wird sie missbraucht. Die Grünen beispielsweise tragen eine blühende Sonnenblume als Parteisymbol vor sich her, als hätten sie je an einem Akt der Befruchtung oder Erleuchtung teilgenommen. Dazu passt, dass in Stuttgart das Landtagsgebäude wegen chronischer Umnachtung der Insassen komplett reoviert werden muss. Als ob den Parteiknechten dank besserer Fenster ein Licht aufgehen würde.

Früher sagte man, frei nach dem Dichter Adelbert von Chamisso: „Die Sonne bringt es an den Tag.“ Heute vertraut man, wie im Stuttgarter Landtag, lieber einem Untersuchungsausschuss, etwa bei der Aufklärung der Morde der NSU-Terroristen. Da kommt unsereins bei der Ausleuchtung der Verfassungsschutz-Abgründe und der rätselhaften Polizeiermittlungen schon mal zu der Erkenntnis: Nazi-Zeuge wählte nach seiner Ermordung auf dem Cannstatter Wasen den Freitod.

Die Sonne hat es heute verdammt schwer, etwas Erhellendes in den politischen Alltag zu bringen. Viel schöner ist es, wenn sie von Udo Jürgens aus dem Jenseits besungen wird: „Die Sonne, die Sonne und du-uh-uh-uh-uh, / gehör’n dazu." Da will man gleich eine weiteres berühmtes Lied anstimmen: „Wenn bei Cannstatt die rote Sonne im Meer versinkt ...“ Ja, dann handelt es sich um das Fahnenmeer der furchtlos-treuen VfB-Fans. Diese armen Gestalten haben schon lange kein Licht mehr am Ende ihres Tunnels gesehen, und man fragt sich: In welchem Solarium haben sich die roten Vereinsbosse so langeihr überschaubares Hirn ­verbrannt, bis sie endgültig einen Schatten hatten.

In diesem Sinne, liebes Publikum: Sonnige Tage im wonnigen Stuttgart.



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