Bauers DepeschenMontag, 22. Juni 2009, 342. DepescheBETR.: KURZ UND WENIG Der Schwergewichtskampf zwischen Wladimir Klitschko und seinem Herausforderer Ruslan Tschagajew im Stadion des FC Schalke 04 war der letzte Beweis: Bei großen Unterhaltungs-Ereignissen geht es nicht mal am Rande um Leistung und Qualität, Spanunng und Stil. Es geht um Marketing und für den Fernsehzuschauer um die Lösung des Rätsels: Was ist TV-Inszenierung, was Realität? Als Klitschko sich seinen völlig überforderten und ideenlosen Gegner in der neunten Runde wie einen Kartoffelsack zurechtstellte, um ihm die entscheidenden Hiebe zu verpassen, war klar: 60 000 Menschen zu einem Schauspiel dieser Kategorie ins Stadion zu locken, das ist die Kunst. Das Mario-Barth-Prinzip. Multimedialer Jahrmarkt mit B-Prominenz. Der Kampf ist unwichtig (Klitschko hat keinen Gegner) und dauert zum Glück nicht lange. Klitschko ist ein gut trainierter, disziplinierter Boxer, er arbeitete an diesem Abend überraschend beweglich. Der Usbeke ist eine Pfeife, er hat nichts dazugelernt, seit ich ihn vor hundert Jahren in der Stuttgarter Reithalle gesehen habe. Es ist, als würde Manchester United gegen Greuther Fürth im Kasper-Cup antreten - und damit eine Arena füllen. Lang lebe Fußball. Diese Woche muss ich mich im Depeschen-Geschäft zurücknehmen: Es wartet einige Arbeit, und am Donnerstagabend fährt das Flaneursalon-Schiff auf dem Neckar. Am Sonntag bin ich eine Stunde lang im Jogger-Tempo durch die Stadt und den Schlossgarten gelaufen, am Bahnhof kam mir der Bandwurm der Stadtlauf-Artisten entgegen. Überall spielten grässliche Blaskapellen. Mancher vermeintlich gute Mann outet sich in Turnhosen als schlechter Witz. Der Läufer Dieter Baumann ist neuerdings im Entertainment-Geschäft tätig, er gibt auf der Bühne den Geschichtenerzähler. Seine Soloshow "Körner - Currywurst - Kenia" habe ich mir eine Halbzeit lang im Theaterhaus angesehen. Zum Glück hatten mich Freunde gewarnt, auf keinen Fall einen Sitzplatz einzunehmen: Die Besucher wurden von Zeit zu Zeit mit Häschen-hüpf-Übungen beschäftigt, und dafür bin ich dann doch nicht der Richtige. Da ist mir am Ende Tschagajews Beinarbeit lieber. Am Sonntag hörte ich, wie ein Sportreporter im Fernsehen die Leistung eines Turmspringers kommentierte: "Es gelingt ihm, ohne den geringsten Spritzer einzutauchen." Respekt. Kolumnen in den Stuttgarter Nachrichten: www.stuttgarter-nachrichten.de/joebauer REKLAME: Samstag, 8. August, Theaterhaus Stuttgart, 20 Uhr: "Hurra, wir kicken noch!", die Show zur mentalen Unterstützung der Stuttgarter-Kickers-Fans und anderer Fußballfreunde. Mit Michael Gaedt + Michael Schulig & Band als Die Große Rockschau (Ex Kleine Tierschau), Nu Sports (Ska-Band), Timo Brunke (Sprachkünstler), Joe Bauer (Vorleser), Ralf Schübel (Hymnensänger). Moderation: Stefan Kiss (Sportreporter, SWR-Fernsehen). Eintritt: 9 Euro, so günstig wie ein Stehplatz auf der schönen Waldau. Der Vorverkauf läuft. www.theaterhaus.com - Kartentelefon: (0711) 4 02 07 20 „Kontakt“ |
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