Bauers Depeschen


Samstag, 26. Februar 2011, 679. Depesche



NACHTRAG "Stuttgart 21 - Denk mal!"

Nach der BW-Premiere am Sonntagmittag im überfüllten Theaterhaus - einer sehr stimmungsvollen Veranstaltung - wird der Dokumentarfilm "Stuttgart 21 - Denk mal!" regelmäßig im Stuttgarter Delphi gezeigt: Tübinger Straße, Telefon 29 24 95. Die nächsten Termine: Montag, 28. Februar, 1. und 2 März, jeweils 18.40 Uhr.

(Siehe Depesche vom 18. 2. und SÜDDEUTSCHE ZEITUNG )



NÄCHSTER FLANEURSALON

Am Mittwoch, 16. März (20 Uhr), sind wir in der Friedenau in Stuttgart-Ostheim. Es spielen: Eric Gauthier & Jens-Peter Abele, Michael Gaedt & Anja Binder. Vielen ist die wunderbare Gaststätte Friedenau leider unbekannt, dabei hat das Haus mit seinem Versammlungs- und Bühnensaal die bewegendste Geschichte von allen Veranstaltungsorten, die wir normalerweise aufsuchen. Die ehemalige Arbeiterkolonie Ostheim ist nur einen Katzensprung von der Stadtmitte entfernt. Alle Wege führen dorthin: die Stadtbahn-Linien 4 und 9, der 42er Bus. Der Fußweg danach ist gleich null. Der Vorverkauf ist ganz gut angelaufen.

Reservierungen: 07 11 / 2 62 69 24



STN-KOLUMNE:



DER FILM (Gute Männer brauchen keine Oscars)

Ich gehöre zu der Sorte Trottel, die in jeder Stadt Souvenir-Läden aufsucht und Schrott einkauft. Bedruckte Kaffeetassen, Kapuzenjacken, Notizbücher. Auch diese Kitschdinger aus Glas, in denen es im Sommer Schnee regnet, wenn man sie lange genug schüttelt. Man kann diese Sachen keinem vorzeigen, ohne sich zu blamieren, denn selbst eine Kaffeetasse aus New York sieht selten aus wie eine Kaffeetasse aus New York. Meist wirkt sie so peinlich wie ein Schal mit der Aufschrift „VfB – Nie mehr 2. Liga!“.

Neulich stöberte ich im Berliner Hauptbahnhof nach etwas Brauchbarem für meinen Erinnerungsmülleimer, fand aber nur eine Kaffeetasse mit der viersprachigen Warnung: „Sie verlassen den amerikanischen Sektor – US Army“. Der alte Zonen-Slogan erinnerte mich an etwas: Im Grunde habe ich den amerikanischen Sektor des Lebens bis heute nicht verlassen.

Von der Souvenir-Ausbeute noch nicht befriedigt, suchte ich im Bahnhof einen CD-Laden auf. Diesmal hatte ich Glück. Schon im ersten Regal lag Carter Burwells Filmmusik von „True Grit“, dem brandneuen Western von Joel & Ethan Coen. Ich war sehr erregt, weil der Film in den deutschen Kinos noch nicht angelaufen war, und griff sofort zu.

Was für ein Gefühl, den Soundtrack eines Films vor dem Start des Films in Händen zu halten. Da ist etwas anderes, als sich in Internet-Supermärkten wie Youtube zu bedienen. Als würde man im Sommer die Glashalbkugel aus einer Souvenir-Bude schütteln, bis es Schnee regnet.

Noch nicht richtig zu Hause, die Stiefel noch an, legte ich die Scheibe auf. Ich hörte eine Weile das Klaviersolo, und dann öffneten mir die Geigen den Blick auf das weite Land. Ich sah Jeff Bridges auf seinem Pferd vor meinem Fenster in Richtung Schwabstraße hinunterreiten. Er trug einen Revolver und eine schwarze Augenklappe, und er hatte das gleiche junge Mädchen bei sich, das ich vor vierzig Jahren schon einmal an der Seite von Marshal John Wayne gesehen hatte. Mister Bridges sah aus wie ein Mann, der weiß, dass es manchmal Schnee regnet, wenn man eine Flasche Whiskey geschüttelt hat.

Mister Bridges, rief ich zum Fenster hinaus, neulich erst habe ich Sie als Countrysänger in „Crazy Heart“ gesehen. Inzwischen sind Sie von Kopf bis Fuß ein ganzer Kerl, meinen allergrößten Respekt, Mister Bridges. – Verlassen Sie bloß nicht den amerikanischen Sektor, rief mir Mister Bridges zu, es wäre schade um Ihr kurzes Leben. Niemals, rief ich und drehte die fünfte Nummer meiner Soundtrack-Scheibe so laut auf, dass alle verdammten Schurken dieser Stadt es hören konnten: „The Hanging Man“.

Es ist ein guter Trip, der Filmmusik zu lauschen, bevor man den Film gesehen hat. Das sind die Errungenschaften des modernen Kapitalismus. Heute wird, wie man auf Dummdeutsch sagt, so „zeitnah“ produziert, dass die Dose im Regal steht, bevor die Wurst drin ist.

Ich lehnte mich zurück und schüttelte meine Glaskugel, damit mein Film weiterlief. Hufe donnerten, und ich begriff, was es heißt, wenn der Politiker Oettinger der „Bunten“ erzählt, dass seine Frau ihn „ein bisschen mehr liebt als ihr Pferd“. Es muss viel schiefgelaufen sein im Sektor des Lebens, wo einer Frau der Oettinger näher ist als der eigene Hengst. Besorgt möchte man ihr zurufen: „Nie mehr 2. Liga!“.

Dazu kam es nicht mehr. Aus meinen Lautsprechern erklang bereits die Nummer 17, „Ride To Death“, kurz darauf „The Grave“. Dann war mein Film zu Ende, und ich ging ins Kino.

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