Bauers Depeschen


Sonntag, 09. März 2014, 1257. Depesche



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AUSWÄRTSSIEG: Jahn Regensburg - Stuttgarter Kickers 0:1



FLANEURSALON IM LAB

Am Mittwoch, 28. Mai 2014, 20 Uhr: Der Flaneursalon gastiert endlich in Stuttgarts ältestem Live-Club, im LABORATORIUM im Osten. Mit Stefan Hiss & Friends, Dacia Bridges & Uwe Metzler (g), Roland Baisch.



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LIED DES TAGES



NEUES VON DEN PAPIERTIGERN

Klaus Bittermann, Berliner Verleger (Edition Tiamat) und Autor ("Alles schick in Kreuzberg"), ist am Dienstag, 18. März, mein Gast in der Reihe "Die Papiertiger" im Café Weiß. Der Leseabend mit Liedern von Roland Baisch & The White Tigers beginnt um 19.30 Uhr. Eintritt frei. Reservierungen (Mo - Sa ab 19 Uhr): 07 11/24 41 21. Kostproben von Bittermanns Flaneur-Notizen findet man in der Depesche vom 7. März.



Ein Beitrag für "Sonntag aktuell":



FAMILIENFEUER

Wolfgang & Florian Dauner haben ihre erste gemeinsame CD gemacht

Von Joe Bauer

Es gibt diese Augenblicke, da sich die Bilder zusammenfügen wie im Kino. Als wir uns in in der Lounge eines Nobelhotels gerade über die seltsamen Wege des Musikgeschäfts unterhalten, fängt irgendwo einer an, auf einem Klavier herumzuklimpern. Wir können ihn nicht sehen, beim Blick auf den Gesichtsausdruck des Jazz-Virtuosen Wolfgang Dauner aber fällt einem unweigerlich Francois Truffauts berühmter Film ein: „Schießen Sie auf den Pianisten“. Rasch beginnt Dauner die Geschichte zu erzählen, wie ihn einmal in Chicago die Chopin-Interpretationen eines asiatischen Kollegen fast umgehauen hätten, nie wieder habe er eine so großartige Darbietung erlebt, wie damals morgens um acht bei der Heimkehr ins Hotel. Wir müssen lachen. Unser Pianist bleibt am Leben.

Der Stuttgarter Pianist und Komponist Wolfgang Dauner ist im vergangenen Dezember achtundsiebzig geworden, jetzt hat er mit seinem Sohn, dem Schlagzeuger Florian Dauner, 43, die erste gemeinsame Platte veröffentlicht: „Dauner // Dauner“. Am 20. März präsentieren sie ihre CD live in der Stuttgarter „SpardaWelt“.

Das Album, eine Art klug aufgebaute Retrospektive eines Künstlerlebens ohne Berührunsängste, ist auch ein Dokument der Annäherung von Generationen und des Bewusstseinswandels deutscher Musiker. In den vergangenen Jahrzehnten haben sie Genre-Barrieren abgebaut und Dünkel abgelegt. Nicht nur aus Gründen ihrer Familien-Bande haben Vater und Sohn einen gemeinsamen Nenner gefunden. Die Dauners stehen als Kronzeugen dafür, wie sich gute Profis auf den neuen Maßstab ihres Berufs geeinigt haben: Es gibt nur gute und schlechte Musik. Der Rest ist Marketing.

1975 gründen internationale Musiker nach einer Idee des Kulturmanagers Werner Schretzmeier und unter der Leitung von Wolfgang Dauner das United Jazz & Rock Ensemble. Am Schlagzeug der neunköpfigen Formation sitzt Jon Hiseman; der grenzgängerische Brite hat es zuvor mit Bands wie der Graham Bond Organization und Colosseum zu Rockstar-Ruhm gebracht. 1977 spielt United im Schützenhaus in Stuttgart-Heslach ihre erste LP ein. Der Laden gilt nicht gerade als großes Konzerthaus, hat aber eine Geschichte. Siebzig Jahre zuvor besuchte hier Lenin den Internationalen Sozialistenkongress. Eine Fußnote, die zu Dauners frühem Engagement in der Arbeiterbewegung passt. Bei diesem Konzert entsteht nicht nur die sensationell erfolgreiche United-Platte „Live im Schützenhaus“, dieser Abend prägt auch das Leben eines sechsjährigen Jungen namens Florian, genannt Flo. Während der Show kauert hockt er unter dem Flügel des Vaters, beobachte aber nicht etwa die virtuose Arbeit von Papa, er ist hin und weg von der furiosen Akrobatik des Schlagzeugers Jon Hiseman. An diesem Tag beschließt Florian Dauner, Trommler zu werden. Anfang der Neunziger, kurz bevor er sein Studium am berühmten Music College of Berklee in Boston/USA beginnt, musiziert er im Schützenhaus erstmals öffentlich mit seinem Vater, begleitet von dem Alt-Saxophonisten Charlie Mariano, Mitglied im United Jazz & Rock Ensemble. Schon bald danach, sagt Dauner senior, sei ihm die Idee gekommen, mit Dauner junior eine Platte aufzunehmen. Gute Dinge aber, fügt er hinzu, dauerten bei seiner Art von Musikauffassung auch mal länger. Vielleicht wollte er warten, bis aus Lehrer und Schüler Kollegen, wie aus Vater und Sohn Partner wurden. Partner, die sich blind verstehen auf der Bühne, wo es aus heiterem Himmel gefährlich blitzt und befreiend donnert, wenn ihre Energien aufeinandertreffen. „Vor dem Spielen denke ich daran, dass er mein Vater ist, beim Spielen vergesse ich es“, sagt Florian. Frage an den Senior: Sind Sie zufrieden mit der Arbeit Ihres Sohns? „Ja, sehr. Sonst hätte ich die Platte nicht gemacht.“

