Bauers Depeschen


Donnerstag, 21. Februar 2013, 1061. Depesche

SOUNDTRACK DES TAGES



Am Samstag:

GROSSKUNDGEBUNG GEGEN

STUTTGART 21 - ZEICHEN SETZEN!

An diesem Samstag, 23. Februar, findet auf dem Stuttgarter Schlossplatz die wichtige Großkundgebung gegen Stuttgart 21 statt: Es geht um ein starkes Zeichen für die ganze Republik gegen Größenwahn, Profitgier, Stadtzerstörung, Machtmissbrauch. Veranstalter sind die Architekten für K 21 und das Aktionsbündnis. Es sprechen Franz Alt, Hannes Rockenbauch, Brigitte Dahlbender, Peter Pätzold und unsereins. Musik machen die Profis vom Lenkungskreis Jazz: HP Ockert (Trompete), Ekkehard Rössle (Saxofon), Günter Weiss (Gitarre), Markus Bodenseh (Bass), Torsten Krill (Schlagzeug). Beginn ist um 13.30 Uhr. Motto: "Endstation Stuttgart 21 - bitte alle aussteigen!"

Achtung, fluegel.tv wird neu aktiviert: DER DEMO-TRAILER



Ebenfalls am Samstag rufen Antifaschisten zur Demo gegen den Nazi-Aufmarsch in Pforzheim auf: INFO



Aus dem Depot:



DIE STRASSE

Ich kenne mich nicht aus in Stuttgart, und andere, die hier wohnen, noch weniger. Es ist eine Schande. Hab neulich eine Blitzumfrage gemacht: Wer weiß, wo die Gaisburgstraße ist? Keiner hat es gewusst. Zur Strafe habe ich nachgeschaut und bin hingelaufen, die Gaisburgstraße war nur ein paar Meter vom Charlottenplatz entfernt.

Charlottenstraße hinauf Richtung Olgaeck, links ab. Verwinkeltes Alt-Stuttgart, Bäume, Hänge und andere Sachen aus dem Naturkostladen. Man kann dort nächtens beim Wirt am Berg einkehren. Der Wirt am Berg ist ein kleines Hotel mit einer mannshohen Menschenskulptur über der Tür, die Figur verschnörkelt und hügelig: elegant wie Stuttgart.

Es gibt blitzgescheite Leute, die nie in der Gaisburgstraße waren, aber aus eintausend Kilometern Entfernung die neue deutsche Hauptstadt entdeckt haben. Sie sprechen von der "Stuttgarter Republik". Dieser Begriff hat etwas mit Abriss, Aufstand und Demokratie zu tun, wird aber von den wenigstens Leuten verstanden.

In einer Fernsehshow des Berliner Comedy-Stars Mario Barth habe ich eine Nummer zum Nachdenken gesehen. Herr Barth, der berühmte Sohn eines in Stuttgart gescheiterten Kneipenwirts, erzählt dem Publikum mit allerlei ekligen Nebengeräuschen, wie ihn sein Vater als Pädagoge beeindruckt hat. Der Vater sagte: Solange du deine Füße unter meinen Tisch streckst, machst du, was ich dir sage.

Wie die meisten von Mario Barths Witzen ist auch dieser nicht lustig, er hat keine Pointe, er ist nicht einmal traurig. Trotzdem haben die Leute furchtbar gelacht. Das lag nicht an Mario Barths Nebengeräuschen, die vom Eigenleben des Darms beeinflusst sind. Die Leute haben gelacht, weil sie sich in diesem Satz wiedererkannten. Wenn man sich in einer schlimmen Situation wiedererkennt, nachdem schon eine gewisse Zeit der Trauer vergangen ist, freut man sich und lacht.

