Bauers DepeschenDonnerstag, 07. März 2013, 1068. DepescheFLAENURSALON LIVE Freitag, 17. Mai: Familien-Bande im THEATER RAMPE (Vorverkauf). Samstag, 6. Juli: Hafen-Picknick am Neckarufer. Montag, 4. November: "15 Jahre Flaneursalon" im THEATERHAUS (Vorverkauf). SOUNDTRACK DES TAGES Die aktuelle StN-Kolumne: AM TAG, ALS JACK ANGLIN STARB Es war der 6. März und Frühling, als der Bauer die Rösslein anspannen wollte, dann aber lieber die Straßenbahn nahm, weil er die Rückkehr des Winters roch. Mir fiel ein, wie ich kürzlich in eine Bahn eingestiegen war, die auf der Längsseite von einer merkwürdigen Botschaft verunstaltet war. Mit riesigen Buchstaben stand auf dem Wagen geschrieben: „Der Clevere wohnt hier. Warum auf der Straße sitzen?“ Ich dachte, die Chefs der heimischen Verkehrsbetriebe hätten in diesem hundsgemeinen Winter 12/13 ihre Menschlichkeit entdeckt und ihre gut beheizten Waggons den Obdachlosen der Stadt geöffnet. Es war in diesem Winter eindeutig zu kalt, um auf der Straße zu überleben. Die Indianerzelte im Schlossgarten neben dem Bahnhof hatte die Polizei längst beseitigt, und andere billige Absteigen gab es kaum. Eine Straßenbahn wäre für den Nichtsesshaften der perfekte Ort, nach getaner Trebe sein Haupt zur Ruhe zu legen, auch wenn die vielen Telefone im Abteil viel Ärger und schlechte Musik machen. Auf den Schienen wäre der Vagabund sogar im Schlaf unterwegs, er käme herum und könnte im Gegensatz zum Autofahrer seinen Horizont erweitern. Leider galt die Botschaft nicht den Obdachlosen, sie war Teil einer Werbekampagne der Wohnungsbaugenossenschaft Stuttgart. Was es mit der tolldreisten Zeile „Der Clevere wohnt hier. Warum auf der Straße sitzen?“ auf sich hat, lässt sich vielleicht heute, am 7. März, auf dem Schlossplatz klären. Gewerkschaften, Parteien und Bürgerinitiativen rufen zu einer großen Kundgebung auf: „Wohnen bezahlbar machen – Stoppt die Mietpreisexplosion!“ Beginn ist um 17 Uhr. Überhaupt kommen in diesem März 2013 wichtige politische Dinge zusammen, zumal am Achten des Monats, also schon an diesem Freitag, der Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frau und den Weltfrieden im Kalender steht. Populär ist dieser Termin als „Weltfrauentag“, und wie viele andere demokratische und fortschrittliche Aktionen hat er seinen Ursprung im rebellischen Stuttgart. 1907 wird Clara Zetkin, seit 1892Redakteurin bei der Stuttgarter SPD-Frauenzeitschrift „Die Gleichheit“, auf der ersten Internationalen Konferenz sozialistischer Frauen in Stuttgart zur Vorsitzenden des Internationalen Frauensekretariats gewählt. Im März 1908 kommen während eines Arbeiterinnen-Streiks in der New Yorker Textilfabrik Cotton 129 Frauen bei einem Brand ums Leben. Die Fabrikbesitzer haben die Türen verschlossen, um solidarische Aktionen zu verhindern. Dieser Vorfall bleibt nicht ohne Folgen: Zwei Jahre später ruft Clara Zetkin beim Kongress in Kopenhagen den Internationalen Frauentag ins Leben; er findet erstmals am 19. März 1911 statt, einen Tag nach der Gedenkfeier für die Gefallenen der Revolution von 1848. Clara Zetkin hat bekanntlich viele Jahre in Stuttgart gelebt, von 1899 bis 1903 in der Blumenstraße 43, im heute traditionsreichen Autohaus Albrecht & Deffner (beim Olgaeck), danach bis 1925 in Sillenbuch. Es gibt in ihrer Biografie neben vielen politischen Kämpfen auch einige privater Turbulenzen. Um all diese Kapitel zu erörtern, bräuchte man viele Buchseiten. In Wahrheit bin ich beim revolutionären Frauentag gelandet, weil der März ein magischer Monat ist und ich neugierig war auf weitere wichtige Daten. Auf meinem Schreibtisch liegt das Buch „The Beat Goes On“, es sieht aus wie eine Bibel und heißt im Untertitel „Kalendarium toter Musiker“. Darin blätterte ich und stieß auf eine denkwürdige Geschichte. Heute vor fünfzig Jahren starb Jack Anglin, der Partner von Johnnie Wright im Country-Duo Johnnie & Jack. Womöglich hätte Jack Anglin nie Eingang in mein schwarzes Buch des Todes gefunden, hätte er sein Leben nicht bei einem Autounfall auf dem Weg zur Beerdigung der Countrysängerin Patsy Cline verloren. Patsy, 30 Jahre jung und ein echter Superstar, war zwei Tage zuvor auf dem Weg nach Nashville mit dem Flugzeug abgestürzt. Zum Frauentag werde ich mir eine Platte von ihr besorgen (und zu Lebzeiten besser nicht anhören). KOMMENTARE SCHREIBEN IM LESERSALON FRIENDLY FIRE: NACHDENKSEITEN BLICK NACH RECHTS FlUEGEL TV RAILOMOTIVE EDITION TIAMAT BERLIN Bittermanns Fußball-Kolumne Blutgrätsche VINCENT KLINK KESSEL.TV GLANZ & ELEND |
Auswahl |