Bauers Depeschen


Dienstag, 03. März 2015, 1425. Depesche



 ---------------------------------------------------------





Der Klick zum

LIED DES TAGES



Die meisten Karten sind weg:

FLANEURSALON IN DER FRIEDENAU

Am Mittwoch, 11. März, ist der Flaneursalon in der FRIEDENAU in Stuttgart-Ostheim. Es spielen Stefan Hiss, Dacia Bridges & Gabriel Holz, Roland Baisch. Beginn 20 Uhr. Reservierungen: 07 11 / 2 62 69 24. Die Friedenau, Rotenbergstraße 127, ist leicht mit der Straßenbahn zu erreichen: Linie 9, Haltestelle Raitelsberg, Fußweg 1 Minute.



Die aktuelle STN-KOLUMNE:



AUSSTEIGEN, EINSTEIGEN

Ich bin Straßenbahnfahrer mit Dauerkarte, fühle mich trotz der vielen Bazillen wohl dabei und wage zu behaupten: Wer nie oder nur selten mit der Gelben herumfährt, weiß wenig von den Menschen in der Stadt. Wer die Stadt nur durchs Autofenster sieht, bekommt von der Welt da draußen so viel mit wie ein einsamer Fisch im Aquarium.

Die Straßenbahn dient buchstäblich einer gewissen Lebens-Erfahrung. In einem SSB-Waggon bist du ein Globetrotter, einer, der mit Menschen aus aller Welt unterwegs ist, vielerlei Sprachen und Sounds aufnimmt. Die Straßenbahn ist ein Babylon-Mobil.

Fachleute sagen, selbst in der unverbesserlichen Autostadt Stuttgart sei die Straßenbahn heute ein Verkehrsmittel ohne Sozialbarrieren. Mein Eindruck ist eher: Bei uns reiten weniger Manager-Figuren die Tram als in anderen Städten. So wie bei uns weit weniger gut gekleidete Frauen und Männer auf Fahrrädern durch die Straßen strampeln als anderswo, wo man feines Textil sogar bei üblem Regen im Sattel sieht.

Für meine Gleis-Touren habe ich mir, in Anlehnung an den alten schwäbischen ­Begriff Strampe (für Straßenbahn), die Berufsbezeichnung Strampeur verpasst. Der Strampeur ist die Schienen-Version des Flaneurs, des Stadtspaziergängers. Zum Glück ist vom alten Stuttgarter Schwachsinn auf städtischer Bahnebene nicht viel geblieben: Früher unterschied man die schmalspurige Straßenbahn (etwa die ehemalige Linie 15 nach Stammheim) kategorisch von der in den Achtzigern eingeführten Stadtbahn. So kam es, dass man die regionale S-Bahn (die Abkürzung steht für „Stadtschnellbahn“) bis heute mit der ­gelben Stadtbahn verwechselt. Ende der Achtziger interpretiere man gar offiziell die U-Schilder als Symbole für „Unabhängige Bahn“, weil die Bahnen mehrheitlich nicht im Untergrund verkehrten. In keiner anderen Stadt hat sich je ein Mensch daran gestört, dass eine mit U ausgewiesene Subway oder Metro auch mal überirdisch fährt.

Seit geraumer Zeit gibt es in Stuttgarts U-Bahnstationen die Durchsage: „Bitte lassen Sie aussteigen, bevor Sie einsteigen.“ Beim ersten Hinhören klang das für mich wie eine Dienstanweisung des VfB-Trainers Huub Stevens: Aussteigen, einsteigen, absteigen! Je öfter ich die SSB-Aufforderung höre, desto mehr erinnert sie mich an ein Problem schlechter Fußballer: Nicht zuletzt aufgrund ihrer motorischen Mängel stolpern sie in der Abstiegszone herum. Sie kommen mit Händen und Füßen nicht zurecht, von anderen Körperteilen ganz zu schweigen. Sie haben kein Gespür für den richtigen Moment des Aus- und Einsteigens.

Diese Bewegungsdefizite haben nicht nur körperliche Ursachen. Wer einen Straßenbahnwagen stürmt, bevor die Leute ausgestiegen sind, hat keinerlei Gefühl für den Rhythmus, für das Timing, für die Dramaturgie des Lebens. Diesen Leuten bloße Rücksichtslosigkeit zu unterstellen, wäre zu rücksichtsvoll. Der Drang, mit Gewalt der Erste beim Einstiegen zu sein, hat auch mit Dummheit zu tun. Wer schon rüpelt in ein volles Abteil, wenn er mit Würde und Gelassenheit seinen Platz in einem teils geleerten Waggon findet?

Die Trampelei im U-Bereich der Bahnen ist auch auf den Treppen der Bahnhöfe zu beobachten. Vorzugsweise in Stuttgart, das ist meine Erfahrung, hat sich nie die Strategie durchgesetzt, die Stufen auf der rechten Treppenseite zu nehmen, so dass einem der Gegenverkehr störungsfrei links entgegenkommt. Vielmehr starrt man dauernd in die wütenden Gesichter stramm mittig oder links stapfender Egoisten, die nicht begreifen, warum ihnen der korrekte Rechtsgeher nicht blitzartig ausweicht. Sondern sich innerlich auf einen gerechten Positionskampf auf der symbolischen Lebensleiter des Alltags vorbereitet.