Dauner & Dauner, das ist eine Familiengeschichte voller berührender Kapitel. Der Senior erlebt eine harte Kindheit in Stuttgart-Bad Cannstatt. Seine Tante Berta, schreibt Wolfgang Schorlau in seiner Dauner-Biografie „Das brennende Klavier“, „hat den Wurm zunächst zu sich genommen und so verhindert, dass er ins Waisenhaus abgeschoben oder zur Adoption freigegeben wird“. Tante Berta gibt Wolfgang zum Glück auch Klavierunterricht, sie erkennt sein Talent, und später ist Vater Dauner klar, dass er seinen Sohn „so sensibel wie möglich, frei von allen Zwängen“ an die Musik heranführen wird. Nie habe er ihm davon abgeraten, Schlagzeuger zu werden, ihm nur empfohlen, Klavier als Zweitinstrument zu lernen. Von einer Indien-Tournee für das Goethe-Institut mit den German All Stars bringt er Flo eine mit zwei Fellen bespannte Doppeltrommel namens Mridangam mit, und er schwört Stein und Bein, schon an diesem exotischen Teil habe der Filius großes Talent gezeigt. Inzwischen ist Florian seit zwanzig Jahren Drummer der Fantastischen Vier, bewegt, wie der Musiker Manfred Schoof im CD-Booklet schreibt, als „rhythmischer Motor“ die deutschen Hip-Hop-Stars. Ohne seinen brillanten Groove sind die ewig frischen Fantas nur schwer vorstellbar.

Wir präzise und effektiv er Florian Dauner spielt, hat sich herumgesprochen. Die Crew des englischen Popstars Sarah Brightman verpflichtete ihn 2004 für die hundert Shows ihrer Welt-Tournee, er trommelte für sie in Tokio, Sydney, im Madison Square Garden von New York. Damit sind wir bei der edelsten Disziplin der Dauners. Sie reden nicht von Jazz und Rock, von Pop und Klassik. Sie beschwören die unersetzbare Erfahrung, live zu spielen, die Momente in einer Band, wenn das Feuer überspringt. „Viele Musiker heute haben studiert, sie sind technisch sehr gut, aber sie üben allein zu Hause. Irgendwann nehmen sie eine CD auf, ohne das Material je auf einer Bühne gespielt zu haben. So entstehen aseptische, cleane, abstrakte Produkte ohne Leben“, sagt Dauner junior. Früher hätten sie eine komplette LP in ein paar Stunden im Studio aufgenommen, die Stücke aber zuvor zwanzigmal auf der Bühne gespielt, sagte Dauner senior. Heute fehlten in den Städten die Auftrittsmöglichkeiten. „Jeder kann heute zu Hause eine CD produzieren“, sagt Florian, „alles wird technisch immer billiger, aber musikalisch immer schlechter.“

Die CD „Dauner // Dauner“ ist ein buntes Fest fürs Leben, unterstützt von den großartigen Bassisten Eberhard Weber und Dieter Ilg und dem Multi-Instrumentalisten Phil Kullmann. Zehn Stücke zwischen grandioser Spielfreude und lyrischer Verspieltheit öffnen den Blick in die Welten der Grenzgänger, und man begegnet wieder einmal dem Humor, den der große Wolfgang Dauner nie verloren hat. „Who Left The Dog Out …?“ heißt ein Titel. Wer hat den verdammten Hund rausgelassen? Keine Angst: Er steckt im Booklet, schießen Sie nicht auf ihn, er will nur spielen.

>>> CD „Dauner // Dauner“. Live-Präsentation am Donnerstag, 20. März, in der Stuttgarter SpardaWelt am Hauptbahnhof. 20 Uhr. Karten: 0711/2006-3806 und 0711/255 5555.



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