Bauers Depeschen


Dienstag, 05. Juni 2012, 923. Depesche



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FLANEURSALON IM NECKARHAFEN

Sonntag, 24. Juni, Mittelkai

Das neue Bild für die Depeschen-Seite (rechts) hat der Fotograf und Kollege Leif Piechowski am Ort unserer Flaneursalon-Show im Stuttgarter Hafen gemacht. Aus gutem Grund appelliere ich an alle Homepage-Besucherinnen und -Besucher, an die Freunde bunter und informativer Unterhaltung: Unterstützt unser Hafen-Picknick, die Hommage an den Neckar, besorgt Euch bitte Karten im Vorverkauf für unser (überdachtes) Hafen-Picknick am Sonntag, 24. Juni. Auf die Bühne, einen Eisenbahnwaggon, gehen Roland Baisch & The Countryboys, das Elektro-Duo Putte & Edgar, die Sängerin Dacia Bridges und der Beatboxer Pheel. Wäre schade, wennn der Flaneursalon ausgerechnet bei dieser Aktion baden gehen würde ... Hier geht es zum rettenden Ufer: HAFEN-PICKNICK

(Siehe auch rechts das Archiv, Depesche vom 20. Mai)



SOUNDTRACK DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne:



DER SEEMANN MIT DEN SPITZEN SCHUHEN

Dummerweise gehört die Danneckerstraße über der Hohenheimer Straße nicht zu meinen Gewohnheitsrouten. Da oben tut sich ein selten schönes Stück Stuttgart auf. Ich bin auf dem Weg zu dem Theaterregisseur Volker Lösch, 49, und ich glaube, es war Schicksal, dass er in dieser Straße eine Wohnung fand. Johann Heinrich Dannecker (1758 bis 1841) war ein berühmter Stuttgarter Bildhauer und Sohn eines Stallknechts und Kutschers. Das sind Verbindungen, die dem Bühnenmenschen Lösch gefallen. Gut, wenn Kunst von unten kommt.

Wir sitzen auf Löschs Terrasse, und vor uns liegt die Kessellandschaft, wie von überirdischer Bildhauerhand geschaffen. Der erste Eindruck ist prickelnd, als würde sich der Vorhang zu einem unbekannten Stück öffnen. Stuttgart ist die Stadt auf den zweiten Blick, sagt Lösch. Als er 2005 aus Düsseldorf als Hausregisseur zum Stuttgarter Staatsschauspiel kam, begleiteten ihn Spott und Mitleid von Kollegen.

Stuttgart, wie kann man bloß?

Lösch kann mit merkwürdigen Orten umgehen. Er entdeckt sie, schlachtet sie aus, bringt sie auf die Bühne

Sein Vater, ein Lehrer, arbeitet im Ausland an deutschen Schulen. Als kleiner Junge fuhr Volker mit der Familie auf dem Schiff von Genua/Italien nach Santos/Brasilien. Ziel Montevideo/Uruguay. An Bord beschloss er, zur See zu fahren. Er verdingte sich drei Jahre bei der Marine und kreuzte auf Windjammern die Meere, bevor er den Wehrdienst verweigerte und zur Schauspielschule ging.

Wer Lösch begegnet, vermutet keinen Seemann in ihm. Er trägt dunkle Anzüge und spitze Schuhe. Er erscheint gut gebaut, drahtig, und man möchte sich mit diesem kantigen Glatzkopf nicht auf ein Ding im Ring einlassen.

Neulich lehnten ihn die Politiker als Intendanten des Theaters Leipzig ab, obwohl sich die Findungskommission der Experten bereits für ihn entschieden hatte. So etwas kommt in der Branche selten vor. Volker Lösch gilt als „Skandalregisseur“. Einige Kritiker sagen, er sei kein Regisseur, sondern ein Krawallmacher. In Leipzig nannte man ihn hinter vorgehaltener Hand den „Hetzer von Stuttgart“.

Lösch holt die Konflikte einer Stadt nicht nur auf die Bühne, er geht auch hinaus auf die Straße, um sie auszutragen. Seine polemischen, mit lauter, voller Stimme vorgetragenen Reden auf Demonstrationen gegen Stuttgart 21 sind gefürchtet, verhasst.

Lösch ist keiner, der hasst. Er hat ein Markenzeichen, er ist das Feindbild. Auch als Redner, sagt er, spiele er eine Rolle, pflege die Dramaturgie der Zuspitzung. Politikern rät er, ihre Rhetorik, ihre Artikulation zu schulen. Reden und sprechen können, sagt er, ist das Handwerk des Politikers, viele vernachlässigen es sträflich.

Zurzeit ist im Schauspielhaus am Eckensee Löschs Inszenierung von Albert Camus’ Revolutionsdrama „Die Gerechten“ zu sehen. Lösch hat in den Titel das Wort Occupy eingefügt und das Stück entsprechend bearbeitet. Er nutzt die lustige Handzeichensprache realer Occupy-Diskussionen, um die Zuschauer in das Stück einzubeziehen. Weil die Bühnentechnik im Haus seit den Umbauarbeiten defekt ist, lässt er die Schauspieler Camus-Szenen vor einem eisernen Vorhang spielen. Leiten die Akteure ansatzlos über zur Publikumsbefragung, melden sich regelmäßig erboste Zuschauer: Wir haben Eintritt bezahlt, das Haus ist subventioniert, wir wollen Theater, keine Propaganda. In Wahrheit ist der Abend mit leichter Hand gestaltet, mit einem Augenzwinkern gegen kulinarische Kunst.

Lösch sagt, er mache keine Kunst, sondern Theater, er hole konfliktgeladene Themen der Stadt auf die Bühne. Dazu setzt er in seinen Stücken Laien ein, Betroffene wie Hartz-IV-Empfänger, greift zurück auf die Tradition der Bürgerchöre. Die einen lieben ihn für seine derben Bilder aus dem Leben, die anderen halten ihn für einen agitatorischen Scharlatan. Er hält das aus.

Zurzeit, sagt er, spiele er als Regisseur in der Bundesliga, auf den wichtigen Bühnen. Es könne ihm aber schnell passieren abzusteigen, es gebe einflussreiche Kritiker, die ihn am liebsten in der Regionalliga sähen.

Wir schalten um zum Fußball. Volker Lösch ist ein großer Fußballliebhaber, alles andere hätte überrascht. Sein Bruder, Jochen Lösch, vermarktet in Brasilien Fußballrechte. Was immer das heißt.

Es gibt viele bemühte Vergleiche von Fußball mit Theater. Lösch gelingt ein guter Doppelpass. Bühne und Rasen, sagt er, lebten von einer unglaublich inten­siven Verdichtung. Nirgendwo setze man sich so viel dramatischen Momente in so kurzer Zeit aus wie beim Fußball und im Theater. Lösch liebt das Gespür des Fußballfans. „Als Robben im Champions-League-Finale zwischen Bayern und Chelsea zum Elfmeter anlief, war es totenstill. Das war nicht wie sonst. Es war gespenstisch. Das ganze Stadion wusste, er wird verschießen.“

Noch eine Saison, bis 2013, wird Volker Lösch als Hausregisseur in Stuttgart arbeiten. Dann zieht er weiter mit unbekanntem Ziel. Ich würde mich nicht wundern, ginge er von der Danneckerstraße hinunter zum Neckar auf das nächste Schiff.



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