Jeder kann das für sich ausprobieren. Angenommen, man sagt vor Publikum: Gestern habe ich mir Unterhosen gekauft, dann lachen die Menschen nur bedingt. Sagt man aber: Vor zehn Jahren habe ich mir Unterhosen bei Breuninger gekauft, dann lachen und freuen sich alle, die ebenfalls vor zehn oder zwanzig Jahren Unterhosen bei Breuninger gekauft haben. In diesem Vorgang offenbart sich ein Geheimnis des Witzes: Eine Tragödie, in diesem Fall das Unterhosenkaufen bei Breuninger, taugt erst dann zum Witz, wenn zwischen Tragödie und dem Blick auf die Tragödie eine angemessene Zeit vergangen ist. Vorsichtiger ausgedrückt: Heute darf man über Hitlers Unterhosen Witze machen, selbst wenn er keine getragen hat.

Der in Baden-Württemberg beheimatete Tunnelbohrer Herrenknecht hat gesagt: Wenn die Regierung von Baden-Württemberg das Projekt Stuttgart 21 scheitern lässt, werde ich mit meinem kompletten Unternehmen und Unterhosenbestand nach Bayern gehen oder den Anschluss an Österreich suchen. Darüber hat keiner gelacht, weil sich in diesem Tunnelbohrerhumor keiner wiedererkennt. Es fehlt der Wiedererkennungswert: Kein Mensch geht freiwillig von Baden-Württemberg nach Bayern oder Österreich.

Herrn Herrenknechts politischen Humor erkennt jeder, der eine Vorstellung von Mario Barth besucht hat. Herr Herrenknecht hat der Regierung bzw. den Wählern nichts anderes gesagt als Vater Barth seinem Sohn Barth: Solange ihr eure Füße unter meinen Tisch streckt, macht ihr gefälligst, was ich euch sage. Und wenn nicht, gehe ich mitsamt meinem gedeckten Tisch nach Bayern oder Österreich. Dann könnt ihr eure ungewaschenen Füße in die Luft strecken, denn ich habe hier die Unterhosen an.

Man könnte Herrn Herrenknecht erwidern: Macht nichts, unsere Füße fühlen sich an der Luft wohler als im Tunnel, und unsere Füße verstehen etwas vom Leben, sie haben uns weit getragen. Doch diese Haltung gilt als fortschrittsfeindlich, weil die Füße ihre Bedeutung als Instrument des Fortschreitens verloren haben. Manche halten ihre Tunnelhirne für besser geeignet.

Der Fortschritt ist nicht zum Lachen, weil der Fortschrittstragödie für einen Witz der Zeitfaktor, der Abstand, fehlt. Anders gesagt: Weil uns die Stuttgarter Fortschrittstragödie erst noch bevorsteht, können wir darüber erst lachen, wenn unsere Zukunft vorbei ist. Dann aber wird unser Lachen kein Irdischer mehr hören.

Das mag kompliziert klingen von einem, der gestern noch nicht wusste, wo die Gaisburgstraße liegt. Diese Ahnungslosigkeit wiederum ist üblich bei Leuten, die ihre Füße lieber unter den Tisch strecken, als auf die Straße zu gehen.



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FLANEURSALON: FAMILIEN-BANDE IN DER RAMPE

Am Freitag, 17. Mai, gibt es die Flaneursalon-Familiensaga im THEATER RAMPE geplant: Roland Baisch tritt mit seinem Sohn Sam Baisch auf, Zam Helga mit seiner Tochter Ella Estrella Tischa. Dazu haben wir den Rapper Toba Borke und seinen Beatboxer Pheel im Programm. Talkin' 'bout my generation ... Der Vorverkauf hat begonnen.

Am Samstag, 6. Juli, steigt zum 2. Mal unser HAFEN-PICKNICK am Neckarufer. Sicher ist, dass die exzellente Songwriter-Band YASMINE TOURIST mit von der Partie ist.



SIGNIERTE BÜCHER BEI RATZER

Die kleine Nachauflage meines Buchs ist ausgeliefert - es gibt auch wieder signierte Exemplare im Plattencafé Ratzer Records am Leonhardsplatz.



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