Bauers Depeschen


Dienstag, 28. Oktober 2014, 1370. Depesche



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LIEBES, HOCHVEREHRTES PUBLIKUM,

es gibt es in diesem Jahr noch zwei Flaneursalon-Abende. Am Samstag, 29. November, mit Zam Helga & Ella Estrella Tischa im Selbstverwalteten Stadtteilzentrum Gasparitsch in Ostheim, Rotenbergstraße 125. Und am Dienstag, 16. Dezember, in der Kneipe Schlesinger. Für den Schlesinger hat der Vorverkauf bereits begonnen, wenden Sie sich bitte vertrauensvoll an das herzerfrischend freundliche Gasthauspersonal. 07 11/29 65 15.

Wieder Karten in den günstigen Kategorien gibt es für die Benefiz-Show "Die Nacht der Lieder" am 9. und 10. Dezember im THEATERHAUS. Telefon: 07 11 / 4 02 07 20. Die Einnahmen gehen an die Aktion Weihnachten der StN und damit direkt an Menschen in Not aus der Region.



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LIED DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne:



DER MUSIKER

Es war am späten Samstagnachmittag, als ich die traurige Nachricht hörte. Ich kam gerade aus der Altstadt zurück, wo mir in der Leonhardstraße zufällig der Herr Oberbürgermeister als Spaziergänger begegnet war. Zuletzt hat er ja viel über das historische Stadtquartier geredet und sich jetzt wohl mal angesehen, wie die Politik das Rotlichtviertel seit den Achtzigern hat verkommen lassen.

Es war ein schöner, milder Oktobertag, einer, an dem man den Herbst in der Stadt riechen und spüren konnte. Der Plattenladen Ratzer Records am Leonhardsplatz feierte sein dreißigjähriges Überleben. Nach dem Umzug von der Paulinenstraße ist er seit drei Jahren in der Altstadt.

Bei einem Jubiläum knallen nicht nur die Korken. Es öffnen sich die Bilder im Kopf aus einer anderen Zeit. Und aus­gerechnet an diesem Tag die Nachricht: Jack Bruce ist tot. Gestorben mit 71 Jahren nach einer langwierigen Leberkrankheit auf seinem Anwesen in Suffolk, England.

Anfang der Achtziger lebte der britische Sänger, Bassist und Komponist zurückgezogen in Nellingen auf den Fildern. Es kommt schon mal vor, dass ein Musiker auf Tour unplanmäßig irgendwo hängen bleibt, der Liebe wegen. Nach einem Konzert in der Stuttgarter Liederhalle mit dem Gitarrenstar John McLaughlin hatte Jack Bruce in der Disco AT am Hirschbuckel seine spätere Ehefrau kennegelernt, Margit Seyffer aus Nellingen.

Er gehörte zu der Kategorie Rockstar. Von 1966 hatte er mit dem Gitarristen Eric Clapton und dem Schlagzeuger Ginger Baker die Band Cream zu Welterfolgen geführt. Die erste sogenannte Supergroup der Popgeschichte verkaufte 35 Millionen Platten, hatte Hits wie „I Feel Free“, „White Room“, „Sunshine Of Your Love“, allesamt geschrieben und gesungen von Jack Bruce.

Das bahnbrechende Trio existierte bis 1968, verhalf vor allem bei ausschweifenden Live-Auftritten Bass, Schlagzeug und Gitarre zu einer neuen Gleichberechtigung.

Wer Jack Bruce auf diese Ära reduziert, wird seinem Schaffen in keiner Weise gerecht. Zeit seines Lebens war der Schotte ein experimentierfreudiger Grenzgänger zwischen den Stilen, arbeitete an vielen ungewöhnlichen Projekten, immer gut für überraschende Wendungen.

Einmal, als ich ihn in den Achtzigern besuchen durfte, staunte ich nicht schlecht. Er saß am Klavier und sang ein Lied von Franz Liszt: eine Hommage an seine klassische Ausbildung. Er spielte Cello, Klavier, brillierte mit dem E-Bass, mit der Mundharmonika. Mit seiner Improvisationskunst fand er im Jazz so viel Anerkennung wie im Rock, und als Sänger war und blieb er eine Ausnahmeerscheinung.

Als ich an diesem Samstag im Oktober von seinem Tod erfuhr, ging ich zum Regal und legte sein Album „Silver Rails“ auf. Erst im vergangenen Frühjahr erschienen, spiegelt es das künstlerische Leben des ewig neugieren Pioniers Jack Bruce mit erregender Poesie. Die Songs leben von einer so vertrauten wie überraschenden Sicht auf die Dinge, die sich verändern. Ein Spätwerk mit raffiniertem Stilmix. Schon beim ersten Hören dieses grandiosen Albums war zu ahnen, es könnte das Vermächtnis sein; vorsichtshalber besorgte ich mir Vinyl und CD/DVD gleichzeitig.

An diesem Abend, als der Plattenladen seinen Dreißigsten feierte, kamen die Erinnerungen. 1981 sah ich Jack Bruce zufällig im Publikum des Ludwigsburger Live-Clubs Metropol. Einige Zeit später kam mir, von gutem Bier beflügelt, die unseriöse Idee, ihn um einen Gefallen zu bitten. Ich war ein großer Fan und nie zuvor einem Rockstar in einer heimischen Kneipe begegnet. Im Januar 1982 willigte Jack Bruce ein, er war ein freundlicher Mann, und nach kurzen, kollegialen Proben mit Stuttgarter Musikern gab er ein Konzert in Ludwigsburg. Es spielten der Saxofonist Bernd Konrad, der Pianist Georg Dietl, der Gitarrist ­Hubert Stytz und der Schlagzeuger Jörg Schäfer, damals Musikstudent. Es wurde ein Fest der Freude.

Zwei Monate später gastierte der frühere, damals schwer gezeichnete Cream-Drummer Ginger Baker mit einem Trio im selben Club (der Besitzer des Ladens war Jogi Bühler; von 1989 an machte er etliche Jahre im Alten Schützenhaus in Heslach Veranstaltungen). Nach langem Betteln kam auch Jack Bruce zu Ginger Bakers Auftritt. Diskret saß er weit hinten, ehe er mir nach einigen Songs befahl, seinen Bass aus dem Auto zu holen.

Der Rest war ein tobender Saal. Das Publikum, darunter viele Amerikaner, erlebte zwei Drittel Cream, bevor sich dreiundzwanzig Jahre später die Band ein letztes Mal für vier Shows in der Londoner Royal Albert Hall wiedervereinigte.

1983 veröffentliche Jack Bruce bei der Stuttgarter Firma Intercord seine Synthesizer-LP „Automatic“. Bald danach zog er mit seiner Frau nach England. Margit Seyffer ist auf seinem letzten, in den berühmten Londoner Abbey Road Studios aufgenommenen Album „Silver Rails“ als Produzentin und Songtext-Autorin („Candlelight“) verzeichnet.

John Symon Asher „Jack“ Bruce hinterlässt neben seiner Frau drei Kinder. Er war ein großer, ein konsequenter Künstler, der seine Haltung trotz vieler Verlockungen nicht den Moden und dem Geld opferte. „Silver Rails“ ist ein Nachlass, wie er schöner nicht sein könnte. Das Album baut uns eine Brücke, sie reicht um einiges weiter zurück als bis in die Achtziger, sie führt uns mitten hinein in die Gegenwart, und sie hat kein Ende. Ein zeitloses Meisterwerk.



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