Bauers Depeschen


Donnerstag, 25. September 2014, 1353. Depesche



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FLANEURSALON am Montag, 13. Oktober, im Theaterhaus. 20.15 Uhr. Und immer noch, hochverehrtes Publikum, gibt es gute Karten für gute Plätze im zweitgrößten Schlund des Theaterhauses. Steile Tribüne. Starke Musikanten. Väter und Söhne. Töchter und Väter. Frau Uta Köbernick, die Kabarettistin und Liedermacherin, kommt aus der Schweiz und führt uns durch den Abend.

Karten: THEATERHAUS und 0711/4020 720



SUPPENKÜCHE am Samstag, 11. Oktober, in der Leonhardstraße. 13 Uhr bis 18 Uhr. Drei verschiedene Eintöpfe, einer vegan. Live-Musik mit der Sängerin Anja Binder, dem Gitarristen Jens-Peter Abele, dem Tastenmann Marquis de Shoelch. - Für kleine Geldspenden sind wir dankbar. Wer etwas übrig hat, kann mir schreiben: Bitte "Kontakt" anklicken.



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LIED DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne:



WIE IM BAHNHOF

Ende September ist die Stadt in das wärmende Licht des Altweibersommers getaucht. Dieser Begriff hat einst für Ärger gesorgt, ehe 1989 ein Gericht entschied, dass er „keinen Eingriff in die Persönlichkeits­rechte älterer Damen“ darstellt. Das Wort geht zurück auf das althochdeutsche „weiben“, steht nicht für Silberfäden im Haar, sondern fürs Spinnweben-Knüpfen.

Heute muss ich einen Fehler korrigieren, der mir im geistigen Altmännerherbst unterlief. Im Text über Hitlers Auftritt 1926 im Wulle-Saal habe ich geschrieben, der Diktator sei ein weiteres Mal 1938 in Stuttgart gewesen, beim legendären Kabelattentat. Auch wenn die 8 mit der 3 eine optische Ähnlichkeit hat, ist das ein unverzeihlicher Schnitzer. Die Männer aus dem Widerstand schlugen das Rundfunkkabel bei der Übertragung von Hitlers Rede in der Stadthalle am 15. Februar 1933 durch. Normalerweise habe ich diese Datum im Resthirn richtig gespeichert. Bitte um Pardon.

Damit gehe ich etwas weiter zurück in der Stadtgeschichte. Die Buchhandlung Steinkopf am Rotebühlplatz wurde 1792 gegründet. In ihrem Schaufenster hingen dieser Tage 25 Traueranzeigen, gestaltet „im Gedenken an alle Kollegen, die in den letzten 25 Jahren ihre Buchhandlung geschlossen haben“. Man las unvergessene Namen. Niedlich, Julius, Stehn.

Als Gutenberg im 15. Jahrhundert seinen Buchdruck erfand, sagten Zeitgenossen, es werde hundert Jahre dauern, ehe man die Folgen dieser technischen Revolution begreifen könne. Das Internet, wie wir es als World Wide Web kennen, ist kaum mehr als zwanzig Jahre alt. Wir werden noch Unbegreifliches begreifen müssen, auch wenn viele Leute heute schon die digitale Welt besser kennen als ihre Stadt.

Auf Steinkopfs Trauerliste stand auch der Krimi-Laden Under-Cover im Gerberviertel. Die Besitzerin gab 2013 auf, inzwischen ist eine Boutique eingezogen. Am Leben ist dagegen seit 17 Jahren der Buchladen Erlkoenig in der Nachbarschaft. Das Gerberviertel ist nicht populär. Rudi Doster, 57, ist im Quartier aufgewachsen. Als der Mediengestalter vor ein paar Jahren Dokumente für eine Schau über das Quartier zusammenstellte, machte er Umfragen unter Passanten. Die wenigsten wussten etwas vom Gerberviertel. Stuttgart hat es nach dem Zweiten Weltkrieg nie geschafft, Stadtviertel als halbwegs urbane Nischen mit einer Mischung aus Kneipen, Läden und Wohnungen zu gestalten.

Ins zentral gelegene Gerberviertel dringt der Spaziergänger am besten über die Torstraße vor. Sie beginnt an der Kneipe Tauberquelle mit dem schönen Biergarten. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts stand das älteste Haus der Straße an einer Brücke über den Nesenbach; die Fundamente ­reichen bis ins Mittelalter zurück.

Das Gerberviertel ist klein, überschaubar, seine Grenzen liegen im Norden an der Eberhardstraße mit dem Tagblattturm, im Süden an der Paulinenstraße, im Osten an der Hauptstätter Straße, im Westen an der Tübinger Straße. Es ist nicht leicht, sich darin zurechtzufinden. Es gibt einen regelrechten Adressensalat, Folge des lieblosen Umgangs mit der Gegend. Die Christophstraße (mit der Yeans Halle alle an der Ecke ­Tübinger Straße) biegt so merkwürdig zur Nesenbachstraße ab wie die Eberhardstraße in den Hof zum ehemaligen Renitenztheater.

Als die Investoren daran gingen, das überdimensionierte Einkaufszentrum jenseits der Tübinger Straße – also außerhalb des Gerberviertels – zu bauen, wählten sie den Stolpernamen Das Gerber. Eine Beruhigungstaktik angesichts der auf­muckenden Nachbarn: die politische Marketing-Methode „Einbindung der Bevölkerung.“ Zuvor hatte man lange mit dem gestelzten Begriff „Quartier S“ operiert.

Wer jetzt an der bisher als Rotebühlplatz/Stadtmitte bekannten U-Bahnhaltestelle ankommt, hört die Durchsage „Rotebühlplatz/Das Gerber“. Namen von Haltestellen kann man kaufen. Das ist üblich. Das wahre Gerberviertel allerdings wird vollends verdrängt von Stuttgarts neuem Einkaufskomplex. Der Bau sieht aus, wie diese Dinger überall aussehen. Hätte man ein paar Eisenbahngleise ins Untergeschoss gelegt, könnte das ­„Gerber Center“ (Werbung einer Klamottenkette) leicht auch als handelsüblicher Bahnhof durchgehen.

Eine Weile bin ich in dem Bau herumgestiefelt. Im Erdgeschoss fand ich tatsächlich eine Art Plattenladen. Name: Vintage Vinyl Disco. Ich schätze, da geht es um die „Einbindung von Kultur“. Rasch bin ich weggerannt Richtung Gerberviertel.



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