Bauers DepeschenMontag, 14. Dezember 2009, 410. Depesche![]() BETR.: ZWISCHENDRIN ![]() ![]() Die private Fußball-Sache gefällt mir nicht. Die Kickers schon wieder 1:1. Die ewigen Unentschieden könnten noch tödlich enden. ![]() Die Akte Lehmann ist ergiebiger. Erst pinkelte er in der Champions League neben das Spielfeld, gestern sagte ihm der Schiedsrichter: piss off. ![]() Zur Musik. Da war am Sonntagabend noch das Konzert der Eric Gauthier Band im Theaterhaus, wo ich als Gast zwei Texte las, und jetzt ist es wieder Zeit für den traditionellen Text zwischen den Jahren. Same procedure... (Als Reiselektüre empfehle ich mein kleines Buch "Schwaben, Schwafler, Ehrenmänner - Spazieren und vor die Hunde gehen in Stuttgart". Erhältlich im Buchhandel und online.) ![]() ![]() DER REGIONALEXPRESS ![]() ![]() Es war Nacht, und ich wusste nicht, ob der Regionalexpress gerade in Schorndorf hielt oder schon in Schwäbisch Gmünd. Ich konnte durchs Fenster nichts Fenster, obwohl ich im oberen Stockwerk saß, im Penthouse der schwäbischen Eisenbahn. ![]() Es war Nacht, und es regnete Eis, als ich im Regionalexpress fuhr. Nachts, wenn es Eis regnet oder Hunde und Katzen schneit, bringt das obere Stockwerk im Regionalexpress keinerlei Vorteile, was die Weit- und Weltsicht des Fahrgastes betrifft. ![]() Ein Provinzler wie ich neigt dazu, im Oberdeck der öffentlichen Verkehrsmittel Platz zu nehmen, etwa im Oberdeck eines Großstadtbusses. Es ist ein weltmännisches Gefühl, auf eine Großstadt herabzuschauen, ehe man unter dem Gelächter der Fahrgäste die Treppe des Busses hinunterfliegt, weil man es nicht gewohnt bist, in einem fahrenden Stadtbus auf der Treppe die Balance zu halten. ![]() Steigt man nicht hinunter, solange der Bus noch fährt, sondern erst dann, wenn der Bus schon hält, kommt man unten erst an, wenn der Bus schon wieder wegfährt. Dann wird noch mehr gelacht, und man möchte zurück aufs Dorf. ![]() Zwischen Weihnachten und Neujahr ist Regionalexpress-Jahreszeit. Regionalexpresszüge fahren zurück in die Vergangenheit, und oft in eine dunkle. Regionalexpresszüge sind Geisterbahnen, nicht nur bei Eisregen wie damals in diesem harten Winter, von dem ich berichte. ![]() Mein Regionalexpress hatte Verspätung, was mich nicht besonders hart traf, weil ich in meinem Leben auf Verspätungen eingestellt bin. Zugverspätungen sind nur ärgerlich, wenn du an einer Regionalexpress-Haltestelle stehst und die Faust im Magen und im Unterleib spürst. Nirgendwo fühlst du dich dann einsamer als an einer Regionalexpress-Haltestelle. Kein Gebüsch, das dich schützen könnte. Keine Bahnhofsgaststätte. Nur asphaltierte Parkplätze, ein Fahrkartenautomat und die Schwellenangst, es im Freien zu tun. Vielleicht sieht du noch ein paar Dorfbanditen auf der Haltestellenbank. Dorfbanditen tragen schwarze Wollmützen. ![]() Wer im Regionalexpress sitzt, weil er an einer Regionalexpress-Haltestelle geboren wurde, weiß, dass er für immer zu spät gekommen ist. Wer an einer ICE-Haltestelle geboren wurde, wird sein Leben lang ein ICE-Mann bleiben, auch wenn er sich längst an einer Regionalexpress-Haltestelle niedergelassen hat. ![]() Wer an einer Regionalexpress-Haltestelle geboren wurde, muss nur einen Blick in seinen Personalausweis werfen, dann weiß er, warum er nie ein ICE-Mann werden wird. ![]() Jesse James hätte nie einen Regionalexpress überfallen. ![]() Es gibt, das dürfen Sie mir glauben, ein Regional-Express-Schicksal. Eine Regionalexpress-Existenz. Ich begriff es, als ich kurz nach Bad Cannstatt von einer Stimme geweckt wurde, die kälter und schneidender war als der Eisregen. Die Frauenstimme kündigte inharte Schwäbisch das Ende der Reise und die Ankunft in Stuttgart an. Als die Durchsage der Anschlussmöglichkeiten nach Karlsruhe, Rottweil und Ulm die schlechten Lautsprecher vollends überforderte, hörte ich ein Donnergrollen, als wäre der Regionalexpress aus den Schienen gesprungen. ![]() Wer wie du in einem Regionalexpress losgefahren ist, wird in einem Regionalexpress enden, sagte Jesse James, als ich nach meinem Hut griff. Ja, Mister James, sagte ich, so ist das Leben. Ich war zwischen die Jahre und in einen Regionalexpress geraten. ![]() Kolumnen in den Stuttgarter Nachrichten ![]() NÄCHSTER FLANEURSALON: Mittwoch, 24. Februar, im Theater Rampe. Mit Los Santos (Stefan Hiss), Dacia Bridges u. a. Siehe Termine. ![]() ![]() KARTEN für die beiden Jubiläumsshows "10 Jahre Die Nacht der Lieder" am 16. und 17. Dezember 2010 im Theaterhaus gibt es bereits jetzt im Vorverkauf, und die Nachfrage ist erstaunlich. Tel: 0711 / 4020 720. (www.theaterhaus.com) ![]() ![]() „Kontakt“ ![]() ![]() ![]() |
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