Es liegt mir fern, im öffentlichen Hautnahverkehr nach dem Benimmlehrer zu rufen. Der Knigge von heute folgt auch nur dem Wahn der Deutschen, ständig Regeln aufzustellen, die dann keiner beachtet. Ein kleines Beispiel, wie man mit Trampeln umgeht, bietet New York. Die Verkehrs­betriebe der Stadt haben Machos den Kampf angesagt, Typen, die mit gespreizten Beinen in der U-Bahn sitzen und anderen Leuten den Platz wegnehmen. Mit Plakaten geht man gegen dieses „Manspreading“ vor, die Unsitte von Männern, sich fläzig auszubreiten. Die coolen Männer New Yorks legen sogar eine Schippe drauf: Ein Gentleman, sagen sie, sitzt in der U-Bahn nicht. Er steht. Zum Vorteil der Frauen.

An dieser Stelle steige ich aus mit gewissen Zweifeln, ob es richtig war, in das Thema einzusteigen. Über die wahre spirituelle Kraft der Straßenbahn hat uns der große Kabarettist und Schauspieler Werner Finck in seinem Buch „Alter Narr – was nun?“ eine Stuttgarter Anekdote hinterlassen. Sie erzählt von einem angetrunkenen Mann, der nachts aus dem Depot eine Straßenbahn klaut und damit nach Hause fährt: „Welch eine Zwangsvorstellung, was sage ich, Zwangsvorstellung für Jung und Alt: mit einer Elektrischen dahinzurasen, die Todfeinde des Straßenbahnwesens, die Autos, hinter sich lassend, vorbei an jeder Haltestelle. Vorbei an jeder Haltestelle!!!“



BEITRÄGE schreiben im LESERSALON



FRIENDLY FIRE:

NACHDENKSEITEN

INDYMEDIA LINKS UNTEN

BLICK NACH RECHTS

INDYMEDIA

STÖRUNGSMELDER

FlUEGEL TV

RAILOMOTIVE

EDITION TIAMAT BERLIN

Bittermanns Fußball-Kolumne Blutgrätsche

VINCENT KLINK

KESSEL.TV

GLANZ & ELEND

 

Auswahl


Depeschen 2311 - 2318

Depeschen 2281 - 2310

Depeschen 2251 - 2280

Depeschen 2221 - 2250

Depeschen 2191 - 2220

Depeschen 2161 - 2190

Depeschen 2131 - 2160

Depeschen 2101 - 2130

Depeschen 2071 - 2100

Depeschen 2041 - 2070

Depeschen 2011 - 2040

Depeschen 1981 - 2010

Depeschen 1951 - 1980

Depeschen 1921 - 1950

Depeschen 1891 - 1920

Depeschen 1861 - 1890

Depeschen 1831 - 1860

Depeschen 1801 - 1830

Depeschen 1771 - 1800

Depeschen 1741 - 1770

Depeschen 1711 - 1740

Depeschen 1681 - 1710

Depeschen 1651 - 1680

Depeschen 1621 - 1650

Depeschen 1591 - 1620

Depeschen 1561 - 1590

Depeschen 1531 - 1560

Depeschen 1501 - 1530

Depeschen 1471 - 1500

Depeschen 1441 - 1470

Depeschen 1411 - 1440
01.04.2015

30.03.2015

28.03.2015
26.03.2015

24.03.2015

21.03.2015
19.03.2015

17.03.2015

16.03.2015
14.03.2015

12.03.2015

10.03.2015
07.03.2015

06.03.2015

05.03.2015
03.03.2015

28.02.2015

26.02.2015
24.02.2015

22.02.2015

21.02.2015
17.02.2015

14.02.2015

12.02.2015
11.02.2015

08.02.2015

05.02.2015
01.02.2015

30.01.2015

24.01.2015

Depeschen 1381 - 1410

Depeschen 1351 - 1380

Depeschen 1321 - 1350

Depeschen 1291 - 1320

Depeschen 1261 - 1290

Depeschen 1231 - 1260

Depeschen 1201 - 1230

Depeschen 1171 - 1200

Depeschen 1141 - 1170

Depeschen 1111 - 1140

Depeschen 1081 - 1110

Depeschen 1051 - 1080

Depeschen 1021 - 1050

Depeschen 991 - 1020

Depeschen 961 - 990

Depeschen 931 - 960

Depeschen 901 - 930

Depeschen 871 - 900

Depeschen 841 - 870

Depeschen 811 - 840

Depeschen 781 - 810

Depeschen 751 - 780

Depeschen 721 - 750

Depeschen 691 - 720

Depeschen 661 - 690

Depeschen 631 - 660

Depeschen 601 - 630

Depeschen 571 - 600

Depeschen 541 - 570

Depeschen 511 - 540

Depeschen 481 - 510

Depeschen 451 - 480

Depeschen 421 - 450

Depeschen 391 - 420

Depeschen 361 - 390

Depeschen 331 - 360

Depeschen 301 - 330

Depeschen 271 - 300

Depeschen 241 - 270

Depeschen 211 - 240

Depeschen 181 - 210

Depeschen 151 - 180

Depeschen 121 - 150

Depeschen 91 - 120

Depeschen 61 - 90

Depeschen 31 - 60

Depeschen 1 - 30




© 2007-2024 AD1 media ·