Bauers Depeschen


Dienstag, 01. Juli 2014, 1311. Depesche



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FLANEURSALON IM THEATERHAUS

Uta Köbernick. Ella Estrella Tischa. Zam Helga. Toba Borke & Pheel. Sie alle treten am Montag, 13. Oktober, im Flaneursalon auf. Schauplatz: THEATERHAUS. Der Vorverkauf läuft. Kartentelefon: 07 11/4020 720.



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Die aktuelle StN-Kolumne:



HAVARIE

Wenn in Stuttgart etwas auf dem Neckar stattfindet, werde ich hellhörig, weil in Stuttgart der Neckar an sich nicht stattfindet. Das Fritz-Erler-Forum, das Landesbüro der sozialdemokratischen Friedrich-Ebert-Stiftung, lud am Sonntag mit dem Cannstatter Verein `s Dudelsäckle (zur Pflege der musischen Kunst) zu einem Vortrag über das politische Leben des Schriftstellers Thaddäus Troll auf das Clubschiff der Wassersportgemeinschaft Hofen.

Den vorherigen Satz mit den vielen ­Namen kann ich nicht so stehen lassen. Beginnen wir mit dem Sozialdemokraten Friedrich Ebert, dann sind wir schon mitten in Stuttgart. Von 1919 an Reichspräsident der Weimarer Republik. Beim Kapp-Putsch im März 1920 flüchtet er mit seiner Berliner Regierung und dem Reichstag vor den rechtsextremen Militärhorden nach Stuttgart. Eberts Regierung tagt im Alten Schloss, der Reichstag im Württembergischen Kunstverein am Schlossplatz, exakt an dem Ort, wo heute, nach der Flucht vor den Bauarbeitern, Baden-Württembergs Landtag sein Unwesen treibt. 1920 wohnen viele der Berliner Politiker im noblen, international bekannten Hotel Marquardt neben Stuttgarts erstem Bahnhof in der Schlossstraße (heute Bolzstraße), Friedrich Ebert selbst logiert im Alten Schloss.

Weiter zu Fritz Erler. SPD-Politiker, 1913 in Berlin geboren. Unter den Nazis als Verwaltungsbeamter im Widerstand, 1939 zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt; auf einem der Todesmärsche vom KZ Dachau aus kann er fliehen und sich in Süddeutschland verstecken. Nach der Hitler-Diktatur macht er Karriere in der SPD, wird 1963 Oppositionsführer im Bundestag. 1967 stirbt er in Pforzheim, was ich schon deshalb erwähnen muss, damit man nicht immer nur mit Schrecken an Mappus denkt, sobald der ­ohnehin schräge Name Pforzheim fällt.

Thaddäus Troll (Dr. Hans Bayer) ist hierzulande ein bekannter Mann. 1967 gelingt ihm der Bestseller „Deutschland deine Schwaben“, er schreibt das Theaterstück „Entaklemmer“, er ist eine schwäbische Institution. In diesem Jahr feiert man den 100. Geburtstag des Dichters, auch er hat eine sozialdemokratische Geschichte. Nachdem er die Nazi-Diktatur als Mitläufer und Propaganda-Offizier der Wehrmacht im Rang eines Leutnants überlebt hat, schließt er sich, voller Selbstvorwürfe, ­Anfang der siebziger Jahre der bundesweit organisierten SPD-Wähler­initiative an. Intellektuelle wie die Schriftsteller Günter Grass und Siegfried Lenz und der Maler HAP Grieshaber begleiten die SPD Willy Brandts mit ­„kritischer ­Sympathie“ (nicht zu verwechseln mit der heutigen „kritischen Begleitung“ der grünen Stuttgart-21-Mitläufer). Sogar der Berliner Kabarett-Anarcho Wolfgang Neuss hilft eine Weile, unvergessen sein von Esso geklauter Tiger-Spruch: „Pack den Willy in den Tank!“

Auf dem kleinen Schiff in Hofen kommt ein stattlicher Haufen Sozialdemokratie zusammen, dachte ich, als ich mir an Bord den aufschlussreichen, spannend aufgebauten Troll-Vortrag des Berliner Literaturwissenschaftlers Martin Kölbel anhörte. Die Karriere des politischen Menschen Hans Bayer lehrt uns viel über das Deutschland der Nazis und die demokratischen Wiedergutmachungsversuche nach dem Krieg. Thaddäus Troll, am 18. März 1914 in Bad Cannstatt geboren, wählte 1980 den Freitod. Sein bescheidenes Grab findet man auf dem Cannstatter Steigfriedhof.

Bemerkenswert, dachte ich, wie es die SPD mit ihrer großen Stuttgarter Tradition geschafft hat, dermaßen auf den Hund zu kommen. Bei den jüngsten Kommunal­wahlen ging sie mit sagenhaften 14 Prozent unter. Als man ihren Spitzenkandidaten Martin Körner nach den Gründen der ­ Sozen-Havarie fragte, sagte er: „Wir brauchen ein modernes Image.“ Seltsam, dachte ich. Als ich Herrn Körner mal bei einem Wahlkampfauftritt beobachtete, ließ er so ziemlich alles vom Stapel, was ihm wohl der  Modernisierungs-Coach irgendeiner Laienspieltruppe in den Fächern Gestik und Intonation beigebracht hat. Drollig seine Bemühungen um offene Laute und ein stimmhaftes „S“ beim Sprechen. Als wäre er aus einem Marketing-Workshop zur ­Herstellung parteipolitischer Serien­modelle vom Typ SPD Coupé gepurzelt.

Ein Ausflug auf ein Neckarschiff, selbst wenn es vor Anker liegt, ist eine anregende Sache. Auch eine wichtige Zeitzeugin war an Bord, Thaddäus Trolls Sekretärin ­Eleonore Lindenberg. Man kann also noch einiges erfahren bei Bedarf und sollte noch viele Boote zu Wasser lassen in dieser Stadt, um ihrer Geschichte näher zu kommen. Es ist im Übrigen schön am ­Neckar bei Hofen, Blick auf die Weinberge. Bei Angst vor einem sozialdemokratischen Schiffs­untergang gelingt einem die Flucht leicht mit der ­Straßenbahn der Linie 14. 



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